Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.an einem Kornhalm. Wenn man dies mit Vernunft erweget; so zeiget sichein GOtt daran, Weil weder Sonne, Luft und Erde, ihn von sich selbst nicht bilden kan. Wer solte, wenn wirs nicht gesehen, woll dies als eine Warheit gläuben Es könne ein so kleiner Saame, aus sich so langen Halmen treiben? Man sieht des Allerhöchsten Wunder, wenn man mit Achtsamkeit bedenkt, Wie er sich auf dem schwanken Fusse, so steif zu seiner Höhe lenkt, Wie künstlich er ist ausgehölet; wie sich dadurch die Säfte seigen, Die durch der Wurzeln hohle Spizzen, zwar un- sichtbahr, doch würklich steigen, Jn seiner Röhre circuliren, bis daß die Aehre draus entsteht, Die sich mit allen ihren Theilen, gleich einen Kopf darauf erhöht. Hier äusert sich vor unsern Augen, ein Allmachts- volles weises Walten, Wenn man vernünftig überdenket, wie er die Aeh- re könne halten, Die von der Körner Last beschweret, daß dadurch nicht der Halm zerknikt, Weil ihn die Aehre durchs Gewichte der vielen Kör- ner niederdrükt. Der Schöpfer hat aus weisen Gründen, den Halm mit Knoten fest versehn, Damit er, wenn er wird beschweret, dennoch kan immer aufrecht stehn, Die Knoten sind wie starke Bande, die sich jemehr die Körner reiffen Je- H 4
an einem Kornhalm. Wenn man dies mit Vernunft erweget; ſo zeiget ſichein GOtt daran, Weil weder Sonne, Luft und Erde, ihn von ſich ſelbſt nicht bilden kan. Wer ſolte, wenn wirs nicht geſehen, woll dies als eine Warheit glaͤuben Es koͤnne ein ſo kleiner Saame, aus ſich ſo langen Halmen treiben? Man ſieht des Allerhoͤchſten Wunder, wenn man mit Achtſamkeit bedenkt, Wie er ſich auf dem ſchwanken Fuſſe, ſo ſteif zu ſeiner Hoͤhe lenkt, Wie kuͤnſtlich er iſt ausgehoͤlet; wie ſich dadurch die Saͤfte ſeigen, Die durch der Wurzeln hohle Spizzen, zwar un- ſichtbahr, doch wuͤrklich ſteigen, Jn ſeiner Roͤhre circuliren, bis daß die Aehre draus entſteht, Die ſich mit allen ihren Theilen, gleich einen Kopf darauf erhoͤht. Hier aͤuſert ſich vor unſern Augen, ein Allmachts- volles weiſes Walten, Wenn man vernuͤnftig uͤberdenket, wie er die Aeh- re koͤnne halten, Die von der Koͤrner Laſt beſchweret, daß dadurch nicht der Halm zerknikt, Weil ihn die Aehre durchs Gewichte der vielen Koͤr- ner niederdruͤkt. Der Schoͤpfer hat aus weiſen Gruͤnden, den Halm mit Knoten feſt verſehn, Damit er, wenn er wird beſchweret, dennoch kan immer aufrecht ſtehn, Die Knoten ſind wie ſtarke Bande, die ſich jemehr die Koͤrner reiffen Je- H 4
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an einem Kornhalm.
Wenn man dies mit Vernunft erweget; ſo zeiget ſich
ein GOtt daran,
Weil weder Sonne, Luft und Erde, ihn von ſich
ſelbſt nicht bilden kan.
Wer ſolte, wenn wirs nicht geſehen, woll dies als
eine Warheit glaͤuben
Es koͤnne ein ſo kleiner Saame, aus ſich ſo langen
Halmen treiben?
Man ſieht des Allerhoͤchſten Wunder, wenn man
mit Achtſamkeit bedenkt,
Wie er ſich auf dem ſchwanken Fuſſe, ſo ſteif zu
ſeiner Hoͤhe lenkt,
Wie kuͤnſtlich er iſt ausgehoͤlet; wie ſich dadurch
die Saͤfte ſeigen,
Die durch der Wurzeln hohle Spizzen, zwar un-
ſichtbahr, doch wuͤrklich ſteigen,
Jn ſeiner Roͤhre circuliren, bis daß die Aehre draus
entſteht,
Die ſich mit allen ihren Theilen, gleich einen Kopf
darauf erhoͤht.
Hier aͤuſert ſich vor unſern Augen, ein Allmachts-
volles weiſes Walten,
Wenn man vernuͤnftig uͤberdenket, wie er die Aeh-
re koͤnne halten,
Die von der Koͤrner Laſt beſchweret, daß dadurch
nicht der Halm zerknikt,
Weil ihn die Aehre durchs Gewichte der vielen Koͤr-
ner niederdruͤkt.
Der Schoͤpfer hat aus weiſen Gruͤnden, den Halm
mit Knoten feſt verſehn,
Damit er, wenn er wird beſchweret, dennoch kan
immer aufrecht ſtehn,
Die Knoten ſind wie ſtarke Bande, die ſich jemehr
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