Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
Die künstliche Spinne
Durch dieser Augen Zahl, wird jeder Gegenstand,
Von einer jeden Seit, der Spinne gleich bekannt.
Wer merket hieraus nicht, zu ihres Schöpfers
Preise,

Daß der der sie gemacht, sey mächtig, herrlich,
weise?

Am Vorderkopf wird man zwei Stacheln auch ge-
wahr

Wie Sägen ausgehakt, die wie ein dünnes Haar,
Und dennoch wol geschärft, als wie ein Mordge-
wehre,

Und wenn sie ausgestrekt, sind sie wie eine Scheere,
An deren jeden Spiz sich eine Klaue zeigt,
Die sich wie eine Kling an einem Messer beugt
Wenns eingeschlagen wird. Und unter diesen Spiz-
zen,

Zeigt eine Oefnung sich draus ihre Gifte sprizzen.
Man siehet dieses zwar als Kleinigkeiten an,
Allein wer nur bedenkt, der dieses schaffen kan
Der muß ein Wesen seyn, das vieles überdenket,
Wenns ein so kleines Werk so schön zusammen
schränket.

Der Füsse hat sie acht, damit sie sich stets schwenkt,
Und diese sind auch schön, nach ihren Zwek gelenkt,
Sie sind am Ende krum, woran dreifache Klauen,
Die gleich beweglich sind, wie Nägel anzuschauen.
Ein Nagel ist sehr klein, sieht aus, als wie ein Horn,
Und wie am Hahnen Fuß ein krum gebogner Sporn,
Damit hält sie sich fest, an ihren dünnen Kün-
sten,

Jch meine an den Zart verworrenen Gespinsten.
Die andren Klauen sind, mit Zakken stark ver-
sehn,

Durch deren Hülfe sie im Hängen leicht fortgehn,
Die
Die kuͤnſtliche Spinne
Durch dieſer Augen Zahl, wird jeder Gegenſtand,
Von einer jeden Seit, der Spinne gleich bekannt.
Wer merket hieraus nicht, zu ihres Schoͤpfers
Preiſe,

Daß der der ſie gemacht, ſey maͤchtig, herrlich,
weiſe?

Am Vorderkopf wird man zwei Stacheln auch ge-
wahr

Wie Saͤgen ausgehakt, die wie ein duͤnnes Haar,
Und dennoch wol geſchaͤrft, als wie ein Mordge-
wehre,

Und wenn ſie ausgeſtrekt, ſind ſie wie eine Scheere,
An deren jeden Spiz ſich eine Klaue zeigt,
Die ſich wie eine Kling an einem Meſſer beugt
Wenns eingeſchlagen wird. Und unter dieſen Spiz-
zen,

Zeigt eine Oefnung ſich draus ihre Gifte ſprizzen.
Man ſiehet dieſes zwar als Kleinigkeiten an,
Allein wer nur bedenkt, der dieſes ſchaffen kan
Der muß ein Weſen ſeyn, das vieles uͤberdenket,
Wenns ein ſo kleines Werk ſo ſchoͤn zuſammen
ſchraͤnket.

Der Fuͤſſe hat ſie acht, damit ſie ſich ſtets ſchwenkt,
Und dieſe ſind auch ſchoͤn, nach ihren Zwek gelenkt,
Sie ſind am Ende krum, woran dreifache Klauen,
Die gleich beweglich ſind, wie Naͤgel anzuſchauen.
Ein Nagel iſt ſehr klein, ſieht aus, als wie ein Horn,
Und wie am Hahnen Fuß ein krum gebogner Sporn,
Damit haͤlt ſie ſich feſt, an ihren duͤnnen Kuͤn-
ſten,

Jch meine an den Zart verworrenen Geſpinſten.
Die andren Klauen ſind, mit Zakken ſtark ver-
ſehn,

