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Eckarth, Friedrich: Chronica Oder Historische Beschreibung Des Dorffes Herwigsdorff. 1737.

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also daß sie mir um den Hals fielen, die Hände bothen, und mich so hart bedrängten, daß ich auf den Wagen, welchen hinter mir fahren ließ, steigen muste. Gleichwohl vermahnte ich sie von dannen noch immer, tröstete und seegnete sie, und nahm endlich von ihnen gute Nacht, welches letztere ein so bitteres Wehklagen und Weinen veruhrsachte, daß ob solchen traurigen, und erbärmlichen Spectacul nicht allein einen das Hertz bluten und zerbrechen, sondern auch die Steine zu Mitleiden hätten mögen bewogen werden. Und es wird niemand solchen Schmertzen verstehen können, wer nicht dergleichen an sich selbsten erfahren. Von dieser grossen Menge Volcks aber, folgten biß in die 100 Personen mir nach auf ein Meilwegs gen Reichenau, und bey 50 waren meine Begleiter biß in die Stadt Zittau. Die andern, als sie eine Weile an dem Orte stille gestanden, gesungen und gebethet, sind mit höchster Betrübniß zu Hause gegangen, und haben hernachmahls etliche von ihnen, an dem Orte, da ich gestanden, zu Erinnerung dieser meiner Valet-Rede an sie, eine Linde* setzen lassen. E. E. Rath hat mich mit einem ehrlichen Testimonio versehen; Daß haben auch die Zünffte aus selbst eigener Bewegung gethan. Deßgleichen auch meine Herrn Fratres, so meiner Inspection untergeben waren, und mit mir ins Exilium verjaget worden. Und ich habe also meinen ehrlichen, für GOtt und seiner Kirchen rühmlichen Abschied und Auszug gehabt, bin auch durch meine liebe Pfarr-Kinder, Eifer, Andacht, Liebe und Thränen nicht wenig getröstet worden, und eine grosse Zuversicht bekommen, der barmhertzige GOtt werde sich unser wieder erbarmen. Nun der erhalte sie durch seine Göttliche Krafft bey erkannter Wahrheit, tröste und stärcke sie, und behalte sie unsträfflich biß auf die Zukunfft JEsu Christi, damit sie alsdenn für Christo JEsu, meine Ehre, Freude, Ruhm und Crone seyn mögen, Amen. So weit gehen seine eigene Worte.

* Diese Linde ward insgemein die Friedländische Pfarr-Linde genannt, welche, nach dem die Papisten, deme sie ein Dorn in Augen, ausrotteten. Teste. Schroeter.

also daß sie mir um den Hals fielen, die Hände bothen, und mich so hart bedrängten, daß ich auf den Wagen, welchen hinter mir fahren ließ, steigen muste. Gleichwohl vermahnte ich sie von dannen noch immer, tröstete und seegnete sie, und nahm endlich von ihnen gute Nacht, welches letztere ein so bitteres Wehklagen und Weinen veruhrsachte, daß ob solchen traurigen, und erbärmlichen Spectacul nicht allein einen das Hertz bluten und zerbrechen, sondern auch die Steine zu Mitleiden hätten mögen bewogen werden. Und es wird niemand solchen Schmertzen verstehen können, wer nicht dergleichen an sich selbsten erfahren. Von dieser grossen Menge Volcks aber, folgten biß in die 100 Personen mir nach auf ein Meilwegs gen Reichenau, und bey 50 waren meine Begleiter biß in die Stadt Zittau. Die andern, als sie eine Weile an dem Orte stille gestanden, gesungen und gebethet, sind mit höchster Betrübniß zu Hause gegangen, und haben hernachmahls etliche von ihnen, an dem Orte, da ich gestanden, zu Erinnerung dieser meiner Valet-Rede an sie, eine Linde* setzen lassen. E. E. Rath hat mich mit einem ehrlichen Testimonio versehen; Daß haben auch die Zünffte aus selbst eigener Bewegung gethan. Deßgleichen auch meine Herrn Fratres, so meiner Inspection untergeben waren, und mit mir ins Exilium verjaget worden. Und ich habe also meinen ehrlichen, für GOtt und seiner Kirchen rühmlichen Abschied und Auszug gehabt, bin auch durch meine liebe Pfarr-Kinder, Eifer, Andacht, Liebe und Thränen nicht wenig getröstet worden, und eine grosse Zuversicht bekommen, der barmhertzige GOtt werde sich unser wieder erbarmen. Nun der erhalte sie durch seine Göttliche Krafft bey erkannter Wahrheit, tröste und stärcke sie, und behalte sie unsträfflich biß auf die Zukunfft JEsu Christi, damit sie alsdenn für Christo JEsu, meine Ehre, Freude, Ruhm und Crone seyn mögen, Amen. So weit gehen seine eigene Worte.

