Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.
Wie solte GOtt daß auch nicht können, Das Wesen das allmächtig heist? So wär er ja kein GOtt zu nennen, Dafür ihn doch ein jeder preist. Erweget dies in den Gedanken: Die Macht die an sich keine Schranken, Kan alles, was sie nur gebeut. Was in Ost, West, in Süd und Norden Von jedem Leib zerstreuet worden: Das ruft sein Wink herbei, wenn alles wird verneut. Denkt nicht daß die Veränderungen, Die in Naturreich stets geschehn, Die Menschen Körper so verschlungen, Daß sie zulezt in Nichts vergehn. Es werden unsre Haut und Knochen Von Moder angefault, zerbrochen, Zermalmt, verwandelt, und zerstöhrt; Es mag derselbe in den Jahren Bald hie bald da zerstreut, hinfahren, So wird er dennoch nicht, ins vorge Nichts verkehrt. Gesezt L 3
Wie ſolte GOtt daß auch nicht koͤnnen, Das Weſen das allmaͤchtig heiſt? So waͤr er ja kein GOtt zu nennen, Dafuͤr ihn doch ein jeder preiſt. Erweget dies in den Gedanken: Die Macht die an ſich keine Schranken, Kan alles, was ſie nur gebeut. Was in Oſt, Weſt, in Suͤd und Norden Von jedem Leib zerſtreuet worden: Das ruft ſein Wink herbei, wenn alles wird verneut. Denkt nicht daß die Veraͤnderungen, Die in Naturreich ſtets geſchehn, Die Menſchen Koͤrper ſo verſchlungen, Daß ſie zulezt in Nichts vergehn. Es werden unſre Haut und Knochen Von Moder angefault, zerbrochen, Zermalmt, verwandelt, und zerſtoͤhrt; Es mag derſelbe in den Jahren Bald hie bald da zerſtreut, hinfahren, So wird er dennoch nicht, ins vorge Nichts verkehrt. Geſezt L 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="34"> <l> <pb facs="#f0177" n="165"/> <fw place="top" type="header">der Glaͤubigen in ihrer Auferſtehung.</fw> </l><lb/> <l>Jn ſein geformtes Kunſtgebaͤnde</l><lb/> <l>Wenn er die Theile nur erblikt.</l><lb/> <l>Er weis wo jedes hingehoͤret,</l><lb/> <l>Was in der Werkſtadt, wie zerſtoͤhret,</l><lb/> <l>Verwirret durcheinander ſtekt.</l><lb/> <l>Er hat bey ſeinem Raͤderwerke,</l><lb/> <l>Das zum beſtaͤndgen Augenmerke,</l><lb/> <l>Hebt die Verwirrung auf, wenn er die Hand<lb/><hi rendition="#et">dran ſtrekt.</hi></l> </lg><lb/> <lg n="35"> <l><hi rendition="#in">W</hi>ie ſolte <hi rendition="#fr">GOtt</hi> daß auch nicht koͤnnen,</l><lb/> <l>Das Weſen das allmaͤchtig heiſt?</l><lb/> <l>So waͤr er ja kein <hi rendition="#fr">GOtt</hi> zu nennen,</l><lb/> <l>Dafuͤr ihn doch ein jeder preiſt.</l><lb/> <l>Erweget dies in den Gedanken:</l><lb/> <l>Die Macht die an ſich keine Schranken,</l><lb/> <l>Kan alles, was ſie nur gebeut.</l><lb/> <l>Was in Oſt, Weſt, in Suͤd und Norden</l><lb/> <l>Von jedem Leib zerſtreuet worden:</l><lb/> <l>Das ruft ſein Wink herbei, wenn alles wird<lb/><hi rendition="#et">verneut.</hi></l> </lg><lb/> <lg n="36"> <l><hi rendition="#in">D</hi>enkt nicht daß die Veraͤnderungen,</l><lb/> <l>Die in Naturreich ſtets geſchehn,</l><lb/> <l>Die Menſchen Koͤrper ſo verſchlungen,</l><lb/> <l>Daß ſie zulezt in Nichts vergehn.</l><lb/> <l>Es werden unſre Haut und Knochen</l><lb/> <l>Von Moder angefault, zerbrochen,</l><lb/> <l>Zermalmt, verwandelt, und zerſtoͤhrt;</l><lb/> <l>Es mag derſelbe in den Jahren</l><lb/> <l>Bald hie bald da zerſtreut, hinfahren,</l><lb/> <l>So wird er dennoch nicht, ins vorge Nichts<lb/><hi rendition="#et">verkehrt.</hi></l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">L 3</fw> <fw place="bottom" type="catch">Geſezt</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [165/0177]
der Glaͤubigen in ihrer Auferſtehung.
Jn ſein geformtes Kunſtgebaͤnde
Wenn er die Theile nur erblikt.
Er weis wo jedes hingehoͤret,
Was in der Werkſtadt, wie zerſtoͤhret,
Verwirret durcheinander ſtekt.
Er hat bey ſeinem Raͤderwerke,
Das zum beſtaͤndgen Augenmerke,
Hebt die Verwirrung auf, wenn er die Hand
dran ſtrekt.
Wie ſolte GOtt daß auch nicht koͤnnen,
Das Weſen das allmaͤchtig heiſt?
So waͤr er ja kein GOtt zu nennen,
Dafuͤr ihn doch ein jeder preiſt.
Erweget dies in den Gedanken:
Die Macht die an ſich keine Schranken,
Kan alles, was ſie nur gebeut.
Was in Oſt, Weſt, in Suͤd und Norden
Von jedem Leib zerſtreuet worden:
Das ruft ſein Wink herbei, wenn alles wird
verneut.
Denkt nicht daß die Veraͤnderungen,
Die in Naturreich ſtets geſchehn,
Die Menſchen Koͤrper ſo verſchlungen,
Daß ſie zulezt in Nichts vergehn.
Es werden unſre Haut und Knochen
Von Moder angefault, zerbrochen,
Zermalmt, verwandelt, und zerſtoͤhrt;
Es mag derſelbe in den Jahren
Bald hie bald da zerſtreut, hinfahren,
So wird er dennoch nicht, ins vorge Nichts
verkehrt.
Geſezt
L 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/177 |
Zitationshilfe: | Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/177>, abgerufen am 22.06.2024. |