Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.Die selten blühende Aloe. Die Blätter geben Scheu, die Fädgen geben gar,Wie Woll und Flachs bei uns, die allerschönsten Dekken, Worin die Mohren sich, als in ein Kleid verstek- ken. Die Stacheln die daran, sind denen Nageln gleich: Es ist die Aloe von schönen Säften reich Daraus entsteht ein Wein; aus dessen Süßigkeiten, Auch wenn sie klebricht hart, ein Zukker herzulei- ten; Der Saft wird durch die Sonn, zum Eßig-Trank gemacht, Da aus der Süßigkeit ein Saur herfürgebracht. Die Wurzeln dienen da mit ihren langen Strän- gen, Wie Strikke die man braucht, zum Binden, zum Gehängen, Und andern Dingen mehr. Der hart und dikker Ast, Der in den Blättern liegt, in ihr Geweb gefaßt, Giebt eine süsse Kost, durch ein gekochtes Gähren, Womit die Mohren sich als einer Speise nähren. Wie Wundernswürdig ist wenn man erwegt, be- denkt, Daß GOtt so vielerlei an einer Pflanze schenkt, Daß jene Wilden gnug, zur Kleidung, sich zu la- ben, Und mit der Aloe des Lebens Nothdurft haben! Der schöne Wunderbau, die wollgeorndte Pracht, Die diese Pflanze schmükt, den Augen herrlich macht, Hat die Begierd erregt, daß sie in unsrer Erde, Als eine Seltenheit mit Kunst verpflanzet werde. Es ist der Kunst geglükt. Man stellet ihre Zier, Jn
Die ſelten bluͤhende Aloe. Die Blaͤtter geben Scheu, die Faͤdgen geben gar,Wie Woll und Flachs bei uns, die allerſchoͤnſten Dekken, Worin die Mohren ſich, als in ein Kleid verſtek- ken. Die Stacheln die daran, ſind denen Nageln gleich: Es iſt die Aloe von ſchoͤnen Saͤften reich Daraus entſteht ein Wein; aus deſſen Suͤßigkeiten, Auch wenn ſie klebricht hart, ein Zukker herzulei- ten; Der Saft wird durch die Sonn, zum Eßig-Trank gemacht, Da aus der Suͤßigkeit ein Saur herfuͤrgebracht. Die Wurzeln dienen da mit ihren langen Straͤn- gen, Wie Strikke die man braucht, zum Binden, zum Gehaͤngen, Und andern Dingen mehr. Der hart und dikker Aſt, Der in den Blaͤttern liegt, in ihr Geweb gefaßt, Giebt eine ſuͤſſe Koſt, durch ein gekochtes Gaͤhren, Womit die Mohren ſich als einer Speiſe naͤhren. Wie Wundernswuͤrdig iſt wenn man erwegt, be- denkt, Daß GOtt ſo vielerlei an einer Pflanze ſchenkt, Daß jene Wilden gnug, zur Kleidung, ſich zu la- ben, Und mit der Aloe des Lebens Nothdurft haben! Der ſchoͤne Wunderbau, die wollgeorndte Pracht, Die dieſe Pflanze ſchmuͤkt, den Augen herrlich macht, Hat die Begierd erregt, daß ſie in unſrer Erde, Als eine Seltenheit mit Kunſt verpflanzet werde. Es iſt der Kunſt gegluͤkt. Man ſtellet ihre Zier, Jn
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Die ſelten bluͤhende Aloe.
Die Blaͤtter geben Scheu, die Faͤdgen geben gar,
Wie Woll und Flachs bei uns, die allerſchoͤnſten
Dekken,
Worin die Mohren ſich, als in ein Kleid verſtek-
ken.
Die Stacheln die daran, ſind denen Nageln gleich:
Es iſt die Aloe von ſchoͤnen Saͤften reich
Daraus entſteht ein Wein; aus deſſen Suͤßigkeiten,
Auch wenn ſie klebricht hart, ein Zukker herzulei-
ten;
Der Saft wird durch die Sonn, zum Eßig-Trank
gemacht,
Da aus der Suͤßigkeit ein Saur herfuͤrgebracht.
Die Wurzeln dienen da mit ihren langen Straͤn-
gen,
Wie Strikke die man braucht, zum Binden, zum
Gehaͤngen,
Und andern Dingen mehr. Der hart und dikker
Aſt,
Der in den Blaͤttern liegt, in ihr Geweb gefaßt,
Giebt eine ſuͤſſe Koſt, durch ein gekochtes Gaͤhren,
Womit die Mohren ſich als einer Speiſe naͤhren.
Wie Wundernswuͤrdig iſt wenn man erwegt, be-
denkt,
Daß GOtt ſo vielerlei an einer Pflanze ſchenkt,
Daß jene Wilden gnug, zur Kleidung, ſich zu la-
ben,
Und mit der Aloe des Lebens Nothdurft haben!
Der ſchoͤne Wunderbau, die wollgeorndte Pracht,
Die dieſe Pflanze ſchmuͤkt, den Augen herrlich
macht,
Hat die Begierd erregt, daß ſie in unſrer Erde,
Als eine Seltenheit mit Kunſt verpflanzet werde.
Es iſt der Kunſt gegluͤkt. Man ſtellet ihre Zier,
Jn
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