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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.

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Alle Anordnungen des Phanes hatten sich als vor-
züglich bewährt. Die Reise eines Heeres durch die Wüste,
welche sonst Tausende von Opfern zu fordern pflegte, war
dießmal, Dank den ihre Versprechungen treulich haltenden
Arabern, ohne jeden sonderlichen Verlust zurückgelegt wor-
den, und die glücklich gewählte Jahreszeit gestattete den
persischen Soldaten, auf trockenen Wegen bequem und ohne
Säumniß in Aegypten einzudringen.

Der König hatte seinen hellenischen Freund mit großer
Auszeichnung empfangen und freundlich genickt, als ihm
derselbe zurief: "Jch habe vernommen, daß Du seit dem
Tode Deiner schönen Freundin weniger heiter zu sein
pflegst, als früher. Dem Manne ziemt ein langes Fest-
halten an seinen Schmerzen, während die Frau ihr Leid
in stürmischen aber flüchtigen Klagen ausströmt. -- Jch
fühle mit Dir, was Dich bewegt, denn auch ich verlor
mein Liebstes. Danken wir gemeinsam den Göttern, daß
sie uns die besten Mittel gegen den Schmerz, Kampf und
Rache, gewähren!"

Dann begleitete Phanes den Herrscher zu seinen Sol-
daten und zum Schmause. Es war staunenswerth, welchen
Einfluß er auf den grimmen Mann zu üben verstand,
wie gemessen und heiter Kambyses wurde, sobald der Athener
in seiner Nähe erschien.

Wenn das persische Reichsheer ungeheuer genannt
werden mußte, so war auch die Zahl der ägyptischen Trup-
pen keineswegs zu verachten.

Das Lager derselben lehnte sich an die Mauern von Pelu-
sium, der Grenzfestung, welche Aegypten vor den kriegerischen
semitischen Stämmen zu sichern bestimmt war. -- Ueberläufer
versicherten die Perser, daß die Gesammtheit des Pharaonischen
Heeres beinahe sechsmalhunderttausend Mann betrage.

Ebers, Eine ägyptische Königstochter. III. 10

Alle Anordnungen des Phanes hatten ſich als vor-
züglich bewährt. Die Reiſe eines Heeres durch die Wüſte,
welche ſonſt Tauſende von Opfern zu fordern pflegte, war
dießmal, Dank den ihre Verſprechungen treulich haltenden
Arabern, ohne jeden ſonderlichen Verluſt zurückgelegt wor-
den, und die glücklich gewählte Jahreszeit geſtattete den
perſiſchen Soldaten, auf trockenen Wegen bequem und ohne
Säumniß in Aegypten einzudringen.

Der König hatte ſeinen helleniſchen Freund mit großer
Auszeichnung empfangen und freundlich genickt, als ihm
derſelbe zurief: „Jch habe vernommen, daß Du ſeit dem
Tode Deiner ſchönen Freundin weniger heiter zu ſein
pflegſt, als früher. Dem Manne ziemt ein langes Feſt-
halten an ſeinen Schmerzen, während die Frau ihr Leid
in ſtürmiſchen aber flüchtigen Klagen ausſtrömt. — Jch
fühle mit Dir, was Dich bewegt, denn auch ich verlor
mein Liebſtes. Danken wir gemeinſam den Göttern, daß
ſie uns die beſten Mittel gegen den Schmerz, Kampf und
Rache, gewähren!“

Dann begleitete Phanes den Herrſcher zu ſeinen Sol-
daten und zum Schmauſe. Es war ſtaunenswerth, welchen
Einfluß er auf den grimmen Mann zu üben verſtand,
wie gemeſſen und heiter Kambyſes wurde, ſobald der Athener
in ſeiner Nähe erſchien.

Wenn das perſiſche Reichsheer ungeheuer genannt
werden mußte, ſo war auch die Zahl der ägyptiſchen Trup-
pen keineswegs zu verachten.

Das Lager derſelben lehnte ſich an die Mauern von Pelu-
ſium, der Grenzfeſtung, welche Aegypten vor den kriegeriſchen
ſemitiſchen Stämmen zu ſichern beſtimmt war. — Ueberläufer
verſicherten die Perſer, daß die Geſammtheit des Pharaoniſchen
Heeres beinahe ſechsmalhunderttauſend Mann betrage.

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[145/0155] Alle Anordnungen des Phanes hatten ſich als vor- züglich bewährt. Die Reiſe eines Heeres durch die Wüſte, welche ſonſt Tauſende von Opfern zu fordern pflegte, war dießmal, Dank den ihre Verſprechungen treulich haltenden Arabern, ohne jeden ſonderlichen Verluſt zurückgelegt wor- den, und die glücklich gewählte Jahreszeit geſtattete den perſiſchen Soldaten, auf trockenen Wegen bequem und ohne Säumniß in Aegypten einzudringen. Der König hatte ſeinen helleniſchen Freund mit großer Auszeichnung empfangen und freundlich genickt, als ihm derſelbe zurief: „Jch habe vernommen, daß Du ſeit dem Tode Deiner ſchönen Freundin weniger heiter zu ſein pflegſt, als früher. Dem Manne ziemt ein langes Feſt- halten an ſeinen Schmerzen, während die Frau ihr Leid in ſtürmiſchen aber flüchtigen Klagen ausſtrömt. — Jch fühle mit Dir, was Dich bewegt, denn auch ich verlor mein Liebſtes. Danken wir gemeinſam den Göttern, daß ſie uns die beſten Mittel gegen den Schmerz, Kampf und Rache, gewähren!“ Dann begleitete Phanes den Herrſcher zu ſeinen Sol- daten und zum Schmauſe. Es war ſtaunenswerth, welchen Einfluß er auf den grimmen Mann zu üben verſtand, wie gemeſſen und heiter Kambyſes wurde, ſobald der Athener in ſeiner Nähe erſchien. Wenn das perſiſche Reichsheer ungeheuer genannt werden mußte, ſo war auch die Zahl der ägyptiſchen Trup- pen keineswegs zu verachten. Das Lager derſelben lehnte ſich an die Mauern von Pelu- ſium, der Grenzfeſtung, welche Aegypten vor den kriegeriſchen ſemitiſchen Stämmen zu ſichern beſtimmt war. — Ueberläufer verſicherten die Perſer, daß die Geſammtheit des Pharaoniſchen Heeres beinahe ſechsmalhunderttauſend Mann betrage. Ebers, Eine ägyptiſche Königstochter. III. 10

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/155>, abgerufen am 10.05.2024.