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Ebbinghaus, Hermann: Über das Gedächtnis. Leipzig, 1885.

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Für dieses Abhängigkeitsverhältnis zwischen der zuneh-
menden Festigkeit der Reihen und der Anzahl von Malen,
die sie durch erneutes Lernen wieder zur erstmöglichen Re-
produktion gebracht worden sind, habe ich ebenfalls versucht,
einige numerische Daten zu gewinnen. Die Beziehung ist
eine ganz ähnliche wie die im VIten Abschnitt besprochene
zwischen der zunehmenden Festigkeit und der Anzahl von
Wiederholungen der Reihen. Aber in dem gegenwärtigen
Falle geschehen die Wiederholungen nicht auf einmal, sondern
zu verschiedenen Zeiten und in immer abnehmender Häufig-
keit. Bei unserer beschränkten Einsicht in den inneren Zu-
sammenhang dieser Vorgänge würde man gewiss nicht wagen,
aus der Kenntnis des einen Verhältnisses etwas über das
andere vorauszusagen.

Für die zeitlichen Intervalle zwischen den einzelnen
Malen, zu denen das Wiederlernen stattfand, habe ich nur
eine einzige Grösse gewählt, nämlich 24 Stunden. Dafür habe
ich diesmal Reihen von verschiedener Länge in Untersuchung
gezogen und zwar solche von 12, 24 und 36 Silben. Von
den ersten waren jedesmal 9, von den zweiten 3 und von
den dritten 2 zu einem Versuch vereinigt. Ausserdem habe
ich mehrere Versuche mit je sechs Stanzen des Byronschen
Don Juan angestellt.

Die Versuche bestanden also darin, dass die betreffende
Anzahl von Reihen erst gelernt und dann an mehreren auf-
einanderfolgenden Tagen immer zur selben Stunde wiedergelernt
wurde, jedesmal bis zur erstmöglichen Reproduktion. Bei den
Silbenreihen betrug die Zahl dieser Tage sechs, bei den Byron-
schen Stanzen nur vier. Am 5ten Tage nämlich konnten die
Stanzen im allgemeinen ohne erneute Wiederholung noch
fehlerfrei hergesagt werden, sodass die aufgeworfene Frage von
hier ab ihren Sinn verlor. Für jede Art von Reihen habe

Für dieses Abhängigkeitsverhältnis zwischen der zuneh-
menden Festigkeit der Reihen und der Anzahl von Malen,
die sie durch erneutes Lernen wieder zur erstmöglichen Re-
produktion gebracht worden sind, habe ich ebenfalls versucht,
einige numerische Daten zu gewinnen. Die Beziehung ist
eine ganz ähnliche wie die im VIten Abschnitt besprochene
zwischen der zunehmenden Festigkeit und der Anzahl von
Wiederholungen der Reihen. Aber in dem gegenwärtigen
Falle geschehen die Wiederholungen nicht auf einmal, sondern
zu verschiedenen Zeiten und in immer abnehmender Häufig-
keit. Bei unserer beschränkten Einsicht in den inneren Zu-
sammenhang dieser Vorgänge würde man gewiſs nicht wagen,
aus der Kenntnis des einen Verhältnisses etwas über das
andere vorauszusagen.

Für die zeitlichen Intervalle zwischen den einzelnen
Malen, zu denen das Wiederlernen stattfand, habe ich nur
eine einzige Gröſse gewählt, nämlich 24 Stunden. Dafür habe
ich diesmal Reihen von verschiedener Länge in Untersuchung
gezogen und zwar solche von 12, 24 und 36 Silben. Von
den ersten waren jedesmal 9, von den zweiten 3 und von
den dritten 2 zu einem Versuch vereinigt. Auſserdem habe
ich mehrere Versuche mit je sechs Stanzen des Byronschen
Don Juan angestellt.

Die Versuche bestanden also darin, daſs die betreffende
Anzahl von Reihen erst gelernt und dann an mehreren auf-
einanderfolgenden Tagen immer zur selben Stunde wiedergelernt
wurde, jedesmal bis zur erstmöglichen Reproduktion. Bei den
Silbenreihen betrug die Zahl dieser Tage sechs, bei den Byron-
schen Stanzen nur vier. Am 5ten Tage nämlich konnten die
Stanzen im allgemeinen ohne erneute Wiederholung noch
fehlerfrei hergesagt werden, sodaſs die aufgeworfene Frage von
hier ab ihren Sinn verlor. Für jede Art von Reihen habe

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[111/0127] Für dieses Abhängigkeitsverhältnis zwischen der zuneh- menden Festigkeit der Reihen und der Anzahl von Malen, die sie durch erneutes Lernen wieder zur erstmöglichen Re- produktion gebracht worden sind, habe ich ebenfalls versucht, einige numerische Daten zu gewinnen. Die Beziehung ist eine ganz ähnliche wie die im VIten Abschnitt besprochene zwischen der zunehmenden Festigkeit und der Anzahl von Wiederholungen der Reihen. Aber in dem gegenwärtigen Falle geschehen die Wiederholungen nicht auf einmal, sondern zu verschiedenen Zeiten und in immer abnehmender Häufig- keit. Bei unserer beschränkten Einsicht in den inneren Zu- sammenhang dieser Vorgänge würde man gewiſs nicht wagen, aus der Kenntnis des einen Verhältnisses etwas über das andere vorauszusagen. Für die zeitlichen Intervalle zwischen den einzelnen Malen, zu denen das Wiederlernen stattfand, habe ich nur eine einzige Gröſse gewählt, nämlich 24 Stunden. Dafür habe ich diesmal Reihen von verschiedener Länge in Untersuchung gezogen und zwar solche von 12, 24 und 36 Silben. Von den ersten waren jedesmal 9, von den zweiten 3 und von den dritten 2 zu einem Versuch vereinigt. Auſserdem habe ich mehrere Versuche mit je sechs Stanzen des Byronschen Don Juan angestellt. Die Versuche bestanden also darin, daſs die betreffende Anzahl von Reihen erst gelernt und dann an mehreren auf- einanderfolgenden Tagen immer zur selben Stunde wiedergelernt wurde, jedesmal bis zur erstmöglichen Reproduktion. Bei den Silbenreihen betrug die Zahl dieser Tage sechs, bei den Byron- schen Stanzen nur vier. Am 5ten Tage nämlich konnten die Stanzen im allgemeinen ohne erneute Wiederholung noch fehlerfrei hergesagt werden, sodaſs die aufgeworfene Frage von hier ab ihren Sinn verlor. Für jede Art von Reihen habe

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Zitationshilfe: Ebbinghaus, Hermann: Über das Gedächtnis. Leipzig, 1885, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebbinghaus_gedaechtnis_1885/127>, abgerufen am 27.11.2024.