derstrebenden Umständen den Entschluß, ein Gleiches, aus¬ zuführen.
Ich wendete mich alsobald an einen als Lehrer beym Gymnasium zu Hannover angestellten vorzüglichen Phi¬ lologen und nahm bey ihm Privat-Unterricht, nicht al¬ lein in der lateinischen, sondern auch in der griechischen Sprache, und verwendete auf diese Studien alle Muße die meine, wenigstens sechs Stunden täglich, in Anspruch nehmenden Berufsgeschäfte mir gewähren wollten.
Dieses trieb ich ein Jahr. Ich machte gute Fort¬ schritte; allein bey meinem unaussprechlichen Drange vorwärts, kam es mir vor als gehe es zu langsam und als müsse ich auf andere Mittel denken. Es wollte mir erscheinen, daß, wenn ich erlangen könne täglich vier bis fünf Stunden das Gymnasium zu besuchen und auf solche Weise ganz und gar in dem gelehrten Elemente zu leben, ich ganz andere Fortschritte machen und un¬ gleich schneller zum Ziele gelangen würde.
In dieser Meinung ward ich durch den Rath sach¬ kundiger Personen bestätigt; ich faßte daher den Ent¬ schluß so zu thun, und erhielt dazu auch sehr leicht die Genehmigung meiner Obern, indem die Stunden des Gymnasiums größtentheils auf eine solche Tageszeit fielen wo ich vom Dienste frey war.
Ich meldete mich daher zur Aufnahme und ging in Begleitung meines Lehrers an einem Sonntag-Vor¬ mittag zu dem würdigen Director um die erforderliche
derſtrebenden Umſtaͤnden den Entſchluß, ein Gleiches, aus¬ zufuͤhren.
Ich wendete mich alſobald an einen als Lehrer beym Gymnaſium zu Hannover angeſtellten vorzuͤglichen Phi¬ lologen und nahm bey ihm Privat-Unterricht, nicht al¬ lein in der lateiniſchen, ſondern auch in der griechiſchen Sprache, und verwendete auf dieſe Studien alle Muße die meine, wenigſtens ſechs Stunden taͤglich, in Anſpruch nehmenden Berufsgeſchaͤfte mir gewaͤhren wollten.
Dieſes trieb ich ein Jahr. Ich machte gute Fort¬ ſchritte; allein bey meinem unausſprechlichen Drange vorwaͤrts, kam es mir vor als gehe es zu langſam und als muͤſſe ich auf andere Mittel denken. Es wollte mir erſcheinen, daß, wenn ich erlangen koͤnne taͤglich vier bis fuͤnf Stunden das Gymnaſium zu beſuchen und auf ſolche Weiſe ganz und gar in dem gelehrten Elemente zu leben, ich ganz andere Fortſchritte machen und un¬ gleich ſchneller zum Ziele gelangen wuͤrde.
In dieſer Meinung ward ich durch den Rath ſach¬ kundiger Perſonen beſtaͤtigt; ich faßte daher den Ent¬ ſchluß ſo zu thun, und erhielt dazu auch ſehr leicht die Genehmigung meiner Obern, indem die Stunden des Gymnaſiums groͤßtentheils auf eine ſolche Tageszeit fielen wo ich vom Dienſte frey war.
Ich meldete mich daher zur Aufnahme und ging in Begleitung meines Lehrers an einem Sonntag-Vor¬ mittag zu dem wuͤrdigen Director um die erforderliche
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[22/0042]
derſtrebenden Umſtaͤnden den Entſchluß, ein Gleiches, aus¬
zufuͤhren.
Ich wendete mich alſobald an einen als Lehrer beym
Gymnaſium zu Hannover angeſtellten vorzuͤglichen Phi¬
lologen und nahm bey ihm Privat-Unterricht, nicht al¬
lein in der lateiniſchen, ſondern auch in der griechiſchen
Sprache, und verwendete auf dieſe Studien alle Muße
die meine, wenigſtens ſechs Stunden taͤglich, in Anſpruch
nehmenden Berufsgeſchaͤfte mir gewaͤhren wollten.
Dieſes trieb ich ein Jahr. Ich machte gute Fort¬
ſchritte; allein bey meinem unausſprechlichen Drange
vorwaͤrts, kam es mir vor als gehe es zu langſam
und als muͤſſe ich auf andere Mittel denken. Es wollte
mir erſcheinen, daß, wenn ich erlangen koͤnne taͤglich
vier bis fuͤnf Stunden das Gymnaſium zu beſuchen und
auf ſolche Weiſe ganz und gar in dem gelehrten Elemente
zu leben, ich ganz andere Fortſchritte machen und un¬
gleich ſchneller zum Ziele gelangen wuͤrde.
In dieſer Meinung ward ich durch den Rath ſach¬
kundiger Perſonen beſtaͤtigt; ich faßte daher den Ent¬
ſchluß ſo zu thun, und erhielt dazu auch ſehr leicht
die Genehmigung meiner Obern, indem die Stunden
des Gymnaſiums groͤßtentheils auf eine ſolche Tageszeit
fielen wo ich vom Dienſte frey war.
Ich meldete mich daher zur Aufnahme und ging in
Begleitung meines Lehrers an einem Sonntag-Vor¬
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/42>, abgerufen am 29.01.2025.
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