Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.Die Keuschheit. Wer dich ansieht der wird gerühret, Du bist mit keinen Schmuk gezieret, Der mit erborgten Firnis prahlt; Kein Flittergold mit falschen Scheine, Nur ächte Farb ist es alleine, Die aus den reinen Kleidern strahlt; Dein Licht blizt nicht aus Diamanten, Noch von den wollgewürkten Kandten. Dein Glanz entsteht aus eigner Helle, Du selbsten bist die wahre Quelle, Woraus das Angenehm entspringt, Das alle die dich recht beschauen, Jn die Enzükkungs-süsse Auen, Des innigen Vergnügens bringt; Natürlich schön ist deine Farbe, Ohn alle überschminkte Narbe. Es geht aus deinem Augenlichte, Kein Strahl der deinem Angesichte: Ein Frechheits-Zeichen angebrandt: Man sieht dieselben lieblich funkeln, Nicht durch Trübsinnigkeit verdunkeln, Sie haben einen freien Stand, Doch fliegen daraus keine Blizze, Von einer wilden Jugend Hizze. Dein Antliz gleicht der Morgenröthe, Worinnen sich ein Licht erhöhte Als wenn der frühe Sonnenschein, Den Dunst der sich als Silber bildet, Mit einen rothen Strahl vergüldet: Es Q 3
Die Keuſchheit. Wer dich anſieht der wird geruͤhret, Du biſt mit keinen Schmuk gezieret, Der mit erborgten Firnis prahlt; Kein Flittergold mit falſchen Scheine, Nur aͤchte Farb iſt es alleine, Die aus den reinen Kleidern ſtrahlt; Dein Licht blizt nicht aus Diamanten, Noch von den wollgewuͤrkten Kandten. Dein Glanz entſteht aus eigner Helle, Du ſelbſten biſt die wahre Quelle, Woraus das Angenehm entſpringt, Das alle die dich recht beſchauen, Jn die Enzuͤkkungs-ſuͤſſe Auen, Des innigen Vergnuͤgens bringt; Natuͤrlich ſchoͤn iſt deine Farbe, Ohn alle uͤberſchminkte Narbe. Es geht aus deinem Augenlichte, Kein Strahl der deinem Angeſichte: Ein Frechheits-Zeichen angebrandt: Man ſieht dieſelben lieblich funkeln, Nicht durch Truͤbſinnigkeit verdunkeln, Sie haben einen freien Stand, Doch fliegen daraus keine Blizze, Von einer wilden Jugend Hizze. Dein Antliz gleicht der Morgenroͤthe, Worinnen ſich ein Licht erhoͤhte Als wenn der fruͤhe Sonnenſchein, Den Dunſt der ſich als Silber bildet, Mit einen rothen Strahl verguͤldet: Es Q 3
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Die Keuſchheit.
Wer dich anſieht der wird geruͤhret,
Du biſt mit keinen Schmuk gezieret,
Der mit erborgten Firnis prahlt;
Kein Flittergold mit falſchen Scheine,
Nur aͤchte Farb iſt es alleine,
Die aus den reinen Kleidern ſtrahlt;
Dein Licht blizt nicht aus Diamanten,
Noch von den wollgewuͤrkten Kandten.
Dein Glanz entſteht aus eigner Helle,
Du ſelbſten biſt die wahre Quelle,
Woraus das Angenehm entſpringt,
Das alle die dich recht beſchauen,
Jn die Enzuͤkkungs-ſuͤſſe Auen,
Des innigen Vergnuͤgens bringt;
Natuͤrlich ſchoͤn iſt deine Farbe,
Ohn alle uͤberſchminkte Narbe.
Es geht aus deinem Augenlichte,
Kein Strahl der deinem Angeſichte:
Ein Frechheits-Zeichen angebrandt:
Man ſieht dieſelben lieblich funkeln,
Nicht durch Truͤbſinnigkeit verdunkeln,
Sie haben einen freien Stand,
Doch fliegen daraus keine Blizze,
Von einer wilden Jugend Hizze.
Dein Antliz gleicht der Morgenroͤthe,
Worinnen ſich ein Licht erhoͤhte
Als wenn der fruͤhe Sonnenſchein,
Den Dunſt der ſich als Silber bildet,
Mit einen rothen Strahl verguͤldet:
Es
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Zitationshilfe: | Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747, S. 145[245]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/257>, abgerufen am 21.07.2024. |