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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.

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Die Schaubühne der Welt.

Das Flittergold der falschen Pracht;
Die machen die Comödianten,
Zu königlichen Anverwandten,
Darüber jeder billig lacht.

Allein wenn wir dagegen sehen,
Was vor Verwandelung geschehen
Und noch geschiehet in der Welt,
Wie die Verstellung hie regieret,
Jn was vor Masken sie sich zieret,
So sieht man manchen armen Held.
Der will die ganze Welt regieren,
Was heist das anders, als agiren?
Und jener glaubt das, was er meint,
Daß müsse er auf dieser Erden,
Da er zum Schau sich stellt, auch werden,
Weil er sich gros, nicht andern scheint.
O! welche grosse Heucheleien,
Sind in der Welt und ihren Reihen,
Jn jeden Stande anzusehn;
Vom Schaaf das Kleid, von Wolf das Herze,
Und lachen bei den äusren Schmerze,
Das heist den Mantel künstlich drehn.
O! wär das Stellen und Verstellen,
Nur hinter denen Opern Schwellen
Als ihren eignen Siz verbannt!
Allein die falschen Einbildungen,
Sind allenthalben durchgedrungen
Beherschen einen jeden Stand.
Wie

Die Schaubuͤhne der Welt.

Das Flittergold der falſchen Pracht;
Die machen die Comoͤdianten,
Zu koͤniglichen Anverwandten,
Daruͤber jeder billig lacht.

Allein wenn wir dagegen ſehen,
Was vor Verwandelung geſchehen
Und noch geſchiehet in der Welt,
Wie die Verſtellung hie regieret,
Jn was vor Masken ſie ſich zieret,
So ſieht man manchen armen Held.
Der will die ganze Welt regieren,
Was heiſt das anders, als agiren?
Und jener glaubt das, was er meint,
Daß muͤſſe er auf dieſer Erden,
Da er zum Schau ſich ſtellt, auch werden,
Weil er ſich gros, nicht andern ſcheint.
O! welche groſſe Heucheleien,
Sind in der Welt und ihren Reihen,
Jn jeden Stande anzuſehn;
Vom Schaaf das Kleid, von Wolf das Herze,
Und lachen bei den aͤuſren Schmerze,
Das heiſt den Mantel kuͤnſtlich drehn.
O! waͤr das Stellen und Verſtellen,
Nur hinter denen Opern Schwellen
Als ihren eignen Siz verbannt!
Allein die falſchen Einbildungen,
Sind allenthalben durchgedrungen
Beherſchen einen jeden Stand.
Wie
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[77/0089] Die Schaubuͤhne der Welt. Das Flittergold der falſchen Pracht; Die machen die Comoͤdianten, Zu koͤniglichen Anverwandten, Daruͤber jeder billig lacht. Allein wenn wir dagegen ſehen, Was vor Verwandelung geſchehen Und noch geſchiehet in der Welt, Wie die Verſtellung hie regieret, Jn was vor Masken ſie ſich zieret, So ſieht man manchen armen Held. Der will die ganze Welt regieren, Was heiſt das anders, als agiren? Und jener glaubt das, was er meint, Daß muͤſſe er auf dieſer Erden, Da er zum Schau ſich ſtellt, auch werden, Weil er ſich gros, nicht andern ſcheint. O! welche groſſe Heucheleien, Sind in der Welt und ihren Reihen, Jn jeden Stande anzuſehn; Vom Schaaf das Kleid, von Wolf das Herze, Und lachen bei den aͤuſren Schmerze, Das heiſt den Mantel kuͤnſtlich drehn. O! waͤr das Stellen und Verſtellen, Nur hinter denen Opern Schwellen Als ihren eignen Siz verbannt! Allein die falſchen Einbildungen, Sind allenthalben durchgedrungen Beherſchen einen jeden Stand. Wie

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/89>, abgerufen am 28.04.2024.