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Eckarth, Friedrich: Chronica Oder Historische Beschreibung Des Dorffes Herwigsdorff. 1737.

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Von dem ehemahls in Oberdorffe wohnenden D. Wagner/ fehlen mir die weitern Nachrichten.

Von Künstlern etwas zu gedencken/ so ist vor etlichen Jahren im Oberdorffe ein Mann gestorben/ Nahmens Tobias Rinnler/ der nebst andern Künsteleyen/ auch ohne iemandes Beystand/ sondern nur aus seinen Ersinnen/ ein feines Orgel-Werck erbauet.

Christian Herberg/ ein noch itzt in Coelibat lebender kan kein Wort schreiben/ und dennoch in Holtz allerhand Figuren/ wie es ihn fürgeschrieben und abgezeichnet wird/ so vortrefflich schöne schneiden/ daß sich drüber zu verwundern. Wie er denn sehr viel Holtzschnitte in Herrn M. Christian Peschecks/ berühmten Zittauischen Schul-Collegen und Lehrers der Mathematic, gedruckte Schrifften stechen müssen/ wie beniemter Hr. M. Pescheck dessen selbst an einen Orte seiner Schrifften mit Ehren erwehnet. Er hat auch die Sonnen-Uhr-Kunst/ oder die Kunst Sonnen-Uhren zu machen/ ohne iemandes Anweisung/ bloß aus Hrn. Tobiä Beutels Arboreto Mathematico erlernet/ verfertiget auch Astrolabia etc.

Meine Person/ entweder unter die Gelehrten oder Künstler/ so wäre ich in höchsten Grade auslachens würdig. Ich will mich nur schlecht einen Bauer von Dorffe nennen/ und doch dabey etwas weniges von meinen Lebens-Umständen melden. Gebohren bin ich 1687. den 30. Aug. Mein Vater Michael Eckarth war ein Gärtner und Leinweber allhier/ der lernte mich in der Jugend lesen und schreiben. Weil aber der Schulmeister/ Martin Weber/ eine schöne Hand schrieb/ so muste ich ein viertel Jahr wegen des Schreibens zu ihm in die Schule gehen. Und das sind meine gantze öffentliche Studia. Dem darauf muste ich bey meinen Vater die Kühe hütten/ dreschen/ und andere Arbeit verrichten. Es fand sich aber von Jugend auf bey mir so eine gar grosse Zuneigung zu Historischen und Theologischen Büchern und Schrifften/ daß ich es selber anitzo nicht gnug bewundern kan. Und wäre ich wegen eines Buchs/ das ich vorhin noch nie gehabt/ glaub ich/ durch ein Feuer gelauffen. Die Kühe wurden niemahls ausgetrieben/ ohne daß ich mit einen Buche hinten drein spatzierte/ und verwunderten sich viemahls vorüber gehende Gelehrte/ wenn ich bey den Kühen stund/ und einen Historicum in folio in der Hand hatte. Und

Von dem ehemahls in Oberdorffe wohnenden D. Wagner/ fehlen mir die weitern Nachrichten.

Von Künstlern etwas zu gedencken/ so ist vor etlichen Jahren im Oberdorffe ein Mann gestorben/ Nahmens Tobias Rinnler/ der nebst andern Künsteleyen/ auch ohne iemandes Beystand/ sondern nur aus seinen Ersinnen/ ein feines Orgel-Werck erbauet.

Christian Herberg/ ein noch itzt in Coelibat lebender kan kein Wort schreiben/ und dennoch in Holtz allerhand Figuren/ wie es ihn fürgeschrieben und abgezeichnet wird/ so vortrefflich schöne schneiden/ daß sich drüber zu verwundern. Wie er denn sehr viel Holtzschnitte in Herrn M. Christian Peschecks/ berühmten Zittauischen Schul-Collegen und Lehrers der Mathematic, gedruckte Schrifften stechen müssen/ wie beniemter Hr. M. Pescheck dessen selbst an einen Orte seiner Schrifften mit Ehren erwehnet. Er hat auch die Sonnen-Uhr-Kunst/ oder die Kunst Sonnen-Uhren zu machen/ ohne iemandes Anweisung/ bloß aus Hrn. Tobiä Beutels Arboreto Mathematico erlernet/ verfertiget auch Astrolabia etc.

