Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Nachtzeit
Der Schlaf durchkroch zulezt die Glieder; die Stil-
le wiegte mich gleich ein,

Es stöhrte mich nicht in der Ruhe, der hellen Sonne
Strahl und Schein;

Es war der Schatten schwarzer Nacht, an dem be-
strahlten Himmelsbogen,

Als wie ein Vorhang ausgespannt, und um mein
Bette hergezogen.

Jch leg in denen weichen Federn, und schlief bei die-
ser Finsternis,

Bis deß die Morgenröth erwachte, die mich erwek-
te, sanft und süß.

Mein Geist war munter und der Leib verspürte zu
dem Tags-Geschäfte,

Da sich die Nerven aufgespannt, auch wieder die
verneuten Kräfte.

Es fiel mr zu des Schöpfers Preise, des Morgens
ein, daß GOtt die Nacht,

Sehr weislich zu des Menschen Leben und zu der
Ruh bequem gemacht;

Dieweil der Schlaf uns nüzlich ist, des Leibes Kräfte
zu erhalten,

Sonst würde unsers Leibes Bau gar bald ermatten
und erkalten;

Sonst könnten unsre äusre Sinnen, auch nicht so
lang als jezt bestehn:

Es müsten aller Nerven Kräfte, wenn sie stets auf-
gespannt, vergehn.

Die Nacht ist gut auch vor dem Geist; der wird
darinnen, wie man merket,

Auf eine wunderbahre Art beim stillen Schlummer
recht gestärket.

Die
Die Nachtzeit
Der Schlaf durchkroch zulezt die Glieder; die Stil-
le wiegte mich gleich ein,

Es ſtoͤhrte mich nicht in der Ruhe, der hellen Sonne
Strahl und Schein;

Es war der Schatten ſchwarzer Nacht, an dem be-
ſtrahlten Himmelsbogen,

Als wie ein Vorhang ausgeſpannt, und um mein
Bette hergezogen.

Jch leg in denen weichen Federn, und ſchlief bei die-
ſer Finſternis,

Bis deß die Morgenroͤth erwachte, die mich erwek-
te, ſanft und ſuͤß.

Mein Geiſt war munter und der Leib verſpuͤrte zu
dem Tags-Geſchaͤfte,

Da ſich die Nerven aufgeſpannt, auch wieder die
verneuten Kraͤfte.

Es fiel mr zu des Schoͤpfers Preiſe, des Morgens
ein, daß GOtt die Nacht,

Sehr weislich zu des Menſchen Leben und zu der
Ruh bequem gemacht;

Dieweil der Schlaf uns nuͤzlich iſt, des Leibes Kraͤfte
zu erhalten,

Sonſt wuͤrde unſers Leibes Bau gar bald ermatten
und erkalten;

Sonſt koͤnnten unſre aͤuſre Sinnen, auch nicht ſo
lang als jezt beſtehn:

Es muͤſten aller Nerven Kraͤfte, wenn ſie ſtets auf-
geſpannt, vergehn.

Die Nacht iſt gut auch vor dem Geiſt; der wird
darinnen, wie man merket,

Auf eine wunderbahre Art beim ſtillen Schlummer
recht geſtaͤrket.

Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0234" n="218"/>
          <fw place="top" type="header">Die Nachtzeit</fw><lb/>
          <l>Der Schlaf durchkroch zulezt die Glieder; die Stil-<lb/><hi rendition="#et">le wiegte mich gleich ein,</hi></l><lb/>
          <l>Es &#x017F;to&#x0364;hrte mich nicht in der Ruhe, der hellen Sonne<lb/><hi rendition="#et">Strahl und Schein;</hi></l><lb/>
          <l>Es war der Schatten &#x017F;chwarzer Nacht, an dem be-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;trahlten Himmelsbogen,</hi></l><lb/>
          <l>Als wie ein Vorhang ausge&#x017F;pannt, und um mein<lb/><hi rendition="#et">Bette hergezogen.</hi></l><lb/>
          <l>Jch leg in denen weichen Federn, und &#x017F;chlief bei die-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;er Fin&#x017F;ternis,</hi></l><lb/>
          <l>Bis deß die Morgenro&#x0364;th erwachte, die mich erwek-<lb/><hi rendition="#et">te, &#x017F;anft und &#x017F;u&#x0364;ß.</hi></l><lb/>
          <l>Mein Gei&#x017F;t war munter und der Leib ver&#x017F;pu&#x0364;rte zu<lb/><hi rendition="#et">dem Tags-Ge&#x017F;cha&#x0364;fte,</hi></l><lb/>
          <l>Da &#x017F;ich die Nerven aufge&#x017F;pannt, auch wieder die<lb/><hi rendition="#et">verneuten Kra&#x0364;fte.</hi></l><lb/>
          <l>Es fiel mr zu des Scho&#x0364;pfers Prei&#x017F;e, des Morgens<lb/><hi rendition="#et">ein, daß <hi rendition="#fr">GOtt</hi> die Nacht,</hi></l><lb/>
          <l>Sehr weislich zu des Men&#x017F;chen Leben und zu der<lb/><hi rendition="#et">Ruh bequem gemacht;</hi></l><lb/>
          <l>Dieweil der Schlaf uns nu&#x0364;zlich i&#x017F;t, des Leibes Kra&#x0364;fte<lb/><hi rendition="#et">zu erhalten,</hi></l><lb/>
          <l>Son&#x017F;t wu&#x0364;rde un&#x017F;ers Leibes Bau gar bald ermatten<lb/><hi rendition="#et">und erkalten;</hi></l><lb/>
          <l>Son&#x017F;t ko&#x0364;nnten un&#x017F;re a&#x0364;u&#x017F;re Sinnen, auch nicht &#x017F;o<lb/><hi rendition="#et">lang als jezt be&#x017F;tehn:</hi></l><lb/>
          <l>Es mu&#x0364;&#x017F;ten aller Nerven Kra&#x0364;fte, wenn &#x017F;ie &#x017F;tets auf-<lb/><hi rendition="#et">ge&#x017F;pannt, vergehn.</hi></l><lb/>
          <l>Die Nacht i&#x017F;t gut auch vor dem Gei&#x017F;t; der wird<lb/><hi rendition="#et">darinnen, wie man merket,</hi></l><lb/>
          <l>Auf eine wunderbahre Art beim &#x017F;tillen Schlummer<lb/><hi rendition="#et">recht ge&#x017F;ta&#x0364;rket.</hi></l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[218/0234] Die Nachtzeit Der Schlaf durchkroch zulezt die Glieder; die Stil- le wiegte mich gleich ein, Es ſtoͤhrte mich nicht in der Ruhe, der hellen Sonne Strahl und Schein; Es war der Schatten ſchwarzer Nacht, an dem be- ſtrahlten Himmelsbogen, Als wie ein Vorhang ausgeſpannt, und um mein Bette hergezogen. Jch leg in denen weichen Federn, und ſchlief bei die- ſer Finſternis, Bis deß die Morgenroͤth erwachte, die mich erwek- te, ſanft und ſuͤß. Mein Geiſt war munter und der Leib verſpuͤrte zu dem Tags-Geſchaͤfte, Da ſich die Nerven aufgeſpannt, auch wieder die verneuten Kraͤfte. Es fiel mr zu des Schoͤpfers Preiſe, des Morgens ein, daß GOtt die Nacht, Sehr weislich zu des Menſchen Leben und zu der Ruh bequem gemacht; Dieweil der Schlaf uns nuͤzlich iſt, des Leibes Kraͤfte zu erhalten, Sonſt wuͤrde unſers Leibes Bau gar bald ermatten und erkalten; Sonſt koͤnnten unſre aͤuſre Sinnen, auch nicht ſo lang als jezt beſtehn: Es muͤſten aller Nerven Kraͤfte, wenn ſie ſtets auf- geſpannt, vergehn. Die Nacht iſt gut auch vor dem Geiſt; der wird darinnen, wie man merket, Auf eine wunderbahre Art beim ſtillen Schlummer recht geſtaͤrket. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/234
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/234>, abgerufen am 06.05.2024.