Durch deren Huͤlfe ſie im Haͤngen leicht fortgehn,
Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0150" n="138"/>
          <fw place="top" type="header">Die ku&#x0364;n&#x017F;tliche Spinne</fw><lb/>
          <l>Durch die&#x017F;er Augen Zahl, wird jeder Gegen&#x017F;tand,</l><lb/>
          <l>Von einer jeden Seit, der Spinne gleich bekannt.</l><lb/>
          <l>Wer merket hieraus nicht, zu ihres Scho&#x0364;pfers<lb/><hi rendition="#et">Prei&#x017F;e,</hi></l><lb/>
          <l>Daß der der &#x017F;ie gemacht, &#x017F;ey ma&#x0364;chtig, herrlich,<lb/><hi rendition="#et">wei&#x017F;e?</hi></l><lb/>
          <l>Am Vorderkopf wird man zwei Stacheln auch ge-<lb/><hi rendition="#et">wahr</hi></l><lb/>
          <l>Wie Sa&#x0364;gen ausgehakt, die wie ein du&#x0364;nnes Haar,</l><lb/>
          <l>Und dennoch wol ge&#x017F;cha&#x0364;rft, als wie ein Mordge-<lb/><hi rendition="#et">wehre,</hi></l><lb/>
          <l>Und wenn &#x017F;ie ausge&#x017F;trekt, &#x017F;ind &#x017F;ie wie eine Scheere,</l><lb/>
          <l>An deren jeden Spiz &#x017F;ich eine Klaue zeigt,</l><lb/>
          <l>Die &#x017F;ich wie eine Kling an einem Me&#x017F;&#x017F;er beugt</l><lb/>
          <l>Wenns einge&#x017F;chlagen wird. Und unter die&#x017F;en Spiz-<lb/><hi rendition="#et">zen,</hi></l><lb/>
          <l>Zeigt eine Oefnung &#x017F;ich draus ihre Gifte &#x017F;prizzen.</l><lb/>
          <l>Man &#x017F;iehet die&#x017F;es zwar als Kleinigkeiten an,</l><lb/>
          <l>Allein wer nur bedenkt, der die&#x017F;es &#x017F;chaffen kan</l><lb/>
          <l>Der muß ein We&#x017F;en &#x017F;eyn, das vieles u&#x0364;berdenket,</l><lb/>
          <l>Wenns ein &#x017F;o kleines Werk &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n zu&#x017F;ammen<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chra&#x0364;nket.</hi></l><lb/>
          <l>Der Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e hat &#x017F;ie acht, damit &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;tets &#x017F;chwenkt,</l><lb/>
          <l>Und die&#x017F;e &#x017F;ind auch &#x017F;cho&#x0364;n, nach ihren Zwek gelenkt,</l><lb/>
          <l>Sie &#x017F;ind am Ende krum, woran dreifache Klauen,</l><lb/>
          <l>Die gleich beweglich &#x017F;ind, wie Na&#x0364;gel anzu&#x017F;chauen.</l><lb/>
          <l>Ein Nagel i&#x017F;t &#x017F;ehr klein, &#x017F;ieht aus, als wie ein Horn,</l><lb/>
          <l>Und wie am Hahnen Fuß ein krum gebogner Sporn,</l><lb/>
          <l>Damit ha&#x0364;lt &#x017F;ie &#x017F;ich fe&#x017F;t, an ihren du&#x0364;nnen Ku&#x0364;n-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ten,</hi></l><lb/>
          <l>Jch meine an den Zart verworrenen Ge&#x017F;pin&#x017F;ten.</l><lb/>
          <l>Die andren Klauen &#x017F;ind, mit Zakken &#x017F;tark ver-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ehn,</hi></l><lb/>
          <l>Durch deren Hu&#x0364;lfe &#x017F;ie im Ha&#x0364;ngen leicht fortgehn,</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0150] Die kuͤnſtliche Spinne Durch dieſer Augen Zahl, wird jeder Gegenſtand, Von einer jeden Seit, der Spinne gleich bekannt. Wer merket hieraus nicht, zu ihres Schoͤpfers Preiſe, Daß der der ſie gemacht, ſey maͤchtig, herrlich, weiſe? Am Vorderkopf wird man zwei Stacheln auch ge- wahr Wie Saͤgen ausgehakt, die wie ein duͤnnes Haar, Und dennoch wol geſchaͤrft, als wie ein Mordge- wehre, Und wenn ſie ausgeſtrekt, ſind ſie wie eine Scheere, An deren jeden Spiz ſich eine Klaue zeigt, Die ſich wie eine Kling an einem Meſſer beugt Wenns eingeſchlagen wird. Und unter dieſen Spiz- zen, Zeigt eine Oefnung ſich draus ihre Gifte ſprizzen. Man ſiehet dieſes zwar als Kleinigkeiten an, Allein wer nur bedenkt, der dieſes ſchaffen kan Der muß ein Weſen ſeyn, das vieles uͤberdenket, Wenns ein ſo kleines Werk ſo ſchoͤn zuſammen ſchraͤnket. Der Fuͤſſe hat ſie acht, damit ſie ſich ſtets ſchwenkt, Und dieſe ſind auch ſchoͤn, nach ihren Zwek gelenkt, Sie ſind am Ende krum, woran dreifache Klauen, Die gleich beweglich ſind, wie Naͤgel anzuſchauen. Ein Nagel iſt ſehr klein, ſieht aus, als wie ein Horn, Und wie am Hahnen Fuß ein krum gebogner Sporn, Damit haͤlt ſie ſich feſt, an ihren duͤnnen Kuͤn- ſten, Jch meine an den Zart verworrenen Geſpinſten. Die andren Klauen ſind, mit Zakken ſtark ver- ſehn, Durch deren Huͤlfe ſie im Haͤngen leicht fortgehn, Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/150
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/150>, abgerufen am 28.04.2024.