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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.

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mit ihren künstlichen Geweben.
Man wird am Unterbauch der Spinnen Eiter sehn,
Die fünffe an der Zahl, woraus viel kleine gehn,
Die öfnen, schliessen sie nach ihren Lust und Willen,
Daraus ein klebricht Naß und dikke Säfte quillen,
Womit sie angefüllt. Gehn die Sprizlöcher auf,
So rinnt daraus der Saft; dann eilt sie fort im Lauf
Und zieht den Faden nach, der aus dem Saft entstehet,
Denn sie erst fest gemacht, und immer länger drehet
Bis sie die Eiter schliest. Jst diese wieder zu,
So hat sie dennoch nicht von ihrer Arbeit Ruh;
So bleibet sie dennoch an diesen Faden hängen,
Steigt immer höher auf, bis sie durch das Ver-
mengen

Ein dünn Gewebe macht, daß wie ein Räuber Nest,
Wenn man es recht beschaut in unsern Augen läßt.
Es ist dasselbige recht listig angeleget,
Wenn man denn innren Theil allwo sie liegt, erweget.
Wer hat ihr das gelehrt, daß sie so nach der Kunst,
Den Faden drehen kan: damit der dünne Dunst
So woll gestrikket sey? Wir müssen eingestehen,
Daß dieses alles so durch die Natur geschehen.
Allein was heist Natur, und ihr verborgner Zug,
Der eine Spinne treibt, daß sie so listig klug?
Mir deucht wir können hier ein ewig weises Wesen,
Der ihr dies eingeprägt, in klaren Zügen lesen.
Man sehe nur einmahl der Spinnen Handlung an,
Die man nicht gnug besehn, nicht gnug bewundern
kan.

Sie sieht den Plaz sich aus in dies und jene Ekken,
Ein Raubnest aufzubaun, darin sich zu verstekken.
Die Eiter öfnet sich, es fliest ein Tropfen fort,
Der klebet sich so gleich an den bestimmten Ort,
Dann geht sie weiter hin und läst das Sprüzloch
fliessen,

So
mit ihren kuͤnſtlichen Geweben.
Man wird am Unterbauch der Spinnen Eiter ſehn,
Die fuͤnffe an der Zahl, woraus viel kleine gehn,
Die oͤfnen, ſchlieſſen ſie nach ihren Luſt und Willen,
Daraus ein klebricht Naß und dikke Saͤfte quillen,
Womit ſie angefuͤllt. Gehn die Sprizloͤcher auf,
So rinnt daraus der Saft; dann eilt ſie fort im Lauf
Und zieht den Faden nach, der aus dem Saft entſtehet,
Denn ſie erſt feſt gemacht, und immer laͤnger drehet
Bis ſie die Eiter ſchlieſt. Jſt dieſe wieder zu,
So hat ſie dennoch nicht von ihrer Arbeit Ruh;
So bleibet ſie dennoch an dieſen Faden haͤngen,
Steigt immer hoͤher auf, bis ſie durch das Ver-
mengen

Ein duͤnn Gewebe macht, daß wie ein Raͤuber Neſt,
Wenn man es recht beſchaut in unſern Augen laͤßt.
Es iſt daſſelbige recht liſtig angeleget,
Wenn man denn innren Theil allwo ſie liegt, erweget.
Wer hat ihr das gelehrt, daß ſie ſo nach der Kunſt,
Den Faden drehen kan: damit der duͤnne Dunſt
So woll geſtrikket ſey? Wir muͤſſen eingeſtehen,
Daß dieſes alles ſo durch die Natur geſchehen.
Allein was heiſt Natur, und ihr verborgner Zug,
Der eine Spinne treibt, daß ſie ſo liſtig klug?
Mir deucht wir koͤnnen hier ein ewig weiſes Weſen,
Der ihr dies eingepraͤgt, in klaren Zuͤgen leſen.
Man ſehe nur einmahl der Spinnen Handlung an,
Die man nicht gnug beſehn, nicht gnug bewundern
kan.

Sie ſieht den Plaz ſich aus in dies und jene Ekken,
Ein Raubneſt aufzubaun, darin ſich zu verſtekken.
Die Eiter oͤfnet ſich, es flieſt ein Tropfen fort,
Der klebet ſich ſo gleich an den beſtimmten Ort,
Dann geht ſie weiter hin und laͤſt das Spruͤzloch
flieſſen,

So
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[141/0153] mit ihren kuͤnſtlichen Geweben. Man wird am Unterbauch der Spinnen Eiter ſehn, Die fuͤnffe an der Zahl, woraus viel kleine gehn, Die oͤfnen, ſchlieſſen ſie nach ihren Luſt und Willen, Daraus ein klebricht Naß und dikke Saͤfte quillen, Womit ſie angefuͤllt. Gehn die Sprizloͤcher auf, So rinnt daraus der Saft; dann eilt ſie fort im Lauf Und zieht den Faden nach, der aus dem Saft entſtehet, Denn ſie erſt feſt gemacht, und immer laͤnger drehet Bis ſie die Eiter ſchlieſt. Jſt dieſe wieder zu, So hat ſie dennoch nicht von ihrer Arbeit Ruh; So bleibet ſie dennoch an dieſen Faden haͤngen, Steigt immer hoͤher auf, bis ſie durch das Ver- mengen Ein duͤnn Gewebe macht, daß wie ein Raͤuber Neſt, Wenn man es recht beſchaut in unſern Augen laͤßt. Es iſt daſſelbige recht liſtig angeleget, Wenn man denn innren Theil allwo ſie liegt, erweget. Wer hat ihr das gelehrt, daß ſie ſo nach der Kunſt, Den Faden drehen kan: damit der duͤnne Dunſt So woll geſtrikket ſey? Wir muͤſſen eingeſtehen, Daß dieſes alles ſo durch die Natur geſchehen. Allein was heiſt Natur, und ihr verborgner Zug, Der eine Spinne treibt, daß ſie ſo liſtig klug? Mir deucht wir koͤnnen hier ein ewig weiſes Weſen, Der ihr dies eingepraͤgt, in klaren Zuͤgen leſen. Man ſehe nur einmahl der Spinnen Handlung an, Die man nicht gnug beſehn, nicht gnug bewundern kan. Sie ſieht den Plaz ſich aus in dies und jene Ekken, Ein Raubneſt aufzubaun, darin ſich zu verſtekken. Die Eiter oͤfnet ſich, es flieſt ein Tropfen fort, Der klebet ſich ſo gleich an den beſtimmten Ort, Dann geht ſie weiter hin und laͤſt das Spruͤzloch flieſſen, So

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/153>, abgerufen am 22.11.2024.