Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.Die weise Güte GOttes Den sie vorhin verfolgt, gehaßt den müssen sie mitEhrfurcht lieben, Den sie vorhin in Noth gebracht, der muß sie wie- derum betrüben. Seht das Vergeltungsrecht des Höchsten, der Bru- der muste sich verstelln, Sie mit Gefangenschaft bedrohen; da musten sie das Urtheil fälln, (*) Das haben wir dadurch verdient, daß wir den Bruder liessen quälen Als wir mit falscher Lust ansahn, die Küm- mernissen seiner Seelen. Doch endlich brach sein liebreich Herze, das von ge- heimen Seufzern wund, Er machte sich mit Freuden-Thränen, als der ver- lohrne Joseph kund, Und zeigte wie des Höchsten Wink, zum Guten alles weiß zu lenken, Wenn Menschen in der argen Welt, mit List auf lauter Böses denken; Der alte Jaeob der von Kummer, und vielen Jah- ren matt gedrükt, Sieht den gefundnen Joseph wieder, wird durch sein Angesicht erquikt, Und lebt gleichsam von neuen auf, da er vorher mit grauen Haaren, Die Sorge, Furcht und Schmerz gebleicht, ge- wünschet in sein Grab zu fahren. Jhr die ihr euch so leicht verirret, wenn ihr ver- nünftig überdenkt, Wie der Erhalter aller Dinge, des Schiksals krum- me Spheren lenkt; Erwegt wie doch der Ausgang zeigt, daß er kein Freund der bösen Sachen, Viel- (*) 1 Mos. 42, 21.
Die weiſe Guͤte GOttes Den ſie vorhin verfolgt, gehaßt den muͤſſen ſie mitEhrfurcht lieben, Den ſie vorhin in Noth gebracht, der muß ſie wie- derum betruͤben. Seht das Vergeltungsrecht des Hoͤchſten, der Bru- der muſte ſich verſtelln, Sie mit Gefangenſchaft bedrohen; da muſten ſie das Urtheil faͤlln, (*) Das haben wir dadurch verdient, daß wir den Bruder lieſſen quaͤlen Als wir mit falſcher Luſt anſahn, die Kuͤm- merniſſen ſeiner Seelen. Doch endlich brach ſein liebreich Herze, das von ge- heimen Seufzern wund, Er machte ſich mit Freuden-Thraͤnen, als der ver- lohrne Joſeph kund, Und zeigte wie des Hoͤchſten Wink, zum Guten alles weiß zu lenken, Wenn Menſchen in der argen Welt, mit Liſt auf lauter Boͤſes denken; Der alte Jaeob der von Kummer, und vielen Jah- ren matt gedruͤkt, Sieht den gefundnen Joſeph wieder, wird durch ſein Angeſicht erquikt, Und lebt gleichſam von neuen auf, da er vorher mit grauen Haaren, Die Sorge, Furcht und Schmerz gebleicht, ge- wuͤnſchet in ſein Grab zu fahren. Jhr die ihr euch ſo leicht verirret, wenn ihr ver- nuͤnftig uͤberdenkt, Wie der Erhalter aller Dinge, des Schikſals krum- me Spheren lenkt; Erwegt wie doch der Ausgang zeigt, daß er kein Freund der boͤſen Sachen, Viel- (*) 1 Moſ. 42, 21.
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Die weiſe Guͤte GOttes
Den ſie vorhin verfolgt, gehaßt den muͤſſen ſie mit
Ehrfurcht lieben,
Den ſie vorhin in Noth gebracht, der muß ſie wie-
derum betruͤben.
Seht das Vergeltungsrecht des Hoͤchſten, der Bru-
der muſte ſich verſtelln,
Sie mit Gefangenſchaft bedrohen; da muſten ſie
das Urtheil faͤlln,
(*) Das haben wir dadurch verdient, daß
wir den Bruder lieſſen quaͤlen
Als wir mit falſcher Luſt anſahn, die Kuͤm-
merniſſen ſeiner Seelen.
Doch endlich brach ſein liebreich Herze, das von ge-
heimen Seufzern wund,
Er machte ſich mit Freuden-Thraͤnen, als der ver-
lohrne Joſeph kund,
Und zeigte wie des Hoͤchſten Wink, zum Guten
alles weiß zu lenken,
Wenn Menſchen in der argen Welt, mit Liſt auf
lauter Boͤſes denken;
Der alte Jaeob der von Kummer, und vielen Jah-
ren matt gedruͤkt,
Sieht den gefundnen Joſeph wieder, wird durch
ſein Angeſicht erquikt,
Und lebt gleichſam von neuen auf, da er vorher
mit grauen Haaren,
Die Sorge, Furcht und Schmerz gebleicht, ge-
wuͤnſchet in ſein Grab zu fahren.
Jhr die ihr euch ſo leicht verirret, wenn ihr ver-
nuͤnftig uͤberdenkt,
Wie der Erhalter aller Dinge, des Schikſals krum-
me Spheren lenkt;
Erwegt wie doch der Ausgang zeigt, daß er kein
Freund der boͤſen Sachen,
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