* Diese Linde ward insgemein die Friedländische Pfarr-Linde genannt, welche, nach dem die Papisten, deme sie ein Dorn in Augen, ausrotteten. Teste. Schroeter.
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also daß sie mir um den Hals fielen, die Hände bothen, und mich so hart bedrängten, daß ich auf den Wagen, welchen hinter mir fahren ließ, steigen muste. Gleichwohl vermahnte ich sie von dannen noch immer, tröstete und seegnete sie, und nahm endlich von ihnen gute Nacht, welches letztere ein so bitteres Wehklagen und Weinen veruhrsachte, daß ob solchen traurigen, und erbärmlichen Spectacul nicht allein einen das Hertz bluten und zerbrechen, sondern auch die Steine zu Mitleiden hätten mögen bewogen werden. Und es wird niemand solchen Schmertzen verstehen können, wer nicht dergleichen an sich selbsten erfahren. Von dieser grossen Menge Volcks aber, folgten biß in die 100 Personen mir nach auf ein Meilwegs gen Reichenau, und bey 50 waren meine Begleiter biß in die Stadt Zittau. Die andern, als sie eine Weile an dem Orte stille gestanden, gesungen und gebethet, sind mit höchster Betrübniß zu Hause gegangen, und haben hernachmahls etliche von ihnen, an dem Orte, da ich gestanden, zu Erinnerung dieser meiner Valet-Rede an sie, eine Linde<note place="foot" n="*">Diese Linde ward insgemein die Friedländische Pfarr-Linde genannt, welche, nach dem die Papisten, deme sie ein Dorn in Augen, ausrotteten. <hi rendition="#aq">Teste. Schroeter.</hi></note> setzen lassen. E. E. Rath hat mich mit einem ehrlichen <hi rendition="#aq">Testimonio</hi> versehen; Daß haben auch die Zünffte aus selbst eigener Bewegung gethan. Deßgleichen auch meine Herrn <hi rendition="#aq">Fratres,</hi> so meiner <hi rendition="#aq">Inspection</hi> untergeben waren, und mit mir ins <hi rendition="#aq">Exilium</hi> verjaget worden. Und ich habe also meinen ehrlichen, für GOtt und seiner Kirchen rühmlichen Abschied und Auszug gehabt, bin auch durch meine liebe Pfarr-Kinder, Eifer, Andacht, Liebe und Thränen nicht wenig getröstet worden, und eine grosse Zuversicht bekommen, der barmhertzige GOtt werde sich unser wieder erbarmen. Nun der erhalte sie durch seine Göttliche Krafft bey erkannter Wahrheit, tröste und stärcke sie, und behalte sie unsträfflich biß auf die Zukunfft JEsu Christi, damit sie alsdenn für Christo JEsu, meine Ehre, Freude, Ruhm und Crone seyn mögen, Amen. So weit gehen seine eigene Worte.</p>
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[66/0070] also daß sie mir um den Hals fielen, die Hände bothen, und mich so hart bedrängten, daß ich auf den Wagen, welchen hinter mir fahren ließ, steigen muste. Gleichwohl vermahnte ich sie von dannen noch immer, tröstete und seegnete sie, und nahm endlich von ihnen gute Nacht, welches letztere ein so bitteres Wehklagen und Weinen veruhrsachte, daß ob solchen traurigen, und erbärmlichen Spectacul nicht allein einen das Hertz bluten und zerbrechen, sondern auch die Steine zu Mitleiden hätten mögen bewogen werden. Und es wird niemand solchen Schmertzen verstehen können, wer nicht dergleichen an sich selbsten erfahren. Von dieser grossen Menge Volcks aber, folgten biß in die 100 Personen mir nach auf ein Meilwegs gen Reichenau, und bey 50 waren meine Begleiter biß in die Stadt Zittau. Die andern, als sie eine Weile an dem Orte stille gestanden, gesungen und gebethet, sind mit höchster Betrübniß zu Hause gegangen, und haben hernachmahls etliche von ihnen, an dem Orte, da ich gestanden, zu Erinnerung dieser meiner Valet-Rede an sie, eine Linde * setzen lassen. E. E. Rath hat mich mit einem ehrlichen Testimonio versehen; Daß haben auch die Zünffte aus selbst eigener Bewegung gethan. Deßgleichen auch meine Herrn Fratres, so meiner Inspection untergeben waren, und mit mir ins Exilium verjaget worden. Und ich habe also meinen ehrlichen, für GOtt und seiner Kirchen rühmlichen Abschied und Auszug gehabt, bin auch durch meine liebe Pfarr-Kinder, Eifer, Andacht, Liebe und Thränen nicht wenig getröstet worden, und eine grosse Zuversicht bekommen, der barmhertzige GOtt werde sich unser wieder erbarmen. Nun der erhalte sie durch seine Göttliche Krafft bey erkannter Wahrheit, tröste und stärcke sie, und behalte sie unsträfflich biß auf die Zukunfft JEsu Christi, damit sie alsdenn für Christo JEsu, meine Ehre, Freude, Ruhm und Crone seyn mögen, Amen. So weit gehen seine eigene Worte. * Diese Linde ward insgemein die Friedländische Pfarr-Linde genannt, welche, nach dem die Papisten, deme sie ein Dorn in Augen, ausrotteten. Teste. Schroeter.

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Zitationshilfe: Eckarth, Friedrich: Chronica Oder Historische Beschreibung Des Dorffes Herwigsdorff. 1737, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckarth_chronica_1737/70>, abgerufen am 24.11.2024.