Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.Die Nachläßigkeit der Menschen. Allein man siehet nicht mit Andacht, welche Pracht,Den Bau des Körpers schmükt, den GOttes Hand gemacht, Wie wir doch schuldig sind, den Schöpfer zu er- heben, Der uns so wunderbar die Glieder hat gegeben. Der Leib ist wie ein Haus, darin die Seele wohnt, Darin der rege Geist, als im Verborgnen thront, Die Glieder sind recht fest und künstlich dran ver- schränket, Daß man erstaunen muß, so bald man das beden- ket. Sehn wir ein Räderwerk, daß sich bewegen kan, Und eine Kunstmaschin in ihrem Gange an; So werden wir entzükt, wir wünschen gleich zu wissen, Wie diese Theilgen sich fest in einander schliessen; Die künstlichste Maschin, die sich bewegt und dreht, Durch Räder die gespannt, in ihren Lauffe geht, Wird nur ein schlechtes Werk, wenn wir uns un- terwinden, Den Wunder-vollen Gang des Körpers zu er- gründen. O! Menschen! richtet doch eur lüsternd Augen- merk, Auf eurem Körper selbst, betrachtet welch ein Werk Der Bau des Leibes ist, wie künstlich er sich len- ket, Und wie das Glied sich regt, nachdem die Seele denket. Wer diese Wunder kennt, die GOtt in uns ge- legt, Den weisesten Entzwek des Schöpfers, dran erwegt, Der
Die Nachlaͤßigkeit der Menſchen. Allein man ſiehet nicht mit Andacht, welche Pracht,Den Bau des Koͤrpers ſchmuͤkt, den GOttes Hand gemacht, Wie wir doch ſchuldig ſind, den Schoͤpfer zu er- heben, Der uns ſo wunderbar die Glieder hat gegeben. Der Leib iſt wie ein Haus, darin die Seele wohnt, Darin der rege Geiſt, als im Verborgnen thront, Die Glieder ſind recht feſt und kuͤnſtlich dran ver- ſchraͤnket, Daß man erſtaunen muß, ſo bald man das beden- ket. Sehn wir ein Raͤderwerk, daß ſich bewegen kan, Und eine Kunſtmaſchin in ihrem Gange an; So werden wir entzuͤkt, wir wuͤnſchen gleich zu wiſſen, Wie dieſe Theilgen ſich feſt in einander ſchlieſſen; Die kuͤnſtlichſte Maſchin, die ſich bewegt und dreht, Durch Raͤder die geſpannt, in ihren Lauffe geht, Wird nur ein ſchlechtes Werk, wenn wir uns un- terwinden, Den Wunder-vollen Gang des Koͤrpers zu er- gruͤnden. O! Menſchen! richtet doch eur luͤſternd Augen- merk, Auf eurem Koͤrper ſelbſt, betrachtet welch ein Werk Der Bau des Leibes iſt, wie kuͤnſtlich er ſich len- ket, Und wie das Glied ſich regt, nachdem die Seele denket. Wer dieſe Wunder kennt, die GOtt in uns ge- legt, Den weiſeſten Entzwek des Schoͤpfers, dran erwegt, Der
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Die Nachlaͤßigkeit der Menſchen.
Allein man ſiehet nicht mit Andacht, welche Pracht,
Den Bau des Koͤrpers ſchmuͤkt, den GOttes
Hand gemacht,
Wie wir doch ſchuldig ſind, den Schoͤpfer zu er-
heben,
Der uns ſo wunderbar die Glieder hat gegeben.
Der Leib iſt wie ein Haus, darin die Seele wohnt,
Darin der rege Geiſt, als im Verborgnen thront,
Die Glieder ſind recht feſt und kuͤnſtlich dran ver-
ſchraͤnket,
Daß man erſtaunen muß, ſo bald man das beden-
ket.
Sehn wir ein Raͤderwerk, daß ſich bewegen kan,
Und eine Kunſtmaſchin in ihrem Gange an;
So werden wir entzuͤkt, wir wuͤnſchen gleich zu
wiſſen,
Wie dieſe Theilgen ſich feſt in einander ſchlieſſen;
Die kuͤnſtlichſte Maſchin, die ſich bewegt und dreht,
Durch Raͤder die geſpannt, in ihren Lauffe geht,
Wird nur ein ſchlechtes Werk, wenn wir uns un-
terwinden,
Den Wunder-vollen Gang des Koͤrpers zu er-
gruͤnden.
O! Menſchen! richtet doch eur luͤſternd Augen-
merk,
Auf eurem Koͤrper ſelbſt, betrachtet welch ein Werk
Der Bau des Leibes iſt, wie kuͤnſtlich er ſich len-
ket,
Und wie das Glied ſich regt, nachdem die Seele
denket.
Wer dieſe Wunder kennt, die GOtt in uns ge-
legt,
Den weiſeſten Entzwek des Schoͤpfers, dran
erwegt,
Der
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