Meine Person/ entweder unter die Gelehrten oder Künstler/ so wäre ich in höchsten Grade auslachens würdig. Ich will mich nur schlecht einen Bauer von Dorffe nennen/ und doch dabey etwas weniges von meinen Lebens-Umständen melden. Gebohren bin ich 1687. den 30. Aug. Mein Vater Michael Eckarth war ein Gärtner und Leinweber allhier/ der lernte mich in der Jugend lesen und schreiben. Weil aber der Schulmeister/ Martin Weber/ eine schöne Hand schrieb/ so muste ich ein viertel Jahr wegen des Schreibens zu ihm in die Schule gehen. Und das sind meine gantze öffentliche Studia. Dem darauf muste ich bey meinen Vater die Kühe hütten/ dreschen/ und andere Arbeit verrichten. Es fand sich aber von Jugend auf bey mir so eine gar grosse Zuneigung zu Historischen und Theologischen Büchern und Schrifften/ daß ich es selber anitzo nicht gnug bewundern kan. Und wäre ich wegen eines Buchs/ das ich vorhin noch nie gehabt/ glaub ich/ durch ein Feuer gelauffen. Die Kühe wurden niemahls ausgetrieben/ ohne daß ich mit einen Buche hinten drein spatzierte/ und verwunderten sich viemahls vorüber gehende Gelehrte/ wenn ich bey den Kühen stund/ und einen Historicum in folio in der Hand hatte. Und

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[95/0099] Von dem ehemahls in Oberdorffe wohnenden D. Wagner/ fehlen mir die weitern Nachrichten. Von Künstlern etwas zu gedencken/ so ist vor etlichen Jahren im Oberdorffe ein Mann gestorben/ Nahmens Tobias Rinnler/ der nebst andern Künsteleyen/ auch ohne iemandes Beystand/ sondern nur aus seinen Ersinnen/ ein feines Orgel-Werck erbauet. Christian Herberg/ ein noch itzt in Coelibat lebender kan kein Wort schreiben/ und dennoch in Holtz allerhand Figuren/ wie es ihn fürgeschrieben und abgezeichnet wird/ so vortrefflich schöne schneiden/ daß sich drüber zu verwundern. Wie er denn sehr viel Holtzschnitte in Herrn M. Christian Peschecks/ berühmten Zittauischen Schul-Collegen und Lehrers der Mathematic, gedruckte Schrifften stechen müssen/ wie beniemter Hr. M. Pescheck dessen selbst an einen Orte seiner Schrifften mit Ehren erwehnet. Er hat auch die Sonnen-Uhr-Kunst/ oder die Kunst Sonnen-Uhren zu machen/ ohne iemandes Anweisung/ bloß aus Hrn. Tobiä Beutels Arboreto Mathematico erlernet/ verfertiget auch Astrolabia etc. Meine Person/ entweder unter die Gelehrten oder Künstler/ so wäre ich in höchsten Grade auslachens würdig. Ich will mich nur schlecht einen Bauer von Dorffe nennen/ und doch dabey etwas weniges von meinen Lebens-Umständen melden. Gebohren bin ich 1687. den 30. Aug. Mein Vater Michael Eckarth war ein Gärtner und Leinweber allhier/ der lernte mich in der Jugend lesen und schreiben. Weil aber der Schulmeister/ Martin Weber/ eine schöne Hand schrieb/ so muste ich ein viertel Jahr wegen des Schreibens zu ihm in die Schule gehen. Und das sind meine gantze öffentliche Studia. Dem darauf muste ich bey meinen Vater die Kühe hütten/ dreschen/ und andere Arbeit verrichten. Es fand sich aber von Jugend auf bey mir so eine gar grosse Zuneigung zu Historischen und Theologischen Büchern und Schrifften/ daß ich es selber anitzo nicht gnug bewundern kan. Und wäre ich wegen eines Buchs/ das ich vorhin noch nie gehabt/ glaub ich/ durch ein Feuer gelauffen. Die Kühe wurden niemahls ausgetrieben/ ohne daß ich mit einen Buche hinten drein spatzierte/ und verwunderten sich viemahls vorüber gehende Gelehrte/ wenn ich bey den Kühen stund/ und einen Historicum in folio in der Hand hatte. Und

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Zitationshilfe: Eckarth, Friedrich: Chronica Oder Historische Beschreibung Des Dorffes Herwigsdorff. 1737, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckarth_chronica_1737/99>, abgerufen am 21.11.2024.