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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.

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Die Weisheit GOttes
Bewundrer der Natur! die ihr die Gärten baut,
Und Blumen mancher Art zu eurer Lust anschaut,
Jhr merkt bei ieder Blum, an Farb und an Gestal-
ten,
Daß sie dem äusren Schein, auch nicht stets gleich
zu halten.
Jhr findet, daß die Hand, die alles hat gemacht,
Jn eine iede Art auch neuen Schmuk gebracht:
Die eine blüht im Roth, und ist doch weis gerän-
dert,
Die andre wiederum getüpfelt und verändert;
Die eine ist gezakt, die andere ist rund,
Die eine ist gestricht, die andere ist bunt,
So wunderbar gesprengt, daß wir in einen Garten,
Jn neuer Aenderung, stets finden neue Arten.
Wenn ich dies alles seh; so denk ich oft dabei,
Warum in der Natur es so verändert sei.
Warum der Schöpfer uns, zum Unterhalt im Le-
ben,
So viel und mancherlei, zu unserm Nuz gegeben?
Mir deucht des Schöpfers Güt hat uns dadurch
gezeigt,
Daß seine Vaterhuld den Kindern recht geneigt,
Da er so mancherlei dem Menschen vorgesezzet,
Das zur Erhaltung dient, das ihren Sinn ergözzet.
Die Weisheit hat darum, so vieles vorgelegt,
Daß wenn wir ein Geschöpf zu seinem Preis er-
wegt,
Wir wieder andre sehn, die uns zu gleichen Pflich-
ten,
Des Schöpfers weise Macht und Gütigkeit berich-
ten;
Sonst würden wir gar bald uns daran müde sehn,
Wenn nicht die Neubegier könt immer weiter gehn.
Sonst
Die Weisheit GOttes
Bewundrer der Natur! die ihr die Gaͤrten baut,
Und Blumen mancher Art zu eurer Luſt anſchaut,
Jhr merkt bei ieder Blum, an Farb und an Geſtal-
ten,
Daß ſie dem aͤuſren Schein, auch nicht ſtets gleich
zu halten.
Jhr findet, daß die Hand, die alles hat gemacht,
Jn eine iede Art auch neuen Schmuk gebracht:
Die eine bluͤht im Roth, und iſt doch weis geraͤn-
dert,
Die andre wiederum getuͤpfelt und veraͤndert;
Die eine iſt gezakt, die andere iſt rund,
Die eine iſt geſtricht, die andere iſt bunt,
So wunderbar geſprengt, daß wir in einen Garten,
Jn neuer Aenderung, ſtets finden neue Arten.
Wenn ich dies alles ſeh; ſo denk ich oft dabei,
Warum in der Natur es ſo veraͤndert ſei.
Warum der Schoͤpfer uns, zum Unterhalt im Le-
ben,
So viel und mancherlei, zu unſerm Nuz gegeben?
Mir deucht des Schoͤpfers Guͤt hat uns dadurch
gezeigt,
Daß ſeine Vaterhuld den Kindern recht geneigt,
Da er ſo mancherlei dem Menſchen vorgeſezzet,
Das zur Erhaltung dient, das ihren Sinn ergoͤzzet.
Die Weisheit hat darum, ſo vieles vorgelegt,
Daß wenn wir ein Geſchoͤpf zu ſeinem Preis er-
wegt,
Wir wieder andre ſehn, die uns zu gleichen Pflich-
ten,
Des Schoͤpfers weiſe Macht und Guͤtigkeit berich-
ten;
Sonſt wuͤrden wir gar bald uns daran muͤde ſehn,
Wenn nicht die Neubegier koͤnt immer weiter gehn.
Sonſt
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[228/0244] Die Weisheit GOttes Bewundrer der Natur! die ihr die Gaͤrten baut, Und Blumen mancher Art zu eurer Luſt anſchaut, Jhr merkt bei ieder Blum, an Farb und an Geſtal- ten, Daß ſie dem aͤuſren Schein, auch nicht ſtets gleich zu halten. Jhr findet, daß die Hand, die alles hat gemacht, Jn eine iede Art auch neuen Schmuk gebracht: Die eine bluͤht im Roth, und iſt doch weis geraͤn- dert, Die andre wiederum getuͤpfelt und veraͤndert; Die eine iſt gezakt, die andere iſt rund, Die eine iſt geſtricht, die andere iſt bunt, So wunderbar geſprengt, daß wir in einen Garten, Jn neuer Aenderung, ſtets finden neue Arten. Wenn ich dies alles ſeh; ſo denk ich oft dabei, Warum in der Natur es ſo veraͤndert ſei. Warum der Schoͤpfer uns, zum Unterhalt im Le- ben, So viel und mancherlei, zu unſerm Nuz gegeben? Mir deucht des Schoͤpfers Guͤt hat uns dadurch gezeigt, Daß ſeine Vaterhuld den Kindern recht geneigt, Da er ſo mancherlei dem Menſchen vorgeſezzet, Das zur Erhaltung dient, das ihren Sinn ergoͤzzet. Die Weisheit hat darum, ſo vieles vorgelegt, Daß wenn wir ein Geſchoͤpf zu ſeinem Preis er- wegt, Wir wieder andre ſehn, die uns zu gleichen Pflich- ten, Des Schoͤpfers weiſe Macht und Guͤtigkeit berich- ten; Sonſt wuͤrden wir gar bald uns daran muͤde ſehn, Wenn nicht die Neubegier koͤnt immer weiter gehn. Sonſt

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747/244>, abgerufen am 06.05.2024.