Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.
Das ist ein Bild wie Stern und Glük, Jn dieser Welt entsteht, verschwindet; Wie man in einem Augenblik, Die Herrligkeit zerschmolzen findet. Der Schnee der in geformter Zier, Uns kommt wie Kron und Sternen für, Jst nur ein Dunst der glänzend scheinet, Ein Nichts das herrlich, weil mans meinet. Was ist die Herrligkeit der Welt, Der blanke Koth, der Kranz der Ehren, Die Wollust, und was sonst gefält? Der Schnee kan uns das klärlich lehren: Es ist ein eingebildtes Nichts, Ein süsser Vorwurf des Gesichts, Ein Dunst vor die betäubten Sinnen, Vergnügen die wie Schnee zerrinnen. Du siehst o! Mensch zur Winterszeit, Den Schnee mit Lust recht zierlich prangen, Es thauet auf, die Nettigkeit, Jst flüchtig wiederum vergangen. Die Schönheit ist in Koth verkehrt, Dies ist ein Bild das dir dies lehrt: O! Mensch du kanst dein flüchtig Wesen, An dem zerfloßnen Schneeball lesen. Die
Das iſt ein Bild wie Stern und Gluͤk, Jn dieſer Welt entſteht, verſchwindet; Wie man in einem Augenblik, Die Herrligkeit zerſchmolzen findet. Der Schnee der in geformter Zier, Uns kommt wie Kron und Sternen fuͤr, Jſt nur ein Dunſt der glaͤnzend ſcheinet, Ein Nichts das herrlich, weil mans meinet. Was iſt die Herrligkeit der Welt, Der blanke Koth, der Kranz der Ehren, Die Wolluſt, und was ſonſt gefaͤlt? Der Schnee kan uns das klaͤrlich lehren: Es iſt ein eingebildtes Nichts, Ein ſuͤſſer Vorwurf des Geſichts, Ein Dunſt vor die betaͤubten Sinnen, Vergnuͤgen die wie Schnee zerrinnen. Du ſiehſt o! Menſch zur Winterszeit, Den Schnee mit Luſt recht zierlich prangen, Es thauet auf, die Nettigkeit, Jſt fluͤchtig wiederum vergangen. Die Schoͤnheit iſt in Koth verkehrt, Dies iſt ein Bild das dir dies lehrt: O! Menſch du kanſt dein fluͤchtig Weſen, An dem zerfloßnen Schneeball leſen. Die
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="27"> <l> <pb facs="#f0063" n="47"/> <fw place="top" type="header">Der Schnee.</fw> </l><lb/> <l>Die Bilder die wir daran ſehn,</l><lb/> <l>Die koͤnnen nicht gar lang beſtehn:</l><lb/> <l>Und was ſo kuͤnſtlich iſt geſponnen,</l><lb/> <l>Jſt oft im Augenblik zerronnen.</l> </lg><lb/> <lg n="28"> <l><hi rendition="#in">D</hi>as iſt ein Bild wie Stern und Gluͤk,</l><lb/> <l>Jn dieſer Welt entſteht, verſchwindet;</l><lb/> <l>Wie man in einem Augenblik,</l><lb/> <l>Die Herrligkeit zerſchmolzen findet.</l><lb/> <l>Der Schnee der in geformter Zier,</l><lb/> <l>Uns kommt wie Kron und Sternen fuͤr,</l><lb/> <l>Jſt nur ein Dunſt der glaͤnzend ſcheinet,</l><lb/> <l>Ein Nichts das herrlich, weil mans meinet.</l> </lg><lb/> <lg n="29"> <l><hi rendition="#in">W</hi>as iſt die Herrligkeit der Welt,</l><lb/> <l>Der blanke Koth, der Kranz der Ehren,</l><lb/> <l>Die Wolluſt, und was ſonſt gefaͤlt?</l><lb/> <l>Der Schnee kan uns das klaͤrlich lehren:</l><lb/> <l>Es iſt ein eingebildtes Nichts,</l><lb/> <l>Ein ſuͤſſer Vorwurf des Geſichts,</l><lb/> <l>Ein Dunſt vor die betaͤubten Sinnen,</l><lb/> <l>Vergnuͤgen die wie Schnee zerrinnen.</l> </lg><lb/> <lg n="30"> <l><hi rendition="#in">D</hi>u ſiehſt o! Menſch zur Winterszeit,</l><lb/> <l>Den Schnee mit Luſt recht zierlich prangen,</l><lb/> <l>Es thauet auf, die Nettigkeit,</l><lb/> <l>Jſt fluͤchtig wiederum vergangen.</l><lb/> <l>Die Schoͤnheit iſt in Koth verkehrt,</l><lb/> <l>Dies iſt ein Bild das dir dies lehrt:<lb/><hi rendition="#fr">O! Menſch du kanſt dein fluͤchtig Weſen,</hi></l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">An dem zerfloßnen Schneeball leſen.</hi> </l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/> </body> </text> </TEI> [47/0063]
Der Schnee.
Die Bilder die wir daran ſehn,
Die koͤnnen nicht gar lang beſtehn:
Und was ſo kuͤnſtlich iſt geſponnen,
Jſt oft im Augenblik zerronnen.
Das iſt ein Bild wie Stern und Gluͤk,
Jn dieſer Welt entſteht, verſchwindet;
Wie man in einem Augenblik,
Die Herrligkeit zerſchmolzen findet.
Der Schnee der in geformter Zier,
Uns kommt wie Kron und Sternen fuͤr,
Jſt nur ein Dunſt der glaͤnzend ſcheinet,
Ein Nichts das herrlich, weil mans meinet.
Was iſt die Herrligkeit der Welt,
Der blanke Koth, der Kranz der Ehren,
Die Wolluſt, und was ſonſt gefaͤlt?
Der Schnee kan uns das klaͤrlich lehren:
Es iſt ein eingebildtes Nichts,
Ein ſuͤſſer Vorwurf des Geſichts,
Ein Dunſt vor die betaͤubten Sinnen,
Vergnuͤgen die wie Schnee zerrinnen.
Du ſiehſt o! Menſch zur Winterszeit,
Den Schnee mit Luſt recht zierlich prangen,
Es thauet auf, die Nettigkeit,
Jſt fluͤchtig wiederum vergangen.
Die Schoͤnheit iſt in Koth verkehrt,
Dies iſt ein Bild das dir dies lehrt:
O! Menſch du kanſt dein fluͤchtig Weſen,
An dem zerfloßnen Schneeball leſen.
Die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/63 |
Zitationshilfe: | Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/63>, abgerufen am 21.07.2024. |