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Dühring, Eugen: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten. 2. Aufl. Leipzig, 1885.

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schaftlichen Literatur das Französische gehörig verstehen; das
Englische kann in einigen Richtungen des Studiums nützlich sein,
ist aber, Alles wohl erwogen, auch heute schon entbehrlich. Ueber-
haupt werden die fremdsprachlichen Mittel immer weniger Raum
einnehmen, je weiter der Völkerverkehr fortschreitet, die Ueber-
setzungen zur Regel werden und in die eigne Literatur jedes
höherstrebenden Volks die Errungenschaften der andern schnell
übergehen.

Was an sprachlichen Mitteln gespart wird, kommt dem Sach-
wissen zugute. In einer gewissen Hinsicht ist die Mehrfachheit
der Cultursprachen nur ein Hinderniss des erweiterten Verkehrs,
gleichwie die Verschiedenheit der Maass- und Gewichtssysteme
nur Umrechnungsmühen verursacht. Mit je weniger Bezeichnungs-
systemen man auskommt, um so mehr gelangen die zu erkennenden
Sachen zu ihrem Recht.

Die bisherige Thatsache bestand darin, dass in den Schulen
der allgemeinen Bildung, namentlich auf den Gymnasien, Gering-
fügiges an eigentlicher Wissenschaft gelehrt, dagegen der Last-
wagen mit Sprachen und schöner Literatur, namentlich mit alter
und veralteter, gar gewaltig bepackt wurde. Dem entsprach und
entspricht denn auch das Vorwiegen der hohlen Gelehrsamkeit auf
den Universitäten. Nach einem zugleich modernen und natürlichen
System der Selbstausbildung wird das Verhältniss umzukehren
sein. Die Wissenschaft, und zwar im strengsten Sinne des Worts,
wird an die erste Stelle treten, und die schöne Literatur wird
als blos ästhetisches Bildungsmittel bereits der Pflege der Kunst-
fertigkeiten, wie beispielsweise des Gesanges, nachbarlich nahe-
stehen. Dies ist keine Herabminderung ihres wahren Werthes,
sondern nur die Bestimmung der Rolle, die dem Kern ihrer Natur
entspricht. Wenn sie, wie in der Vertretung durch die Haupt-
grössen des modernen Schriftstellerthums mehrfach der Fall ist,
auch theoretisch Lehrreiches, ja Lebensreformatorisches einschliesst,
so ist dies ein besonderer Umstand, der sich beispielsweise in der
antiken Belletristik nicht vorfand. Dieser Umstand erhöht den
Werth einzelner Erscheinungen und muss veranlassen, diesen eine
grössere Aufmerksamkeit zuzuwenden; aber auch er ändert die
Grundregel nicht ab, sondern bestärkt nur in ihr. Nach dieser
Grundregel wird der Maassstab von Wissenschaft und Wahrheit
auch an die Belletristik gelegt, und je weniger das Schöngeistige
gegen dieses Maass verstösst oder je mehr es sich gar positiv

schaftlichen Literatur das Französische gehörig verstehen; das
Englische kann in einigen Richtungen des Studiums nützlich sein,
ist aber, Alles wohl erwogen, auch heute schon entbehrlich. Ueber-
haupt werden die fremdsprachlichen Mittel immer weniger Raum
einnehmen, je weiter der Völkerverkehr fortschreitet, die Ueber-
setzungen zur Regel werden und in die eigne Literatur jedes
höherstrebenden Volks die Errungenschaften der andern schnell
übergehen.

Was an sprachlichen Mitteln gespart wird, kommt dem Sach-
wissen zugute. In einer gewissen Hinsicht ist die Mehrfachheit
der Cultursprachen nur ein Hinderniss des erweiterten Verkehrs,
gleichwie die Verschiedenheit der Maass- und Gewichtssysteme
nur Umrechnungsmühen verursacht. Mit je weniger Bezeichnungs-
systemen man auskommt, um so mehr gelangen die zu erkennenden
Sachen zu ihrem Recht.

