Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.an glaub' ich nicht mehr an Deine Sterne, denn statt der "Vor unsrer Abreise nach Aegypten zogen wir, wie Schnell wie der Gedanke sprang ich vom Pferde und an glaub’ ich nicht mehr an Deine Sterne, denn ſtatt der „Vor unſrer Abreiſe nach Aegypten zogen wir, wie Schnell wie der Gedanke ſprang ich vom Pferde und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0152" n="150"/> an glaub’ ich nicht mehr an Deine Sterne, denn ſtatt der<lb/> Gefahren, mit denen ſie mich bedrohen, ſchenken ſie mir<lb/> ein unerwartetes Glück. Umarme mich, mein Bruder, und<lb/> erzähle mir die Geſchichte Deiner Liebe, damit ich Dir helfen<lb/> kann, das, was Du einen Traum ſonder Hoffnung nannteſt,<lb/> zur Wahrheit zu machen!“</p><lb/> <p>„Vor unſrer Abreiſe nach Aegypten zogen wir, wie<lb/> Du weißt, mit dem ganzen Hoflager von Ekbatana nach<lb/> Suſa. Jch befehligte damals die Abtheilung der ‚Unſterb-<lb/> lichen‘, welche die Wagen der königlichen Frauen zu be-<lb/> ſchützen hatte. Auf dem Engpaſſe, der über den Orontes<lb/> führt, glitten die Pferde vor dem Wagen Deiner Mutter<lb/> und Schweſter aus. Das Joch, an welches die Roſſe<lb/> geſchirrt waren <hi rendition="#sup">97</hi>), brach von der Deichſel und vor meinen<lb/> Augen ſank der vierrädrige, ſchwere Wagen ohne Halt und<lb/> Hemmniß in den Abgrund. Schaudernd ſahen wir, unſre<lb/> Pferde zu furchtbarer Eile ſpornend, das Fuhrwerk ver-<lb/> ſchwinden. Bei der Stätte des Unglücks angelangt, glaub-<lb/> ten wir uns auf den Anblick von Trümmern und Leichen<lb/> vorbereiten zu müſſen; die Götter hatten aber die Deinen<lb/> in ihren allmächtigen Schutz genommen, und der in den<lb/> Abgrund geſchleuderte Wagen ruhte mit zertrümmerten<lb/> Rädern in den Armen zweier rieſiger Cypreſſen, welche<lb/> ſich mit zähen Wurzeln an das zerklüftete Schiefergefels<lb/> klammerten und ihre dunklen Wipfel bis zum Saume der<lb/> Fahrſtraße emporſtreckten.</p><lb/> <p>Schnell wie der Gedanke ſprang ich vom Pferde und<lb/> kletterte, ohne mich zu beſinnen, an einer der Cypreſſen<lb/> hernieder. Deine Mutter und Schweſter riefen um Hülfe<lb/> und ſtreckten mir ihre Arme flehend entgegen. Jhre Ge-<lb/> fahr war entſetzlich, denn die hölzernen Wände des Wa-<lb/> gens, von dem harten Anprall aus den Fugen geriſſen,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [150/0152]
an glaub’ ich nicht mehr an Deine Sterne, denn ſtatt der
Gefahren, mit denen ſie mich bedrohen, ſchenken ſie mir
ein unerwartetes Glück. Umarme mich, mein Bruder, und
erzähle mir die Geſchichte Deiner Liebe, damit ich Dir helfen
kann, das, was Du einen Traum ſonder Hoffnung nannteſt,
zur Wahrheit zu machen!“
„Vor unſrer Abreiſe nach Aegypten zogen wir, wie
Du weißt, mit dem ganzen Hoflager von Ekbatana nach
Suſa. Jch befehligte damals die Abtheilung der ‚Unſterb-
lichen‘, welche die Wagen der königlichen Frauen zu be-
ſchützen hatte. Auf dem Engpaſſe, der über den Orontes
führt, glitten die Pferde vor dem Wagen Deiner Mutter
und Schweſter aus. Das Joch, an welches die Roſſe
geſchirrt waren 97), brach von der Deichſel und vor meinen
Augen ſank der vierrädrige, ſchwere Wagen ohne Halt und
Hemmniß in den Abgrund. Schaudernd ſahen wir, unſre
Pferde zu furchtbarer Eile ſpornend, das Fuhrwerk ver-
ſchwinden. Bei der Stätte des Unglücks angelangt, glaub-
ten wir uns auf den Anblick von Trümmern und Leichen
vorbereiten zu müſſen; die Götter hatten aber die Deinen
in ihren allmächtigen Schutz genommen, und der in den
Abgrund geſchleuderte Wagen ruhte mit zertrümmerten
Rädern in den Armen zweier rieſiger Cypreſſen, welche
ſich mit zähen Wurzeln an das zerklüftete Schiefergefels
klammerten und ihre dunklen Wipfel bis zum Saume der
Fahrſtraße emporſtreckten.
Schnell wie der Gedanke ſprang ich vom Pferde und
kletterte, ohne mich zu beſinnen, an einer der Cypreſſen
hernieder. Deine Mutter und Schweſter riefen um Hülfe
und ſtreckten mir ihre Arme flehend entgegen. Jhre Ge-
fahr war entſetzlich, denn die hölzernen Wände des Wa-
gens, von dem harten Anprall aus den Fugen geriſſen,
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