Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.109. (S. 185.) Es läßt sich nicht genau bestimmen, wie weit die Aegypter das Wohlergehen der Seele nach dem Tode von der Erhal- tung des Körpers abhängig machten. Jedenfalls haben sie es verstan- den, den Unsterblichkeitsgedanken nach allen Seiten hin auszubeuten. Tiefsinnig vergleichen sie den Lauf der Sonne mit dem des Menschen- lebens, und den Gang derselben durch die Nacht mit der Todesdauer der Seele. Wie die Sonne in der Nacht nicht stirbt, sondern nur die Unterwelt beleuchtet, so ist auch der verstorbene Aegypter nicht todt; seine ewige Seele beginnt vielmehr nach dem Abschiede von der Erde erst recht zu leben. Sie geht in die Unterwelt, um dort entweder im reinen Lichte des Ostens, der Seligkeit theilhaftig, oder in der Hölle furchtbaren Qualen unterworfen zu werden. Auf einem altägyptischen Bilde sehen wir, wie eine Seele in Gestalt einer Sau aus dem Ge- richtssaale des Hades hinausgepeitscht wird. Wahrscheinlich ist dieselbe verdammt und soll durch alle Thierleiber wandern, um endlich, gerei- nigt und gesühnt, entweder in die Seligkeit einzugehen, oder, wie Theo- phrastus will, in den alten Körper zurückzukehren. Der Vogel Phönix scheint die durch die Wanderung gereinigten Seelen symbolisiren zu sollen, denn diese werden meist als Vögel mit Menschenköpfen darge- stellt, und die Phönixperiode wurde für die Zeitdauer gehalten, deren die Seele bedarf, um, gereinigt, ein neues Leben beginnen zu können. Auch Plato läßt seine Psyche geflügelt sein. Pythagoras hat seine Lehre von der Seelenwanderung gleichfalls den Aegyptern entlehnt. Plato entkleidete dieselbe so zart, wie nur er es vermochte, ihres kör- perlichen Gewandes und übertrug sie in das Reich des Geistes. Es scheint, als wenn die weder ganz gerechtfertigten, noch ganz verdamm- ten, also nur die besserungsfähigen Seelen der Wanderung durch Thier- leiber unterworfen gewesen wären. Keinenfalls hatte die Seelenwan- derung bei den Aegyptern gleiche Bedeutung, wie bei den Jndern. Ueber die Dauer der Wanderung und die Phönixperiode siehe Lepsius Chronologie S. 181. 110. (S. 186.) Nach einer Grabinschrift im berliner Museum, wiedergegeben von E. de Rouge in der Zeitschrift der deutsch-morgen- ländischen Gesellschaft IV. 375. Jn deutsche Verse gebracht vom Verfasser. 111. (S. 187.) Nach den Hieroglyphendenkmälern hieß der Phönix "Benno". 112. (S. 188.) Todtenbuch Kap. 83. Jn deutsche Verse gebracht vom Verfasser. 109. (S. 185.) Es läßt ſich nicht genau beſtimmen, wie weit die Aegypter das Wohlergehen der Seele nach dem Tode von der Erhal- tung des Körpers abhängig machten. Jedenfalls haben ſie es verſtan- den, den Unſterblichkeitsgedanken nach allen Seiten hin auszubeuten. Tiefſinnig vergleichen ſie den Lauf der Sonne mit dem des Menſchen- lebens, und den Gang derſelben durch die Nacht mit der Todesdauer der Seele. Wie die Sonne in der Nacht nicht ſtirbt, ſondern nur die Unterwelt beleuchtet, ſo iſt auch der verſtorbene Aegypter nicht todt; ſeine ewige Seele beginnt vielmehr nach dem Abſchiede von der Erde erſt recht zu leben. Sie geht in die Unterwelt, um dort entweder im reinen Lichte des Oſtens, der Seligkeit theilhaftig, oder in der Hölle furchtbaren Qualen unterworfen zu werden. Auf einem altägyptiſchen Bilde ſehen wir, wie eine Seele in Geſtalt einer Sau aus dem Ge- richtsſaale des Hades hinausgepeitſcht wird. Wahrſcheinlich iſt dieſelbe verdammt und ſoll durch alle Thierleiber wandern, um endlich, gerei- nigt und geſühnt, entweder in die Seligkeit einzugehen, oder, wie Theo- phraſtus will, in den alten Körper zurückzukehren. Der Vogel Phönix ſcheint die durch die Wanderung gereinigten Seelen ſymboliſiren zu ſollen, denn dieſe werden meiſt als Vögel mit Menſchenköpfen darge- ſtellt, und die Phönixperiode wurde für die Zeitdauer gehalten, deren die Seele bedarf, um, gereinigt, ein neues Leben beginnen zu können. Auch Plato läßt ſeine Pſyche geflügelt ſein. Pythagoras hat ſeine Lehre von der Seelenwanderung gleichfalls den Aegyptern entlehnt. Plato entkleidete dieſelbe ſo zart, wie nur er es vermochte, ihres kör- perlichen Gewandes und übertrug ſie in das Reich des Geiſtes. Es ſcheint, als wenn die weder ganz gerechtfertigten, noch ganz verdamm- ten, alſo nur die beſſerungsfähigen Seelen der Wanderung durch Thier- leiber unterworfen geweſen wären. Keinenfalls hatte die Seelenwan- derung bei den Aegyptern gleiche Bedeutung, wie bei den Jndern. Ueber die Dauer der Wanderung und die Phönixperiode ſiehe Lepſius Chronologie S. 181. 