Die bisherige Thatsache bestand darin, dass in den Schulen
der allgemeinen Bildung, namentlich auf den Gymnasien, Gering-
fügiges an eigentlicher Wissenschaft gelehrt, dagegen der Last-
wagen mit Sprachen und schöner Literatur, namentlich mit alter
und veralteter, gar gewaltig bepackt wurde. Dem entsprach und
entspricht denn auch das Vorwiegen der hohlen Gelehrsamkeit auf
den Universitäten. Nach einem zugleich modernen und natürlichen
System der Selbstausbildung wird das Verhältniss umzukehren
sein. Die Wissenschaft, und zwar im strengsten Sinne des Worts,
wird an die erste Stelle treten, und die schöne Literatur wird
als blos ästhetisches Bildungsmittel bereits der Pflege der Kunst-
fertigkeiten, wie beispielsweise des Gesanges, nachbarlich nahe-
stehen. Dies ist keine Herabminderung ihres wahren Werthes,
sondern nur die Bestimmung der Rolle, die dem Kern ihrer Natur
entspricht. Wenn sie, wie in der Vertretung durch die Haupt-
grössen des modernen Schriftstellerthums mehrfach der Fall ist,
auch theoretisch Lehrreiches, ja Lebensreformatorisches einschliesst,
so ist dies ein besonderer Umstand, der sich beispielsweise in der
antiken Belletristik nicht vorfand. Dieser Umstand erhöht den
Werth einzelner Erscheinungen und muss veranlassen, diesen eine
grössere Aufmerksamkeit zuzuwenden; aber auch er ändert die
Grundregel nicht ab, sondern bestärkt nur in ihr. Nach dieser
Grundregel wird der Maassstab von Wissenschaft und Wahrheit
auch an die Belletristik gelegt, und je weniger das Schöngeistige
gegen dieses Maass verstösst oder je mehr es sich gar positiv

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[84/0093] schaftlichen Literatur das Französische gehörig verstehen; das Englische kann in einigen Richtungen des Studiums nützlich sein, ist aber, Alles wohl erwogen, auch heute schon entbehrlich. Ueber- haupt werden die fremdsprachlichen Mittel immer weniger Raum einnehmen, je weiter der Völkerverkehr fortschreitet, die Ueber- setzungen zur Regel werden und in die eigne Literatur jedes höherstrebenden Volks die Errungenschaften der andern schnell übergehen. Was an sprachlichen Mitteln gespart wird, kommt dem Sach- wissen zugute. In einer gewissen Hinsicht ist die Mehrfachheit der Cultursprachen nur ein Hinderniss des erweiterten Verkehrs, gleichwie die Verschiedenheit der Maass- und Gewichtssysteme nur Umrechnungsmühen verursacht. Mit je weniger Bezeichnungs- systemen man auskommt, um so mehr gelangen die zu erkennenden Sachen zu ihrem Recht. Die bisherige Thatsache bestand darin, dass in den Schulen der allgemeinen Bildung, namentlich auf den Gymnasien, Gering- fügiges an eigentlicher Wissenschaft gelehrt, dagegen der Last- wagen mit Sprachen und schöner Literatur, namentlich mit alter und veralteter, gar gewaltig bepackt wurde. Dem entsprach und entspricht denn auch das Vorwiegen der hohlen Gelehrsamkeit auf den Universitäten. Nach einem zugleich modernen und natürlichen System der Selbstausbildung wird das Verhältniss umzukehren sein. Die Wissenschaft, und zwar im strengsten Sinne des Worts, wird an die erste Stelle treten, und die schöne Literatur wird als blos ästhetisches Bildungsmittel bereits der Pflege der Kunst- fertigkeiten, wie beispielsweise des Gesanges, nachbarlich nahe- stehen. Dies ist keine Herabminderung ihres wahren Werthes, sondern nur die Bestimmung der Rolle, die dem Kern ihrer Natur entspricht. Wenn sie, wie in der Vertretung durch die Haupt- grössen des modernen Schriftstellerthums mehrfach der Fall ist, auch theoretisch Lehrreiches, ja Lebensreformatorisches einschliesst, so ist dies ein besonderer Umstand, der sich beispielsweise in der antiken Belletristik nicht vorfand. Dieser Umstand erhöht den Werth einzelner Erscheinungen und muss veranlassen, diesen eine grössere Aufmerksamkeit zuzuwenden; aber auch er ändert die Grundregel nicht ab, sondern bestärkt nur in ihr. Nach dieser Grundregel wird der Maassstab von Wissenschaft und Wahrheit auch an die Belletristik gelegt, und je weniger das Schöngeistige gegen dieses Maass verstösst oder je mehr es sich gar positiv

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Zitationshilfe: Dühring, Eugen: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten. 2. Aufl. Leipzig, 1885, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/duehring_berufsbildung_1885/93>, abgerufen am 24.11.2024.