Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Geburt des Menschen
Jhr Gottsverläugner ihr, die ihr so spöttisch lacht,
Wenn man euch lehren wil, daß euch ein GOtt
gemacht?

Wie ist nicht die Geburt ein Wunderwerk zu nen-
nen,

Woran der Gottheit Grös recht herrlich zu erken-
nen?

O! Menschen geht zurük; und denkt den Ursprung
nach,

Was war eur erster Stoff woraus sich allgemach
Des Körpers netter Bau gestrekt, geformt, gefü-
get,

Denkt wie entsteht der Mensch, der in der Mutter
lieget?

Wenn das, was die Natur als ein Geheimnis
dekt,

Geschicht, so wird dadurch das Sammen-Korn
verstekt,

Das nachmahls fruchtbar wird; wer aber kan ver-
stehen,

Wie diese Urbildung sey eigentlich geschehen?
Wer klärt das völlig auf wie solches wird ent-
flammt,

Woraus hernach die Frucht so wunderbar her-
stammt?

Jhr Weisen der Natur vermögt ihrs zu ergrün-
den,

Jhr schweigt erstaunend still, ihr könnt es nicht er-
finden,

Jhr zeigt durch euren Wiz bei der Erklärung an,
Das es noch kein Verstand recht klar begreiffen
kan,

Jhr forscht in der Natur, ihr seht verborgne Gän-
ge,

Die
Die Geburt des Menſchen
Jhr Gottsverlaͤugner ihr, die ihr ſo ſpoͤttiſch lacht,
Wenn man euch lehren wil, daß euch ein GOtt
gemacht?

Wie iſt nicht die Geburt ein Wunderwerk zu nen-
nen,

Woran der Gottheit Groͤs recht herrlich zu erken-
nen?

O! Menſchen geht zuruͤk; und denkt den Urſprung
nach,

Was war eur erſter Stoff woraus ſich allgemach
Des Koͤrpers netter Bau geſtrekt, geformt, gefuͤ-
get,

Denkt wie entſteht der Menſch, der in der Mutter
lieget?

Wenn das, was die Natur als ein Geheimnis
dekt,

Geſchicht, ſo wird dadurch das Sammen-Korn
verſtekt,

Das nachmahls fruchtbar wird; wer aber kan ver-
ſtehen,

Wie dieſe Urbildung ſey eigentlich geſchehen?
Wer klaͤrt das voͤllig auf wie ſolches wird ent-
flammt,

Woraus hernach die Frucht ſo wunderbar her-
ſtammt?

Jhr Weiſen der Natur vermoͤgt ihrs zu ergruͤn-
den,

Jhr ſchweigt erſtaunend ſtill, ihr koͤnnt es nicht er-
finden,

Jhr zeigt durch euren Wiz bei der Erklaͤrung an,
Das es noch kein Verſtand recht klar begreiffen
kan,

Jhr forſcht in der Natur, ihr ſeht verborgne Gaͤn-
ge,

Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0078" n="62"/>
          <fw place="top" type="header">Die Geburt des Men&#x017F;chen</fw><lb/>
          <l>Jhr Gottsverla&#x0364;ugner ihr, die ihr &#x017F;o &#x017F;po&#x0364;tti&#x017F;ch lacht,</l><lb/>
          <l>Wenn man euch lehren wil, daß euch ein <hi rendition="#fr">GOtt</hi><lb/><hi rendition="#et">gemacht?</hi></l><lb/>
          <l>Wie i&#x017F;t nicht die Geburt ein Wunderwerk zu nen-<lb/><hi rendition="#et">nen,</hi></l><lb/>
          <l>Woran der Gottheit Gro&#x0364;s recht herrlich zu erken-<lb/><hi rendition="#et">nen?</hi></l><lb/>
          <l>O! Men&#x017F;chen geht zuru&#x0364;k; und denkt den Ur&#x017F;prung<lb/><hi rendition="#et">nach,</hi></l><lb/>
          <l>Was war eur er&#x017F;ter Stoff woraus &#x017F;ich allgemach</l><lb/>
          <l>Des Ko&#x0364;rpers netter Bau ge&#x017F;trekt, geformt, gefu&#x0364;-<lb/><hi rendition="#et">get,</hi></l><lb/>
          <l>Denkt wie ent&#x017F;teht der Men&#x017F;ch, der in der Mutter<lb/><hi rendition="#et">lieget?</hi></l><lb/>
          <l>Wenn das, was die Natur als ein Geheimnis<lb/><hi rendition="#et">dekt,</hi></l><lb/>
          <l>Ge&#x017F;chicht, &#x017F;o wird dadurch das Sammen-Korn<lb/><hi rendition="#et">ver&#x017F;tekt,</hi></l><lb/>
          <l>Das nachmahls fruchtbar wird; wer aber kan ver-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;tehen,</hi></l><lb/>
          <l>Wie die&#x017F;e Urbildung &#x017F;ey eigentlich ge&#x017F;chehen?</l><lb/>
          <l>Wer kla&#x0364;rt das vo&#x0364;llig auf wie &#x017F;olches wird ent-<lb/><hi rendition="#et">flammt,</hi></l><lb/>
          <l>Woraus hernach die Frucht &#x017F;o wunderbar her-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;tammt?</hi></l><lb/>
          <l>Jhr Wei&#x017F;en der Natur vermo&#x0364;gt ihrs zu ergru&#x0364;n-<lb/><hi rendition="#et">den,</hi></l><lb/>
          <l>Jhr &#x017F;chweigt er&#x017F;taunend &#x017F;till, ihr ko&#x0364;nnt es nicht er-<lb/><hi rendition="#et">finden,</hi></l><lb/>
          <l>Jhr zeigt durch euren Wiz bei der Erkla&#x0364;rung an,</l><lb/>
          <l>Das es noch kein Ver&#x017F;tand recht klar begreiffen<lb/><hi rendition="#et">kan,</hi></l><lb/>
          <l>Jhr for&#x017F;cht in der Natur, ihr &#x017F;eht verborgne Ga&#x0364;n-<lb/><hi rendition="#et">ge,</hi></l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0078] Die Geburt des Menſchen Jhr Gottsverlaͤugner ihr, die ihr ſo ſpoͤttiſch lacht, Wenn man euch lehren wil, daß euch ein GOtt gemacht? Wie iſt nicht die Geburt ein Wunderwerk zu nen- nen, Woran der Gottheit Groͤs recht herrlich zu erken- nen? O! Menſchen geht zuruͤk; und denkt den Urſprung nach, Was war eur erſter Stoff woraus ſich allgemach Des Koͤrpers netter Bau geſtrekt, geformt, gefuͤ- get, Denkt wie entſteht der Menſch, der in der Mutter lieget? Wenn das, was die Natur als ein Geheimnis dekt, Geſchicht, ſo wird dadurch das Sammen-Korn verſtekt, Das nachmahls fruchtbar wird; wer aber kan ver- ſtehen, Wie dieſe Urbildung ſey eigentlich geſchehen? Wer klaͤrt das voͤllig auf wie ſolches wird ent- flammt, Woraus hernach die Frucht ſo wunderbar her- ſtammt? Jhr Weiſen der Natur vermoͤgt ihrs zu ergruͤn- den, Jhr ſchweigt erſtaunend ſtill, ihr koͤnnt es nicht er- finden, Jhr zeigt durch euren Wiz bei der Erklaͤrung an, Das es noch kein Verſtand recht klar begreiffen kan, Jhr forſcht in der Natur, ihr ſeht verborgne Gaͤn- ge, Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/78
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/78>, abgerufen am 03.05.2024.