müssen und wie viele Vorträge nur auf ihnen beruhten, mag man daraus ersehen, dass von den 30,000 Mark 1876 nicht mehr viel übrig war. Ein neues Kunstmittel, nämlich ein städtischer Zuschuss und damit zugleich die Veranlassung von Lehrerinnen, durch Theilnahme an gewissen Cursen ihre Beförderungsaus- sichten zu vermehren, kam zu allerletzt noch hinzu und nur durch die weitere Verfolgung solcher und ähnlicher Wege konnte ein Institut aufrecht erhalten werden, welches an sich selbst kein zulängliches Leben entwickelt hat und ohne jene Hülfen zusam- mengebrochen wäre.
Wenn ich hier manches auf den ersten Anschein Kleine habe in den Vordergrund rücken müssen,
so war dabei die Er- möglichung eines Schlusses auf den grössern Hintergrund die Hauptsache. Das Lyceum und seine mit mir correspondirende Leiterin sind dabei nur die
symptomatischen Vermittler gewesen. Der Kern des Vorgangs ist eben ein Stück aus dem
allgemeinen Verhalten meiner gelehrten Gegnerschaften gewesen und hat sich in die gegen
mich befolgte Gesammtpolitik eingereiht. In dem speciellen Fall war aber noch eine neue Seite
zur Sache hinzu- gekommen. Während es früher nur meinen Reformen der Wissen- schaft und mir überhaupt als einem beneideten, durch Unter- drückung erst verletzten und
dann gehassten Gegner galt, ist mit meiner Vertreibung vom Lyceum auch noch die feindliche
Be- gegnung auf dem Boden der Frauenbildung erfolgt. Grade weil hier wesentlich nur
Vorwände als Gründe hervorgekehrt worden sind, kann das Publicum mit Sicherheit annehmen, dass
es sich in der Beseitigung der Wirksamkeit meiner Person um die Fern- haltung einer
Aufklärung und Förderung gehandelt hat, deren wissenschaftlich befreiende Macht für die
Frauenwelt, wo es irgend sein kann, unzugänglich gemacht werden sollte, - was ja
auch ganz wohl dazu stimmt, dass die Universitätsgelehrten im Grossen und Ganzen einer nicht
blos auf Schein und Spielerei ausgehenden, sondern ernstlichen Frauenbildung entschieden
ab- geneigt sind.
In welchem Zusammenhange die dargestellten Ränke am Lyceum mit dem Verhalten der Berliner Universität gegen meine vierzehnjährige freie Docentenstellung an derselben gestanden haben, brauche ich hier nicht zu wiederholen, da ich in meinem Buch von 1882 "Sache, Leben und Feinde" auch über jene An- gelegenheit die erforderlichen Mittheilungen gemacht habe. Diese
müssen und wie viele Vorträge nur auf ihnen beruhten, mag man daraus ersehen, dass von den 30,000 Mark 1876 nicht mehr viel übrig war. Ein neues Kunstmittel, nämlich ein städtischer Zuschuss und damit zugleich die Veranlassung von Lehrerinnen, durch Theilnahme an gewissen Cursen ihre Beförderungsaus- sichten zu vermehren, kam zu allerletzt noch hinzu und nur durch die weitere Verfolgung solcher und ähnlicher Wege konnte ein Institut aufrecht erhalten werden, welches an sich selbst kein zulängliches Leben entwickelt hat und ohne jene Hülfen zusam- mengebrochen wäre.
Wenn ich hier manches auf den ersten Anschein Kleine habe in den Vordergrund rücken müssen,
so war dabei die Er- möglichung eines Schlusses auf den grössern Hintergrund die Hauptsache. Das Lyceum und seine mit mir correspondirende Leiterin sind dabei nur die
symptomatischen Vermittler gewesen. Der Kern des Vorgangs ist eben ein Stück aus dem
allgemeinen Verhalten meiner gelehrten Gegnerschaften gewesen und hat sich in die gegen
mich befolgte Gesammtpolitik eingereiht. In dem speciellen Fall war aber noch eine neue Seite
zur Sache hinzu- gekommen. Während es früher nur meinen Reformen der Wissen- schaft und mir überhaupt als einem beneideten, durch Unter- drückung erst verletzten und
dann gehassten Gegner galt, ist mit meiner Vertreibung vom Lyceum auch noch die feindliche
Be- gegnung auf dem Boden der Frauenbildung erfolgt. Grade weil hier wesentlich nur
Vorwände als Gründe hervorgekehrt worden sind, kann das Publicum mit Sicherheit annehmen, dass
es sich in der Beseitigung der Wirksamkeit meiner Person um die Fern- haltung einer
Aufklärung und Förderung gehandelt hat, deren wissenschaftlich befreiende Macht für die
Frauenwelt, wo es irgend sein kann, unzugänglich gemacht werden sollte, – was ja
auch ganz wohl dazu stimmt, dass die Universitätsgelehrten im Grossen und Ganzen einer nicht
blos auf Schein und Spielerei ausgehenden, sondern ernstlichen Frauenbildung entschieden
ab- geneigt sind.
