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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.

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schenk von dem guten Phanes bekommen, denn ... Siehst
Du wohl, so bin ich! da hätte ich beinah' ein großes Ge-
heimniß ausgeplaudert. Die Großmutter hat mir streng
verboten, irgend Jemandem zu erzählen, was für liebe
kleine Gäste wir erwarten; aber mir ist, als wären wir
schon lange mit einander bekannt, und Deine Augen sind
so gut, daß ich Dir gerne Alles sagen möchte. Siehst
Du wohl, ich habe außer Großmutter und der alten Me-
litta gar keinen Menschen auf der ganzen Welt, dem ich
anvertrauen könnte, was mich freut; -- und, ich weiß
selber nicht, woher es kommt, -- aber manchmal be-
greifen die beiden, so lieb sie mich haben, gar nicht,
wie diese oder jene Kleinigkeit mir so große Freude
machen kann."

"Das kommt daher, weil sie alt sind, und das
Jauchzen eines jungen Herzens nicht mehr verstehen
können. Aber hast Du denn gar keine Gespielin, keine
Altersgenossin, die Du liebst?"

"Keine einzige. Es gibt wohl manches Mädchen
außer mir in Naukratis; die Großmutter sagt aber, ich
dürfe ihren Umgang nicht suchen, und, weil sie nicht zu
uns kommen wollten, sollte ich nicht zu ihnen gehen."

"Armes Kind, wenn Du in Persien wärest, so könnt
ich Dir bald eine Freundin schaffen. Jch hab eine
Schwester, Atossa heißt sie, die jung und schön und gut
ist, wie Du."

"Ach wie schade ist es, daß sie Dich nicht begleitet
hat. -- Aber jetzt mußt Du mir auch sagen, wie ich Dich
nennen soll."

"Jch heiße Bartja."

"Bartja? Ein seltsames Wort; Bartja -- Bartja.
Weißt Du, daß mir der Name gut gefällt? Wie hieß

ſchenk von dem guten Phanes bekommen, denn ... Siehſt
Du wohl, ſo bin ich! da hätte ich beinah’ ein großes Ge-
heimniß ausgeplaudert. Die Großmutter hat mir ſtreng
verboten, irgend Jemandem zu erzählen, was für liebe
kleine Gäſte wir erwarten; aber mir iſt, als wären wir
ſchon lange mit einander bekannt, und Deine Augen ſind
ſo gut, daß ich Dir gerne Alles ſagen möchte. Siehſt
Du wohl, ich habe außer Großmutter und der alten Me-
litta gar keinen Menſchen auf der ganzen Welt, dem ich
anvertrauen könnte, was mich freut; — und, ich weiß
ſelber nicht, woher es kommt, — aber manchmal be-
greifen die beiden, ſo lieb ſie mich haben, gar nicht,
wie dieſe oder jene Kleinigkeit mir ſo große Freude
machen kann.“

„Das kommt daher, weil ſie alt ſind, und das
Jauchzen eines jungen Herzens nicht mehr verſtehen
können. Aber haſt Du denn gar keine Geſpielin, keine
Altersgenoſſin, die Du liebſt?“

„Keine einzige. Es gibt wohl manches Mädchen
außer mir in Naukratis; die Großmutter ſagt aber, ich
dürfe ihren Umgang nicht ſuchen, und, weil ſie nicht zu
uns kommen wollten, ſollte ich nicht zu ihnen gehen.“

„Armes Kind, wenn Du in Perſien wäreſt, ſo könnt
ich Dir bald eine Freundin ſchaffen. Jch hab eine
Schweſter, Atoſſa heißt ſie, die jung und ſchön und gut
iſt, wie Du.“

„Ach wie ſchade iſt es, daß ſie Dich nicht begleitet
hat. — Aber jetzt mußt Du mir auch ſagen, wie ich Dich
nennen ſoll.“

„Jch heiße Bartja.“

„Bartja? Ein ſeltſames Wort; Bartja — Bartja.
Weißt Du, daß mir der Name gut gefällt? Wie hieß

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[143/0161] ſchenk von dem guten Phanes bekommen, denn ... Siehſt Du wohl, ſo bin ich! da hätte ich beinah’ ein großes Ge- heimniß ausgeplaudert. Die Großmutter hat mir ſtreng verboten, irgend Jemandem zu erzählen, was für liebe kleine Gäſte wir erwarten; aber mir iſt, als wären wir ſchon lange mit einander bekannt, und Deine Augen ſind ſo gut, daß ich Dir gerne Alles ſagen möchte. Siehſt Du wohl, ich habe außer Großmutter und der alten Me- litta gar keinen Menſchen auf der ganzen Welt, dem ich anvertrauen könnte, was mich freut; — und, ich weiß ſelber nicht, woher es kommt, — aber manchmal be- greifen die beiden, ſo lieb ſie mich haben, gar nicht, wie dieſe oder jene Kleinigkeit mir ſo große Freude machen kann.“ „Das kommt daher, weil ſie alt ſind, und das Jauchzen eines jungen Herzens nicht mehr verſtehen können. Aber haſt Du denn gar keine Geſpielin, keine Altersgenoſſin, die Du liebſt?“ „Keine einzige. Es gibt wohl manches Mädchen außer mir in Naukratis; die Großmutter ſagt aber, ich dürfe ihren Umgang nicht ſuchen, und, weil ſie nicht zu uns kommen wollten, ſollte ich nicht zu ihnen gehen.“ „Armes Kind, wenn Du in Perſien wäreſt, ſo könnt ich Dir bald eine Freundin ſchaffen. Jch hab eine Schweſter, Atoſſa heißt ſie, die jung und ſchön und gut iſt, wie Du.“ „Ach wie ſchade iſt es, daß ſie Dich nicht begleitet hat. — Aber jetzt mußt Du mir auch ſagen, wie ich Dich nennen ſoll.“ „Jch heiße Bartja.“ „Bartja? Ein ſeltſames Wort; Bartja — Bartja. Weißt Du, daß mir der Name gut gefällt? Wie hieß

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/161>, abgerufen am 30.04.2024.