Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.Der thörigte Hochmuth. Vergnüget seinen Sinn; so bald er auf den Gassen,Die Narheit durch das Kleid so prahlend schim- mern lassen, Träumt ihm er sey nun gros, obgleich die Niedrig- keit, Jhm als der Schatten folgt, bei seinem güldnen Kleid. Er brüstet sich damit, und denket nicht darneben, Daß Kleider, Geld und Gut noch keinen Vorzug geben. Die Tugend nur allein, und deren innrer Werth, Verdient den Vorzug nur, wie die Vernunft uns lehrt. Die Nullen gelten nicht, wenn wir davor nicht Zahlen, Mit ihrer Gültigkeit, in gleicher Reihe mahlen; Jhr Tohren! merket dies, und dämpft das stolze Blut, Das alles was ihr habt, ist nur erborgtes Gut. Ein jeder wer er ist, ist darnach nur zu schäzzen, Was ihm vor andern kan, im wahren Vorzug sezzen. Die Tugend, der Verstand und die Geschiklichkeit, Die machen uns nur gros, ohn allen Wiederstreit, Und wer dieselbe hat, der hat des Höchsten Gaben, Die wir doch nicht zum Stolz, von ihm empfangen haben. Bedenket euer Nichts und nehmt den Spruch in acht: Der Schöpfer hat uns hier ja alle gleich gemacht, Der Schein der uns hier folgt, in unvollkomnen Leben, Wird uns in jener Welt gar keinen Vorzug geben. Jhr die ihr euch aus Stolz, mit leeren Wind auf- bläht, Bedenkt, wie es dem Frosch dort beym Aesopus geht, Er
Der thoͤrigte Hochmuth. Vergnuͤget ſeinen Sinn; ſo bald er auf den Gaſſen,Die Narheit durch das Kleid ſo prahlend ſchim- mern laſſen, Traͤumt ihm er ſey nun gros, obgleich die Niedrig- keit, Jhm als der Schatten folgt, bei ſeinem guͤldnen Kleid. Er bruͤſtet ſich damit, und denket nicht darneben, Daß Kleider, Geld und Gut noch keinen Vorzug geben. Die Tugend nur allein, und deren innrer Werth, Verdient den Vorzug nur, wie die Vernunft uns lehrt. Die Nullen gelten nicht, wenn wir davor nicht Zahlen, Mit ihrer Guͤltigkeit, in gleicher Reihe mahlen; Jhr Tohren! merket dies, und daͤmpft das ſtolze Blut, Das alles was ihr habt, iſt nur erborgtes Gut. Ein jeder wer er iſt, iſt darnach nur zu ſchaͤzzen, Was ihm vor andern kan, im wahren Vorzug ſezzen. Die Tugend, der Verſtand und die Geſchiklichkeit, Die machen uns nur gros, ohn allen Wiederſtreit, Und wer dieſelbe hat, der hat des Hoͤchſten Gaben, Die wir doch nicht zum Stolz, von ihm empfangen haben. Bedenket euer Nichts und nehmt den Spruch in acht: Der Schoͤpfer hat uns hier ja alle gleich gemacht, Der Schein der uns hier folgt, in unvollkomnen Leben, Wird uns in jener Welt gar keinen Vorzug geben. Jhr die ihr euch aus Stolz, mit leeren Wind auf- blaͤht, Bedenkt, wie es dem Froſch dort beym Aeſopus geht, Er
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Der thoͤrigte Hochmuth.
Vergnuͤget ſeinen Sinn; ſo bald er auf den Gaſſen,
Die Narheit durch das Kleid ſo prahlend ſchim-
mern laſſen,
Traͤumt ihm er ſey nun gros, obgleich die Niedrig-
keit,
Jhm als der Schatten folgt, bei ſeinem guͤldnen
Kleid.
Er bruͤſtet ſich damit, und denket nicht darneben,
Daß Kleider, Geld und Gut noch keinen Vorzug
geben.
Die Tugend nur allein, und deren innrer Werth,
Verdient den Vorzug nur, wie die Vernunft uns
lehrt.
Die Nullen gelten nicht, wenn wir davor nicht Zahlen,
Mit ihrer Guͤltigkeit, in gleicher Reihe mahlen;
Jhr Tohren! merket dies, und daͤmpft das ſtolze
Blut,
Das alles was ihr habt, iſt nur erborgtes Gut.
Ein jeder wer er iſt, iſt darnach nur zu ſchaͤzzen,
Was ihm vor andern kan, im wahren Vorzug
ſezzen.
Die Tugend, der Verſtand und die Geſchiklichkeit,
Die machen uns nur gros, ohn allen Wiederſtreit,
Und wer dieſelbe hat, der hat des Hoͤchſten Gaben,
Die wir doch nicht zum Stolz, von ihm empfangen
haben.
Bedenket euer Nichts und nehmt den Spruch in acht:
Der Schoͤpfer hat uns hier ja alle gleich gemacht,
Der Schein der uns hier folgt, in unvollkomnen
Leben,
Wird uns in jener Welt gar keinen Vorzug geben.
Jhr die ihr euch aus Stolz, mit leeren Wind auf-
blaͤht,
Bedenkt, wie es dem Froſch dort beym Aeſopus
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