Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.bei der Zulassung des Bösen. Was hier im Reiche böses ist. So pflegt der Men-schen Wiz zu träumen Und weil das nicht so gleich geschiehet; so macht er den verkehrten Schlus, Daß GOtt der hoch im Himmel wohnet, sich nichts um uns bekümmern muß. Wie irrig ist doch der Verstand, der sich auf falsche Schlüsse gründet, Und das was sich hie gar nicht reimmt, in dem Ge- hirn zusammen bindet. Zuerst schliest man aus falschen Grunde, soll GOt- tes Machtreich recht bestehn, So muß es darin wie wir denken, nach unsrer al- bern Meinung gehn, Die Allmacht muß die Bosheit steurn, den Weizen von dem Unkraut retten, Solt er darüber gleich die Frucht die gut, verder- ben und ausjetten. Jhr Menschen, die ihr also schliesset, bedenkt den Zustand dieser Welt, Jst sie nicht gleich dem Weizen-Akker, darauf der (*) Feind sich eingestellt, Und Dorn und Diesteln ausgestreut, die mit den Weizen aufgelauffen: Soll GOttes würkende Gewalt, das Unkraut alsobald ausrauffen, So wird der Weize auch verlezzet. Ein König der da gut regiert, Der Weisheit Regelmaas betrachtet, mit Klugheit seinen Scepter führt Der Länder Wollfahrt übersieht, der muß auch oft ohn sein Verschulden, Das Böse das im Staat aufgeht, mit einer wei- sen Klugheit dulden, Sonst (*) Matth. XIII. 24-30. F 4
bei der Zulaſſung des Boͤſen. Was hier im Reiche boͤſes iſt. So pflegt der Men-ſchen Wiz zu traͤumen Und weil das nicht ſo gleich geſchiehet; ſo macht er den verkehrten Schlus, Daß GOtt der hoch im Himmel wohnet, ſich nichts um uns bekuͤmmern muß. Wie irrig iſt doch der Verſtand, der ſich auf falſche Schluͤſſe gruͤndet, Und das was ſich hie gar nicht reimmt, in dem Ge- hirn zuſammen bindet. Zuerſt ſchlieſt man aus falſchen Grunde, ſoll GOt- tes Machtreich recht beſtehn, So muß es darin wie wir denken, nach unſrer al- bern Meinung gehn, Die Allmacht muß die Bosheit ſteurn, den Weizen von dem Unkraut retten, Solt er daruͤber gleich die Frucht die gut, verder- ben und ausjetten. Jhr Menſchen, die ihr alſo ſchlieſſet, bedenkt den Zuſtand dieſer Welt, Jſt ſie nicht gleich dem Weizen-Akker, darauf der (*) Feind ſich eingeſtellt, Und Dorn und Dieſteln ausgeſtreut, die mit den Weizen aufgelauffen: Soll GOttes wuͤrkende Gewalt, das Unkraut alſobald ausrauffen, So wird der Weize auch verlezzet. Ein Koͤnig der da gut regiert, Der Weisheit Regelmaas betrachtet, mit Klugheit ſeinen Scepter fuͤhrt Der Laͤnder Wollfahrt uͤberſieht, der muß auch oft ohn ſein Verſchulden, Das Boͤſe das im Staat aufgeht, mit einer wei- ſen Klugheit dulden, Sonſt (*) Matth. XIII. 24-30. F 4
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bei der Zulaſſung des Boͤſen.
Was hier im Reiche boͤſes iſt. So pflegt der Men-
ſchen Wiz zu traͤumen
Und weil das nicht ſo gleich geſchiehet; ſo macht er
den verkehrten Schlus,
Daß GOtt der hoch im Himmel wohnet, ſich nichts
um uns bekuͤmmern muß.
Wie irrig iſt doch der Verſtand, der ſich auf falſche
Schluͤſſe gruͤndet,
Und das was ſich hie gar nicht reimmt, in dem Ge-
hirn zuſammen bindet.
Zuerſt ſchlieſt man aus falſchen Grunde, ſoll GOt-
tes Machtreich recht beſtehn,
So muß es darin wie wir denken, nach unſrer al-
bern Meinung gehn,
Die Allmacht muß die Bosheit ſteurn, den Weizen
von dem Unkraut retten,
Solt er daruͤber gleich die Frucht die gut, verder-
ben und ausjetten.
Jhr Menſchen, die ihr alſo ſchlieſſet, bedenkt den
Zuſtand dieſer Welt,
Jſt ſie nicht gleich dem Weizen-Akker, darauf der
(*) Feind ſich eingeſtellt,
Und Dorn und Dieſteln ausgeſtreut, die mit den
Weizen aufgelauffen:
Soll GOttes wuͤrkende Gewalt, das Unkraut
alſobald ausrauffen,
So wird der Weize auch verlezzet. Ein Koͤnig der
da gut regiert,
Der Weisheit Regelmaas betrachtet, mit Klugheit
ſeinen Scepter fuͤhrt
Der Laͤnder Wollfahrt uͤberſieht, der muß auch oft
ohn ſein Verſchulden,
Das Boͤſe das im Staat aufgeht, mit einer wei-
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