Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.Die Welt ein Land der Eitelkeit. So wie der Hauffe wächst; so wächset das Verlan-gen, Mit einem eitlen Koth, in dieser Welt zu prangen, Jst das nicht Eitelkeit? Jemehr der Geiz besizt, Jeweniger wird es zu seinem Wol genüzt, Er suchet seine Ruh, den Kummer zu besiegen, Und sammlet dennoch nur zu seinem Misvergnü- gen. Die Armuth häuffet sich wenn sich sein Gut ver- mehrt, Weil man in Ueberflus ihn immer klagen hört: Ein solcher Erdenwurm, muß Koth mit Müh er- werben, Und plagt sich Lebenslang um misvergnügt zu ster- ben. Ein andrer sieht die Welt, als einen Schauplaz an, Allwo der glüklich ist, der nur hoch sitzen kan, Er rennt mit Angst und Schweis, mit Kummer und Beschwerden, Nach einem Ehrenziel um nur geplagt zu werden. Ee greift nach eitlen Dunst, und merket in der Höh, Er habe Woll gesucht, gefunden Angst und Weh, Er jagt den Schatten nach, der ihm in Glanz be- trogen, Und wenn er ihn erlangt; so ist der Schein verflo- gen. Er klimmet in die Höh die er sich vorgestellt, Da merkt er, erst zu spät, wie eitel diese Welt, Der Schwindel nimt ihn ein, er fänget an zu sin- ken, Und muß zu seinem Spott, oft als ein Krüppel hinken. Der
Die Welt ein Land der Eitelkeit. So wie der Hauffe waͤchſt; ſo waͤchſet das Verlan-gen, Mit einem eitlen Koth, in dieſer Welt zu prangen, Jſt das nicht Eitelkeit? Jemehr der Geiz beſizt, Jeweniger wird es zu ſeinem Wol genuͤzt, Er ſuchet ſeine Ruh, den Kummer zu beſiegen, Und ſammlet dennoch nur zu ſeinem Misvergnuͤ- gen. Die Armuth haͤuffet ſich wenn ſich ſein Gut ver- mehrt, Weil man in Ueberflus ihn immer klagen hoͤrt: Ein ſolcher Erdenwurm, muß Koth mit Muͤh er- werben, Und plagt ſich Lebenslang um misvergnuͤgt zu ſter- ben. Ein andrer ſieht die Welt, als einen Schauplaz an, Allwo der gluͤklich iſt, der nur hoch ſitzen kan, Er rennt mit Angſt und Schweis, mit Kummer und Beſchwerden, Nach einem Ehrenziel um nur geplagt zu werden. Ee greift nach eitlen Dunſt, und merket in der Hoͤh, Er habe Woll geſucht, gefunden Angſt und Weh, Er jagt den Schatten nach, der ihm in Glanz be- trogen, Und wenn er ihn erlangt; ſo iſt der Schein verflo- gen. Er klimmet in die Hoͤh die er ſich vorgeſtellt, Da merkt er, erſt zu ſpaͤt, wie eitel dieſe Welt, Der Schwindel nimt ihn ein, er faͤnget an zu ſin- ken, Und muß zu ſeinem Spott, oft als ein Kruͤppel hinken. Der
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Die Welt ein Land der Eitelkeit.
So wie der Hauffe waͤchſt; ſo waͤchſet das Verlan-
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Mit einem eitlen Koth, in dieſer Welt zu prangen,
Jſt das nicht Eitelkeit? Jemehr der Geiz beſizt,
Jeweniger wird es zu ſeinem Wol genuͤzt,
Er ſuchet ſeine Ruh, den Kummer zu beſiegen,
Und ſammlet dennoch nur zu ſeinem Misvergnuͤ-
gen.
Die Armuth haͤuffet ſich wenn ſich ſein Gut ver-
mehrt,
Weil man in Ueberflus ihn immer klagen hoͤrt:
Ein ſolcher Erdenwurm, muß Koth mit Muͤh er-
werben,
Und plagt ſich Lebenslang um misvergnuͤgt zu ſter-
ben.
Ein andrer ſieht die Welt, als einen Schauplaz
an,
Allwo der gluͤklich iſt, der nur hoch ſitzen kan,
Er rennt mit Angſt und Schweis, mit Kummer
und Beſchwerden,
Nach einem Ehrenziel um nur geplagt zu werden.
Ee greift nach eitlen Dunſt, und merket in der
Hoͤh,
Er habe Woll geſucht, gefunden Angſt und Weh,
Er jagt den Schatten nach, der ihm in Glanz be-
trogen,
Und wenn er ihn erlangt; ſo iſt der Schein verflo-
gen.
Er klimmet in die Hoͤh die er ſich vorgeſtellt,
Da merkt er, erſt zu ſpaͤt, wie eitel dieſe Welt,
Der Schwindel nimt ihn ein, er faͤnget an zu ſin-
ken,
Und muß zu ſeinem Spott, oft als ein Kruͤppel
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