Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.Die künstlichen Laubblätter. Das die ungezählte Zahl derer Blätter, ja ein BlatMit besonderer Figur, uns zur Lust gebildet hat, Damit wir in allen sehn, wie die Werke seiner Hände, Sichtbahr diese Warheit lehrn: GOttes Macht ist oh- ne Ende. Denn der Kreaturen Meng, ihre Unterschiedenheit, Jst ein abgedrüktes Bild göttlicher Unentlichkeit. Da man mit Bewundrung sieht, wie in derer Blät- ter Zügen Bildungs Zeichen seiner Kunst, die da unerforschlich, liegen. Aus was Ursach dieser Baum mit gespitzten Blättern prangt, Da ein anderer von GOtt Dekken runder Form erlangt Jst woll schwerlich einzusehn, da des ewgen Schöp- fers Wissen Jhre Form zum Nutz der Frucht die sie nähren, ab- gerissen. Und wie jedes Blats Figur, was besonders an sich trägt, So verändert ist das Grün, wenn man ihre Farb erwegt: Abermahl ein neuer Grund, der uns zu der Weis- heit leitet Die die Zeichnung und die Zier dieses Kunst Ge- schöpfs bereitet. Welch verborgner Pinsel Zug hat die Blätter so ge- mahlt Daß ein jedes uns ins Aug mit smaragdnen Glan- ze strahlt: Der hie in das Dunkle fällt, da mit lichten Schim- mer scheinet, Und so manche neue Art in ein einzig Grün vereinet. Welch
Die kuͤnſtlichen Laubblaͤtter. Das die ungezaͤhlte Zahl derer Blaͤtter, ja ein BlatMit beſonderer Figur, uns zur Luſt gebildet hat, Damit wir in allen ſehn, wie die Werke ſeiner Haͤnde, Sichtbahr dieſe Warheit lehrn: GOttes Macht iſt oh- ne Ende. Denn der Kreaturen Meng, ihre Unterſchiedenheit, Jſt ein abgedruͤktes Bild goͤttlicher Unentlichkeit. Da man mit Bewundrung ſieht, wie in derer Blaͤt- ter Zuͤgen Bildungs Zeichen ſeiner Kunſt, die da unerforſchlich, liegen. Aus was Urſach dieſer Baum mit geſpitzten Blaͤttern prangt, Da ein anderer von GOtt Dekken runder Form erlangt Jſt woll ſchwerlich einzuſehn, da des ewgen Schoͤp- fers Wiſſen Jhre Form zum Nutz der Frucht die ſie naͤhren, ab- geriſſen. Und wie jedes Blats Figur, was beſonders an ſich traͤgt, So veraͤndert iſt das Gruͤn, wenn man ihre Farb erwegt: Abermahl ein neuer Grund, der uns zu der Weis- heit leitet Die die Zeichnung und die Zier dieſes Kunſt Ge- ſchoͤpfs bereitet. Welch verborgner Pinſel Zug hat die Blaͤtter ſo ge- mahlt Daß ein jedes uns ins Aug mit ſmaragdnen Glan- ze ſtrahlt: Der hie in das Dunkle faͤllt, da mit lichten Schim- mer ſcheinet, Und ſo manche neue Art in ein einzig Gruͤn vereinet. Welch
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Die kuͤnſtlichen Laubblaͤtter.
Das die ungezaͤhlte Zahl derer Blaͤtter, ja ein Blat
Mit beſonderer Figur, uns zur Luſt gebildet hat,
Damit wir in allen ſehn, wie die Werke ſeiner Haͤnde,
Sichtbahr dieſe Warheit lehrn: GOttes Macht iſt oh-
ne Ende.
Denn der Kreaturen Meng, ihre Unterſchiedenheit,
Jſt ein abgedruͤktes Bild goͤttlicher Unentlichkeit.
Da man mit Bewundrung ſieht, wie in derer Blaͤt-
ter Zuͤgen
Bildungs Zeichen ſeiner Kunſt, die da unerforſchlich,
liegen.
Aus was Urſach dieſer Baum mit geſpitzten Blaͤttern
prangt,
Da ein anderer von GOtt Dekken runder Form
erlangt
Jſt woll ſchwerlich einzuſehn, da des ewgen Schoͤp-
fers Wiſſen
Jhre Form zum Nutz der Frucht die ſie naͤhren, ab-
geriſſen.
Und wie jedes Blats Figur, was beſonders an ſich
traͤgt,
So veraͤndert iſt das Gruͤn, wenn man ihre Farb
erwegt:
Abermahl ein neuer Grund, der uns zu der Weis-
heit leitet
Die die Zeichnung und die Zier dieſes Kunſt Ge-
ſchoͤpfs bereitet.
Welch verborgner Pinſel Zug hat die Blaͤtter ſo ge-
mahlt
Daß ein jedes uns ins Aug mit ſmaragdnen Glan-
ze ſtrahlt:
Der hie in das Dunkle faͤllt, da mit lichten Schim-
mer ſcheinet,
Und ſo manche neue Art in ein einzig Gruͤn vereinet.
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