terkleid. Von seinem Halse herab hing ein Täschchen mit den heiligen Loosen (Urim und Thummim), welches zwölf in Gold gefaßte Edelsteine mit den Namen der Stämme Jsraels schmückten. Eine weiße Binde, deren Zipfel bis über die Schultern herniederwallten, umschlang die ernste Stirn des hohen Priesters.
"Jch freue mich, Dich wieder zu sehen Beltsazar 57)," rief der König dem babylonisch gekleideten Manne zu. "Seit dem Tode meines Vaters hast Du Dich nicht an meiner Pforte blicken lassen!"
Der also Angeredete verneigte sich demüthig und ant- wortete: "Die Gnade seines Herrn beglückt Deinen Knecht! Willst Du die Sonne Deiner Huld, trotz seiner Unwürdig- keit, Deinem Knechte leuchten lassen, so gewähre meinem armen Volke, welches Dein großer Vater in das Land seiner Väter heimkehren ließ, eine Bitte! Dieser Greis an meiner Seite, Josua, der hohe Priester unsers Gottes, hat den weiten Weg nach Babylon nicht gescheut, um Dir dieselbe vorzutragen. Laß seine Rede Deinem Ohre ange- nehm sein und seine Worte eine fruchtbare Stelle in Dei- nem Herzen finden."
"Mir ahnt, was ihr verlangen werdet," rief der König. "Hab ich recht, Priester, wenn ich vermuthe, daß sich eure Bitte abermals auf den Tempelbau in eurer Heimat bezieht?"
"Meinem Herrn kann Nichts verborgen bleiben," ant- wortete der Priester, sich tief verneigend. "Deine Knechte zu Jerusalem sehnen sich danach, das Angesicht ihres Be- herrschers zu schauen, und flehen zu Dir durch meinen Mund, Du möchtest das Land ihrer Väter besuchen, und um die Erlaubniß, den Bau des Tempels, welchen Dein erlauchter Vater, über dem die Gnade Gottes sei, geneh- migte, fortsetzen zu dürfen."
terkleid. Von ſeinem Halſe herab hing ein Täſchchen mit den heiligen Looſen (Urim und Thummim), welches zwölf in Gold gefaßte Edelſteine mit den Namen der Stämme Jsraels ſchmückten. Eine weiße Binde, deren Zipfel bis über die Schultern herniederwallten, umſchlang die ernſte Stirn des hohen Prieſters.
„Jch freue mich, Dich wieder zu ſehen Beltſazar 57),“ rief der König dem babyloniſch gekleideten Manne zu. „Seit dem Tode meines Vaters haſt Du Dich nicht an meiner Pforte blicken laſſen!“
Der alſo Angeredete verneigte ſich demüthig und ant- wortete: „Die Gnade ſeines Herrn beglückt Deinen Knecht! Willſt Du die Sonne Deiner Huld, trotz ſeiner Unwürdig- keit, Deinem Knechte leuchten laſſen, ſo gewähre meinem armen Volke, welches Dein großer Vater in das Land ſeiner Väter heimkehren ließ, eine Bitte! Dieſer Greis an meiner Seite, Joſua, der hohe Prieſter unſers Gottes, hat den weiten Weg nach Babylon nicht geſcheut, um Dir dieſelbe vorzutragen. Laß ſeine Rede Deinem Ohre ange- nehm ſein und ſeine Worte eine fruchtbare Stelle in Dei- nem Herzen finden.“
„Mir ahnt, was ihr verlangen werdet,“ rief der König. „Hab ich recht, Prieſter, wenn ich vermuthe, daß ſich eure Bitte abermals auf den Tempelbau in eurer Heimat bezieht?“
„Meinem Herrn kann Nichts verborgen bleiben,“ ant- wortete der Prieſter, ſich tief verneigend. „Deine Knechte zu Jeruſalem ſehnen ſich danach, das Angeſicht ihres Be- herrſchers zu ſchauen, und flehen zu Dir durch meinen Mund, Du möchteſt das Land ihrer Väter beſuchen, und um die Erlaubniß, den Bau des Tempels, welchen Dein erlauchter Vater, über dem die Gnade Gottes ſei, geneh- migte, fortſetzen zu dürfen.“
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terkleid. Von ſeinem Halſe herab hing ein Täſchchen mit
den heiligen Looſen (Urim und Thummim), welches zwölf
in Gold gefaßte Edelſteine mit den Namen der Stämme
Jsraels ſchmückten. Eine weiße Binde, deren Zipfel bis
über die Schultern herniederwallten, umſchlang die ernſte
Stirn des hohen Prieſters.
„Jch freue mich, Dich wieder zu ſehen Beltſazar 57),“
rief der König dem babyloniſch gekleideten Manne zu.
„Seit dem Tode meines Vaters haſt Du Dich nicht an
meiner Pforte blicken laſſen!“
Der alſo Angeredete verneigte ſich demüthig und ant-
wortete: „Die Gnade ſeines Herrn beglückt Deinen Knecht!
Willſt Du die Sonne Deiner Huld, trotz ſeiner Unwürdig-
keit, Deinem Knechte leuchten laſſen, ſo gewähre meinem
armen Volke, welches Dein großer Vater in das Land
ſeiner Väter heimkehren ließ, eine Bitte! Dieſer Greis an
meiner Seite, Joſua, der hohe Prieſter unſers Gottes,
hat den weiten Weg nach Babylon nicht geſcheut, um Dir
dieſelbe vorzutragen. Laß ſeine Rede Deinem Ohre ange-
nehm ſein und ſeine Worte eine fruchtbare Stelle in Dei-
nem Herzen finden.“
„Mir ahnt, was ihr verlangen werdet,“ rief der König.
„Hab ich recht, Prieſter, wenn ich vermuthe, daß ſich eure
Bitte abermals auf den Tempelbau in eurer Heimat bezieht?“
„Meinem Herrn kann Nichts verborgen bleiben,“ ant-
wortete der Prieſter, ſich tief verneigend. „Deine Knechte
zu Jeruſalem ſehnen ſich danach, das Angeſicht ihres Be-
herrſchers zu ſchauen, und flehen zu Dir durch meinen
Mund, Du möchteſt das Land ihrer Väter beſuchen, und
um die Erlaubniß, den Bau des Tempels, welchen Dein
erlauchter Vater, über dem die Gnade Gottes ſei, geneh-
migte, fortſetzen zu dürfen.“
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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/70>, abgerufen am 22.07.2024.
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