In welchem Zusammenhange die dargestellten Ränke am Lyceum mit dem Verhalten der Berliner Universität gegen meine vierzehnjährige freie Docentenstellung an derselben gestanden haben, brauche ich hier nicht zu wiederholen, da ich in meinem Buch von 1882 „Sache, Leben und Feinde“ auch über jene An- gelegenheit die erforderlichen Mittheilungen gemacht habe. Diese
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müssen und wie viele Vorträge nur auf ihnen beruhten, mag
man daraus ersehen, dass von den 30,000 Mark 1876 nicht mehr
viel übrig war. Ein neues Kunstmittel, nämlich ein städtischer
Zuschuss und damit zugleich die Veranlassung von Lehrerinnen,
durch Theilnahme an gewissen Cursen ihre Beförderungsaus-
sichten zu vermehren, kam zu allerletzt noch hinzu und nur
durch die weitere Verfolgung solcher und ähnlicher Wege konnte
ein Institut aufrecht erhalten werden, welches an sich selbst kein
zulängliches Leben entwickelt hat und ohne jene Hülfen zusam-
mengebrochen wäre.
Wenn ich hier manches auf den ersten Anschein Kleine
habe in den Vordergrund rücken müssen, so war dabei die Er-
möglichung eines Schlusses auf den grössern Hintergrund die
Hauptsache. Das Lyceum und seine mit mir correspondirende
Leiterin sind dabei nur die symptomatischen Vermittler gewesen.
Der Kern des Vorgangs ist eben ein Stück aus dem allgemeinen
Verhalten meiner gelehrten Gegnerschaften gewesen und hat sich
in die gegen mich befolgte Gesammtpolitik eingereiht. In dem
speciellen Fall war aber noch eine neue Seite zur Sache hinzu-
gekommen. Während es früher nur meinen Reformen der Wissen-
schaft und mir überhaupt als einem beneideten, durch Unter-
drückung erst verletzten und dann gehassten Gegner galt, ist mit
meiner Vertreibung vom Lyceum auch noch die feindliche Be-
gegnung auf dem Boden der Frauenbildung erfolgt. Grade weil
hier wesentlich nur Vorwände als Gründe hervorgekehrt worden
sind, kann das Publicum mit Sicherheit annehmen, dass es sich
in der Beseitigung der Wirksamkeit meiner Person um die Fern-
haltung einer Aufklärung und Förderung gehandelt hat, deren
wissenschaftlich befreiende Macht für die Frauenwelt, wo es
irgend sein kann, unzugänglich gemacht werden sollte, – was
ja auch ganz wohl dazu stimmt, dass die Universitätsgelehrten
im Grossen und Ganzen einer nicht blos auf Schein und Spielerei
ausgehenden, sondern ernstlichen Frauenbildung entschieden ab-
geneigt sind.
In welchem Zusammenhange die dargestellten Ränke am
Lyceum mit dem Verhalten der Berliner Universität gegen meine
vierzehnjährige freie Docentenstellung an derselben gestanden
haben, brauche ich hier nicht zu wiederholen, da ich in meinem
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Projekt: Texte zur Frauenfrage um 1900 Gießen/Kassel: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-06-13T16:46:57Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Thomas Gloning, Melanie Henß, Hannah Glaum: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-06-13T16:46:57Z)
Internet Archive: Bereitstellung der Bilddigitalisate.
(2013-06-13T16:46:57Z)
Dühring, Eugen: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten. 2. Aufl. Leipzig, 1885, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/duehring_berufsbildung_1885/89>, abgerufen am 22.07.2024.
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