Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.Vorrede. Es ist dieses in so ferne ein unschuldiges Ver-gnügen, wenn man erweget, was vor Kunst- striche, Mischungen lieblicher Farben auf de- nen Blumenblättern anzutreffen: Aber bei der Kreatur allein stehen bleiben, und nie- mahls dabei mit Andacht an den Schöpfer derselben gedenken, seine Augen beständig auf das Geschöpfe richten und niemahls auf dem Schöpfer zurük schlagen, ist unbillig, und auch gewissermassen sündlich. Alsdenn ist es blos eine sinnliche Wollust, da einer nur um sein selbst willen und um seine Neigun- gen zu stillen, auf die Werke des HErrn Acht hat. Wenn wir zum Preise des Schöpfers ein irdisches Vergnügen an den Kreaturen suchen; so müssen wir dieselbi- gen zum natürlichen Erkenntnis GOttes und seiner Eigenschafften gebrauchen. Wir müssen uns angewöhnen, durch die sinnli- chen Empfindungen in unsrer Seele andäch- tige Regungen zu erwekken. Wenn wir was herrliches sehen und hören, so müssen wir dabei die Allmacht, Güte und Weis- heit GOttes erwegen, welche darin abge- drükket. Wenn wir auf den lieblichen Ge- sang der Singe-Vögel merken: so müssen wir dadurch uns zum Schöpfer führen las- sen, der in eine so zarte Kehle so durchdrin- gende Thöne gesenket, und uns dabei erin- nern, daß sie uns gleichsam zum Lobe GOt-
Vorrede. Es iſt dieſes in ſo ferne ein unſchuldiges Ver-gnuͤgen, wenn man erweget, was vor Kunſt- ſtriche, Miſchungen lieblicher Farben auf de- nen Blumenblaͤttern anzutreffen: Aber bei der Kreatur allein ſtehen bleiben, und nie- mahls dabei mit Andacht an den Schoͤpfer derſelben gedenken, ſeine Augen beſtaͤndig auf das Geſchoͤpfe richten und niemahls auf dem Schoͤpfer zuruͤk ſchlagen, iſt unbillig, und auch gewiſſermaſſen ſuͤndlich. Alsdenn iſt es blos eine ſinnliche Wolluſt, da einer nur um ſein ſelbſt willen und um ſeine Neigun- gen zu ſtillen, auf die Werke des HErrn Acht hat. Wenn wir zum Preiſe des Schoͤpfers ein irdiſches Vergnuͤgen an den Kreaturen ſuchen; ſo muͤſſen wir dieſelbi- gen zum natuͤrlichen Erkenntnis GOttes und ſeiner Eigenſchafften gebrauchen. Wir muͤſſen uns angewoͤhnen, durch die ſinnli- chen Empfindungen in unſrer Seele andaͤch- tige Regungen zu erwekken. Wenn wir was herrliches ſehen und hoͤren, ſo muͤſſen wir dabei die Allmacht, Guͤte und Weis- heit GOttes erwegen, welche darin abge- druͤkket. Wenn wir auf den lieblichen Ge- ſang der Singe-Voͤgel merken: ſo muͤſſen wir dadurch uns zum Schoͤpfer fuͤhren laſ- ſen, der in eine ſo zarte Kehle ſo durchdrin- gende Thoͤne geſenket, und uns dabei erin- nern, daß ſie uns gleichſam zum Lobe GOt-
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Vorrede.
Es iſt dieſes in ſo ferne ein unſchuldiges Ver-
gnuͤgen, wenn man erweget, was vor Kunſt-
ſtriche, Miſchungen lieblicher Farben auf de-
nen Blumenblaͤttern anzutreffen: Aber bei
der Kreatur allein ſtehen bleiben, und nie-
mahls dabei mit Andacht an den Schoͤpfer
derſelben gedenken, ſeine Augen beſtaͤndig
auf das Geſchoͤpfe richten und niemahls auf
dem Schoͤpfer zuruͤk ſchlagen, iſt unbillig,
und auch gewiſſermaſſen ſuͤndlich. Alsdenn
iſt es blos eine ſinnliche Wolluſt, da einer
nur um ſein ſelbſt willen und um ſeine Neigun-
gen zu ſtillen, auf die Werke des HErrn
Acht hat. Wenn wir zum Preiſe des
Schoͤpfers ein irdiſches Vergnuͤgen an den
Kreaturen ſuchen; ſo muͤſſen wir dieſelbi-
gen zum natuͤrlichen Erkenntnis GOttes
und ſeiner Eigenſchafften gebrauchen. Wir
muͤſſen uns angewoͤhnen, durch die ſinnli-
chen Empfindungen in unſrer Seele andaͤch-
tige Regungen zu erwekken. Wenn wir
was herrliches ſehen und hoͤren, ſo muͤſſen
wir dabei die Allmacht, Guͤte und Weis-
heit GOttes erwegen, welche darin abge-
druͤkket. Wenn wir auf den lieblichen Ge-
ſang der Singe-Voͤgel merken: ſo muͤſſen
wir dadurch uns zum Schoͤpfer fuͤhren laſ-
ſen, der in eine ſo zarte Kehle ſo durchdrin-
gende Thoͤne geſenket, und uns dabei erin-
nern, daß ſie uns gleichſam zum Lobe
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