Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

"Zeus Lakedämonios, ich danke Dir!"

"Du betest?"

"Jch preise die Götter, denn sie lassen mich ohne
Sorge für unser Vaterland scheiden. Diese zusammen-
gewürfelten Massen sind der hellenischen Heimat nicht ge-
fährlich. -- Heda, Arzt! Wann werde ich sterben?"

Der korinthische Heilkünstler, welcher das persische
Heer nach Aegypten begleitet hatte, lächelte schmerzlich und
sagte, auf die Pfeilspitze, welche in der Brust des Spar-
taners steckte, weisend: "Nur noch wenige Stunden darfst
Du das Tageslicht schauen. Sobald ich das Geschoß aus
Deiner Wunde entfernen würde, müßtest Du den Geist
aufgeben!"

Der Spartaner dankte dem Arzte, sagte Phanes Lebe-
wohl, bat denselben, Rhodopis zu grüßen, und zog, ehe
er daran verhindert werden konnte, mit sichrer Hand den
Pfeil aus seiner Brust. Wenige Augenblicke später war
Aristomachos gestorben.



Selbigen Tages fuhr eine persische Gesandtschaft auf
einem lesbischen Fahrzeuge nach Memphis, um den König
aufzufordern, sich und die Stadt auf Gnade und Ungnade
zu ergeben. Kambyses folgte derselben, nachdem er eine
Abtheilung des Heeres unter Megabyzus zur Einnahme
von Sais abgesendet hatte.

Jn Heliopolis kamen ihm Gesandtschaften der helle-
nischen Bewohner von Naukratis und der Libyer, welche
ihn um Schutz und Frieden baten, mit einem goldnen
Kranze und reichen Geschenken entgegen. Er nahm die-
selben gnädig auf und verhieß ihnen seine Freundschaft;
die Gesandten von Kyrene und Barka wies er aber zornig

„Zeus Lakedämonios, ich danke Dir!“

„Du beteſt?“

„Jch preiſe die Götter, denn ſie laſſen mich ohne
Sorge für unſer Vaterland ſcheiden. Dieſe zuſammen-
gewürfelten Maſſen ſind der helleniſchen Heimat nicht ge-
fährlich. — Heda, Arzt! Wann werde ich ſterben?“

Der korinthiſche Heilkünſtler, welcher das perſiſche
Heer nach Aegypten begleitet hatte, lächelte ſchmerzlich und
ſagte, auf die Pfeilſpitze, welche in der Bruſt des Spar-
taners ſteckte, weiſend: „Nur noch wenige Stunden darfſt
Du das Tageslicht ſchauen. Sobald ich das Geſchoß aus
Deiner Wunde entfernen würde, müßteſt Du den Geiſt
aufgeben!“

Der Spartaner dankte dem Arzte, ſagte Phanes Lebe-
wohl, bat denſelben, Rhodopis zu grüßen, und zog, ehe
er daran verhindert werden konnte, mit ſichrer Hand den
Pfeil aus ſeiner Bruſt. Wenige Augenblicke ſpäter war
Ariſtomachos geſtorben.



Selbigen Tages fuhr eine perſiſche Geſandtſchaft auf
einem lesbiſchen Fahrzeuge nach Memphis, um den König
aufzufordern, ſich und die Stadt auf Gnade und Ungnade
zu ergeben. Kambyſes folgte derſelben, nachdem er eine
Abtheilung des Heeres unter Megabyzus zur Einnahme
von Sais abgeſendet hatte.

Jn Heliopolis kamen ihm Geſandtſchaften der helle-
niſchen Bewohner von Naukratis und der Libyer, welche
ihn um Schutz und Frieden baten, mit einem goldnen
Kranze und reichen Geſchenken entgegen. Er nahm die-
ſelben gnädig auf und verhieß ihnen ſeine Freundſchaft;
die Geſandten von Kyrene und Barka wies er aber zornig

