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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.

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kampfe entgegen 78). Milon war größer und stärker, als
der Spartaner, dessen Körperbau dem Wuchse des Apollon
glich, und dessen große Jugend andeutete, daß er kaum dem
Paedanomos 79) entwachsen war.

"Jn ihrer nackten Schönheit, vom goldnen Salböle
glänzend, standen sich der Jüngling und der Mann gegen-
über, einem Panther und einem Läwen gleichend, die sich
zum Kampfe bereiten. Der junge Maron hob seine Hände
vor dem ersten Anlaufe beschwörend zu den Göttern em-
por und rief: ,Für meinen Vater, meine Ehre und Spar-
taner -- Ruhm!' Der Krotoniat aber lächelte überlegen
auf den Jüngling herab; wie ein Feinschmecker lächelt,
ehe er sich an die Arbeit begibt, die Schale eines Kreb-
ses zu öffnen.

"Jetzt begann das Ringen. -- Lange konnte keiner
von Beiden den Anderen greifen. Wuchtig, fast unwider-
stehlich faßte der Krotoniat nach seinem Gegner, der sich,
wie eine Schlange, den furchtbaren Griffen der Zangen-
hände des Athleten entwand. -- Lange währte das
Ringen nach dem Griffe, -- dem die ganze ungeheure
Versammlung stumm und athemlos zuschaute. Man hörte
nichts, als das Stöhnen der Kämpfer und den Gesang
der Vögel in dem Haine der Altis. Endlich, --
endlich war es dem Jünglinge gelungen, mit dem schön-
sten Griffe, den ich je gesehen, sich an seinen Gegner zu
klammern. Lange strengte Milon vergebens seine Kräfte
an, um sich den festen Armen des Jünglings zu entziehen.
Der Schweiß ihrer Riesenarbeit netzte reichlich den Sand
des Stadions.

"Jmmer höher wuchs die Spannung der Zuschauer,
immer tiefer ward das Schweigen, immer seltener die er-
munternden Zurufe, immer lauter das Stöhnen der beiden

kampfe entgegen 78). Milon war größer und ſtärker, als
der Spartaner, deſſen Körperbau dem Wuchſe des Apollon
glich, und deſſen große Jugend andeutete, daß er kaum dem
Paedanomos 79) entwachſen war.

„Jn ihrer nackten Schönheit, vom goldnen Salböle
glänzend, ſtanden ſich der Jüngling und der Mann gegen-
über, einem Panther und einem Läwen gleichend, die ſich
zum Kampfe bereiten. Der junge Maron hob ſeine Hände
vor dem erſten Anlaufe beſchwörend zu den Göttern em-
por und rief: ‚Für meinen Vater, meine Ehre und Spar-
taner — Ruhm!‘ Der Krotoniat aber lächelte überlegen
auf den Jüngling herab; wie ein Feinſchmecker lächelt,
ehe er ſich an die Arbeit begibt, die Schale eines Kreb-
ſes zu öffnen.

„Jetzt begann das Ringen. — Lange konnte keiner
von Beiden den Anderen greifen. Wuchtig, faſt unwider-
ſtehlich faßte der Krotoniat nach ſeinem Gegner, der ſich,
wie eine Schlange, den furchtbaren Griffen der Zangen-
hände des Athleten entwand. — Lange währte das
Ringen nach dem Griffe, — dem die ganze ungeheure
Verſammlung ſtumm und athemlos zuſchaute. Man hörte
nichts, als das Stöhnen der Kämpfer und den Geſang
der Vögel in dem Haine der Altis. Endlich, —
endlich war es dem Jünglinge gelungen, mit dem ſchön-
ſten Griffe, den ich je geſehen, ſich an ſeinen Gegner zu
klammern. Lange ſtrengte Milon vergebens ſeine Kräfte
an, um ſich den feſten Armen des Jünglings zu entziehen.
Der Schweiß ihrer Rieſenarbeit netzte reichlich den Sand
des Stadions.

„Jmmer höher wuchs die Spannung der Zuſchauer,
immer tiefer ward das Schweigen, immer ſeltener die er-
munternden Zurufe, immer lauter das Stöhnen der beiden

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[39/0057] kampfe entgegen 78). Milon war größer und ſtärker, als der Spartaner, deſſen Körperbau dem Wuchſe des Apollon glich, und deſſen große Jugend andeutete, daß er kaum dem Paedanomos 79) entwachſen war. „Jn ihrer nackten Schönheit, vom goldnen Salböle glänzend, ſtanden ſich der Jüngling und der Mann gegen- über, einem Panther und einem Läwen gleichend, die ſich zum Kampfe bereiten. Der junge Maron hob ſeine Hände vor dem erſten Anlaufe beſchwörend zu den Göttern em- por und rief: ‚Für meinen Vater, meine Ehre und Spar- taner — Ruhm!‘ Der Krotoniat aber lächelte überlegen auf den Jüngling herab; wie ein Feinſchmecker lächelt, ehe er ſich an die Arbeit begibt, die Schale eines Kreb- ſes zu öffnen. „Jetzt begann das Ringen. — Lange konnte keiner von Beiden den Anderen greifen. Wuchtig, faſt unwider- ſtehlich faßte der Krotoniat nach ſeinem Gegner, der ſich, wie eine Schlange, den furchtbaren Griffen der Zangen- hände des Athleten entwand. — Lange währte das Ringen nach dem Griffe, — dem die ganze ungeheure Verſammlung ſtumm und athemlos zuſchaute. Man hörte nichts, als das Stöhnen der Kämpfer und den Geſang der Vögel in dem Haine der Altis. Endlich, — endlich war es dem Jünglinge gelungen, mit dem ſchön- ſten Griffe, den ich je geſehen, ſich an ſeinen Gegner zu klammern. Lange ſtrengte Milon vergebens ſeine Kräfte an, um ſich den feſten Armen des Jünglings zu entziehen. Der Schweiß ihrer Rieſenarbeit netzte reichlich den Sand des Stadions. „Jmmer höher wuchs die Spannung der Zuſchauer, immer tiefer ward das Schweigen, immer ſeltener die er- munternden Zurufe, immer lauter das Stöhnen der beiden

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/57>, abgerufen am 27.04.2024.