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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.

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rapeum befindlichen Grüften der heiligen Stiere *) und
versuchten dann, unter Psamtik's Führung, einen Aufstand
gegen die Perser; derselbe wurde aber bald unterdrückt
und kostete dem unglücklichen Sohne des Amasis ein
Leben 153), dessen Flecken und Härten durch sein nimmer
ruhendes Bestreben, sein Volk von der Fremdherrschaft zu
erlösen, und durch seinen Tod für die Freiheit vergessen
zu werden verdienen.

Der Wahnsinn des Kambyses hatte indessen neue
Formen angenommen. Nach dem fehlgeschlagenen Versuch,
dem in einen Bogen verwandelten Bartja seine alte Ge-
stalt wieder zu geben, erhöhte sich seine Reizbarkeit so sehr,
daß ihn ein Wort, ein Blick, welcher ihm mißfiel, in Ra-
serei versetzen konnte.

Sein treuer Mahner Krösus wich auch jetzt nicht von
seiner Seite, obgleich ihn der König mehrmals den Tra-
banten zur Hinrichtung übergeben hatte. Diese kannten
aber ihren Herrn, hüteten sich wohl, ihre Hand an den
Greis zu legen und waren der Straflosigkeit sicher, weil
der König am nächsten Tage entweder seinen Befehl ver-
gessen oder denselben längst bereut hatte. Nur einmal
mußten die unglücklichen Peitschenträger ihre Nachsicht
furchtbar büßen, denn, obgleich sich Kambyses über die
Erhaltung des Greises freute, so ließ er die Lebensretter
desselben nichtsdestoweniger wegen ihres Ungehorsams hin-
richten 154).

Es widersteht uns, viele andre Züge der barbarischen
Grausamkeit, welche der wahnsinnige König in jener Zeit
begangen haben soll, nachzuerzählen; dennoch können wir
einige derselben nicht unerwähnt lassen.

*) Siehe III. Theil Anmerk. 122.

rapeum befindlichen Grüften der heiligen Stiere *) und
verſuchten dann, unter Pſamtik’s Führung, einen Aufſtand
gegen die Perſer; derſelbe wurde aber bald unterdrückt
und koſtete dem unglücklichen Sohne des Amaſis ein
Leben 153), deſſen Flecken und Härten durch ſein nimmer
ruhendes Beſtreben, ſein Volk von der Fremdherrſchaft zu
erlöſen, und durch ſeinen Tod für die Freiheit vergeſſen
zu werden verdienen.

Der Wahnſinn des Kambyſes hatte indeſſen neue
Formen angenommen. Nach dem fehlgeſchlagenen Verſuch,
dem in einen Bogen verwandelten Bartja ſeine alte Ge-
ſtalt wieder zu geben, erhöhte ſich ſeine Reizbarkeit ſo ſehr,
daß ihn ein Wort, ein Blick, welcher ihm mißfiel, in Ra-
ſerei verſetzen konnte.

Sein treuer Mahner Kröſus wich auch jetzt nicht von
ſeiner Seite, obgleich ihn der König mehrmals den Tra-
banten zur Hinrichtung übergeben hatte. Dieſe kannten
aber ihren Herrn, hüteten ſich wohl, ihre Hand an den
Greis zu legen und waren der Strafloſigkeit ſicher, weil
der König am nächſten Tage entweder ſeinen Befehl ver-
geſſen oder denſelben längſt bereut hatte. Nur einmal
mußten die unglücklichen Peitſchenträger ihre Nachſicht
furchtbar büßen, denn, obgleich ſich Kambyſes über die
Erhaltung des Greiſes freute, ſo ließ er die Lebensretter
deſſelben nichtsdeſtoweniger wegen ihres Ungehorſams hin-
richten 154).

Es widerſteht uns, viele andre Züge der barbariſchen
Grauſamkeit, welche der wahnſinnige König in jener Zeit
begangen haben ſoll, nachzuerzählen; dennoch können wir
einige derſelben nicht unerwähnt laſſen.

*) Siehe III. Theil Anmerk. 122.
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[223/0233] rapeum befindlichen Grüften der heiligen Stiere *) und verſuchten dann, unter Pſamtik’s Führung, einen Aufſtand gegen die Perſer; derſelbe wurde aber bald unterdrückt und koſtete dem unglücklichen Sohne des Amaſis ein Leben 153), deſſen Flecken und Härten durch ſein nimmer ruhendes Beſtreben, ſein Volk von der Fremdherrſchaft zu erlöſen, und durch ſeinen Tod für die Freiheit vergeſſen zu werden verdienen. Der Wahnſinn des Kambyſes hatte indeſſen neue Formen angenommen. Nach dem fehlgeſchlagenen Verſuch, dem in einen Bogen verwandelten Bartja ſeine alte Ge- ſtalt wieder zu geben, erhöhte ſich ſeine Reizbarkeit ſo ſehr, daß ihn ein Wort, ein Blick, welcher ihm mißfiel, in Ra- ſerei verſetzen konnte. Sein treuer Mahner Kröſus wich auch jetzt nicht von ſeiner Seite, obgleich ihn der König mehrmals den Tra- banten zur Hinrichtung übergeben hatte. Dieſe kannten aber ihren Herrn, hüteten ſich wohl, ihre Hand an den Greis zu legen und waren der Strafloſigkeit ſicher, weil der König am nächſten Tage entweder ſeinen Befehl ver- geſſen oder denſelben längſt bereut hatte. Nur einmal mußten die unglücklichen Peitſchenträger ihre Nachſicht furchtbar büßen, denn, obgleich ſich Kambyſes über die Erhaltung des Greiſes freute, ſo ließ er die Lebensretter deſſelben nichtsdeſtoweniger wegen ihres Ungehorſams hin- richten 154). Es widerſteht uns, viele andre Züge der barbariſchen Grauſamkeit, welche der wahnſinnige König in jener Zeit begangen haben ſoll, nachzuerzählen; dennoch können wir einige derſelben nicht unerwähnt laſſen. *) Siehe III. Theil Anmerk. 122.

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/233>, abgerufen am 12.05.2024.