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0170" n="160"/>
        <p>&#x201E;Zeus Lakedämonios, ich danke Dir!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Du bete&#x017F;t?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jch prei&#x017F;e die Götter, denn &#x017F;ie la&#x017F;&#x017F;en mich ohne<lb/>
Sorge für un&#x017F;er Vaterland &#x017F;cheiden. Die&#x017F;e zu&#x017F;ammen-<lb/>
gewürfelten Ma&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind der helleni&#x017F;chen Heimat nicht ge-<lb/>
fährlich. &#x2014; Heda, Arzt! Wann werde ich &#x017F;terben?&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der korinthi&#x017F;che Heilkün&#x017F;tler, welcher das per&#x017F;i&#x017F;che<lb/>
Heer nach Aegypten begleitet hatte, lächelte &#x017F;chmerzlich und<lb/>
&#x017F;agte, auf die Pfeil&#x017F;pitze, welche in der Bru&#x017F;t des Spar-<lb/>
taners &#x017F;teckte, wei&#x017F;end: &#x201E;Nur noch wenige Stunden darf&#x017F;t<lb/>
Du das Tageslicht &#x017F;chauen. Sobald ich das Ge&#x017F;choß aus<lb/>
Deiner Wunde entfernen würde, müßte&#x017F;t Du den Gei&#x017F;t<lb/>
aufgeben!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Spartaner dankte dem Arzte, &#x017F;agte Phanes Lebe-<lb/>
wohl, bat den&#x017F;elben, Rhodopis zu grüßen, und zog, ehe<lb/>
er daran verhindert werden konnte, mit &#x017F;ichrer Hand den<lb/>
Pfeil aus &#x017F;einer Bru&#x017F;t. Wenige Augenblicke &#x017F;päter war<lb/>
Ari&#x017F;tomachos ge&#x017F;torben.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Selbigen Tages fuhr eine per&#x017F;i&#x017F;che Ge&#x017F;andt&#x017F;chaft auf<lb/>
einem lesbi&#x017F;chen Fahrzeuge nach Memphis, um den König<lb/>
aufzufordern, &#x017F;ich und die Stadt auf Gnade und Ungnade<lb/>
zu ergeben. Kamby&#x017F;es folgte der&#x017F;elben, nachdem er eine<lb/>
Abtheilung des Heeres unter Megabyzus zur Einnahme<lb/>
von Sais abge&#x017F;endet hatte.</p><lb/>
        <p>Jn Heliopolis kamen ihm Ge&#x017F;andt&#x017F;chaften der helle-<lb/>
ni&#x017F;chen Bewohner von Naukratis und der Libyer, welche<lb/>
ihn um Schutz und Frieden baten, mit einem goldnen<lb/>
Kranze und reichen Ge&#x017F;chenken entgegen. Er nahm die-<lb/>
&#x017F;elben gnädig auf und verhieß ihnen &#x017F;eine Freund&#x017F;chaft;<lb/>
die Ge&#x017F;andten von Kyrene und Barka wies er aber zornig<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0170] „Zeus Lakedämonios, ich danke Dir!“ „Du beteſt?“ „Jch preiſe die Götter, denn ſie laſſen mich ohne Sorge für unſer Vaterland ſcheiden. Dieſe zuſammen- gewürfelten Maſſen ſind der helleniſchen Heimat nicht ge- fährlich. — Heda, Arzt! Wann werde ich ſterben?“ Der korinthiſche Heilkünſtler, welcher das perſiſche Heer nach Aegypten begleitet hatte, lächelte ſchmerzlich und ſagte, auf die Pfeilſpitze, welche in der Bruſt des Spar- taners ſteckte, weiſend: „Nur noch wenige Stunden darfſt Du das Tageslicht ſchauen. Sobald ich das Geſchoß aus Deiner Wunde entfernen würde, müßteſt Du den Geiſt aufgeben!“ Der Spartaner dankte dem Arzte, ſagte Phanes Lebe- wohl, bat denſelben, Rhodopis zu grüßen, und zog, ehe er daran verhindert werden konnte, mit ſichrer Hand den Pfeil aus ſeiner Bruſt. Wenige Augenblicke ſpäter war Ariſtomachos geſtorben. Selbigen Tages fuhr eine perſiſche Geſandtſchaft auf einem lesbiſchen Fahrzeuge nach Memphis, um den König aufzufordern, ſich und die Stadt auf Gnade und Ungnade zu ergeben. Kambyſes folgte derſelben, nachdem er eine Abtheilung des Heeres unter Megabyzus zur Einnahme von Sais abgeſendet hatte. Jn Heliopolis kamen ihm Geſandtſchaften der helle- niſchen Bewohner von Naukratis und der Libyer, welche ihn um Schutz und Frieden baten, mit einem goldnen Kranze und reichen Geſchenken entgegen. Er nahm die- ſelben gnädig auf und verhieß ihnen ſeine Freundſchaft; die Geſandten von Kyrene und Barka wies er aber zornig

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/170
Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/170>, abgerufen am 10.05.2024.