110. (S. 186.) Nach einer Grabinſchrift im berliner Muſeum, wiedergegeben von E. de Rougé in der Zeitſchrift der deutſch-morgen- ländiſchen Geſellſchaft IV. 375. Jn deutſche Verſe gebracht vom Verfaſſer. 111. (S. 187.) Nach den Hieroglyphendenkmälern hieß der Phönix „Benno“. 112. (S. 188.) Todtenbuch Kap. 83. Jn deutſche Verſe gebracht vom Verfaſſer. <TEI> <text> <back> <div n="1"> <pb facs="#f0254" n="252"/> <list> <item><hi rendition="#b">109.</hi> (S. 185.) Es läßt ſich nicht genau beſtimmen, wie weit die<lb/> Aegypter das Wohlergehen der Seele nach dem Tode von der Erhal-<lb/> tung des Körpers abhängig machten. Jedenfalls haben ſie es verſtan-<lb/> den, den Unſterblichkeitsgedanken nach allen Seiten hin auszubeuten.<lb/> Tiefſinnig vergleichen ſie den Lauf der Sonne mit dem des Menſchen-<lb/> lebens, und den Gang derſelben durch die Nacht mit der Todesdauer<lb/> der Seele. 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109. (S. 185.) Es läßt ſich nicht genau beſtimmen, wie weit die
Aegypter das Wohlergehen der Seele nach dem Tode von der Erhal-
tung des Körpers abhängig machten. Jedenfalls haben ſie es verſtan-
den, den Unſterblichkeitsgedanken nach allen Seiten hin auszubeuten.
Tiefſinnig vergleichen ſie den Lauf der Sonne mit dem des Menſchen-
lebens, und den Gang derſelben durch die Nacht mit der Todesdauer
der Seele. Wie die Sonne in der Nacht nicht ſtirbt, ſondern nur die
Unterwelt beleuchtet, ſo iſt auch der verſtorbene Aegypter nicht todt;
ſeine ewige Seele beginnt vielmehr nach dem Abſchiede von der Erde
erſt recht zu leben. Sie geht in die Unterwelt, um dort entweder im
reinen Lichte des Oſtens, der Seligkeit theilhaftig, oder in der Hölle
furchtbaren Qualen unterworfen zu werden. Auf einem altägyptiſchen
Bilde ſehen wir, wie eine Seele in Geſtalt einer Sau aus dem Ge-
richtsſaale des Hades hinausgepeitſcht wird. Wahrſcheinlich iſt dieſelbe
verdammt und ſoll durch alle Thierleiber wandern, um endlich, gerei-
nigt und geſühnt, entweder in die Seligkeit einzugehen, oder, wie Theo-
phraſtus will, in den alten Körper zurückzukehren. Der Vogel Phönix
ſcheint die durch die Wanderung gereinigten Seelen ſymboliſiren zu
ſollen, denn dieſe werden meiſt als Vögel mit Menſchenköpfen darge-
ſtellt, und die Phönixperiode wurde für die Zeitdauer gehalten, deren
die Seele bedarf, um, gereinigt, ein neues Leben beginnen zu können.
Auch Plato läßt ſeine Pſyche geflügelt ſein. Pythagoras hat ſeine
Lehre von der Seelenwanderung gleichfalls den Aegyptern entlehnt.
Plato entkleidete dieſelbe ſo zart, wie nur er es vermochte, ihres kör-
perlichen Gewandes und übertrug ſie in das Reich des Geiſtes. Es
ſcheint, als wenn die weder ganz gerechtfertigten, noch ganz verdamm-
ten, alſo nur die beſſerungsfähigen Seelen der Wanderung durch Thier-
leiber unterworfen geweſen wären. Keinenfalls hatte die Seelenwan-
derung bei den Aegyptern gleiche Bedeutung, wie bei den Jndern.
Ueber die Dauer der Wanderung und die Phönixperiode ſiehe Lepſius
Chronologie S. 181.
110. (S. 186.) Nach einer Grabinſchrift im berliner Muſeum,
wiedergegeben von E. de Rougé in der Zeitſchrift der deutſch-morgen-
ländiſchen Geſellſchaft IV. 375. Jn deutſche Verſe gebracht vom Verfaſſer.
111. (S. 187.) Nach den Hieroglyphendenkmälern hieß der Phönix
„Benno“.
112. (S. 188.) Todtenbuch Kap. 83. Jn deutſche Verſe gebracht
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