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Dühring, Eugen: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten. 2. Aufl. Leipzig, 1885.

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[dene]n sich auch solche befanden, die das Victoria-Lyceum besucht
[hat]ten, waren bei ihrer Vereinigung zum Privatcursus von dem
[Ge]danken geleitet gewesen, sich eine Belehrung zu schaffen,
[die] ihnen mehr genügte als das, was in jenem Lyceum geboten
[wu]rde.

Die Kunde von den genannten Vorträgen gelangte bald in
[die] Kreise des Lyceums und veranlasste dort den Wunsch, eben-
[fal]ls solche Curse eingeführt zu sehen. Die Unternehmerin und
[Vo]rsteherin des Lyceums, Miss Archer, bemühte sich bei mir in
[die]sem Sinne, um mich zur Uebernahme zu vermögen, und setzte,
[da] ich ohne Umschweife abgelehnt hatte, auf indirectem Wege
[ihr]e Bemühungen fort.

Es war mir von vornherein als unthunlich erschienen, einen
[Bo]den zu betreten, auf dem mir die Bürgschaften wissenschaft-
[lich]er Freiheit allzu sehr zu fehlen schienen und wo überdies
[doc]h in dem Curatorium, dessen sich Miss Archer als berathen-
[der] Instanz bediente, gegnerische und mir abgeneigte Persönlich-
[kei]ten stark vertreten waren. Miss Archer wendete sich nach
[me]iner Ablehnung an Frau Dohm und wurde von derselben
[da]rauf aufmerksam gemacht, dass meine wissenschaftlichen Ueber-
[zeu]gungen frei, ja äusserst frei wären und mein persönlich strenger
[Ch]arakter sich in keine damit in Widerspruch stehende Be-
[sch]ränkung fügen würde. Hierauf gab Miss Archer die ent-
[sch]iedenste Versicherung, dass es an Freiheit nicht fehlen solle,
[un]d bestätigte schliesslich auch in einem Brief an Frau Dohm
[die] fragliche, allerdings nur moralische Bürgschaft. Da dieser
[Br]ief, obwohl direct an Frau Dohm, doch indirect an mich ge-
[ric]htet war und sozusagen zu meinen Engagementspapieren ge-
[hö]rt, so gebe ich ein paar Stellen daraus in wörtlicher Ueber-
[set]zung. Miss Archer schrieb: "Ich bitte, Dr. Dühring darüber
[zu] verständigen, dass nirgend in ganz Berlin solche Freiheit besteht,
[wie] im Victoria-Lyceum. - Vox populi vox dei*) - ist unser
[Mo]tto. Der Dr. Dühring ist erwählt worden von den "dei" -
[und] hat nun nur den "populi" zu gefallen (to please), durch sie
[wi]rd er stehen oder fallen (by them he will stand or fall)."
[Ue]berdies bemerkte sie, dass es, was die speciellen Bedenken
[be]züglich ihrer Ansichten betreffe, ihr nicht im Traume einfalle,
[irg]end einen "Gewissenszwang" zu üben.

*) Volkes Stimme Gottes Stimme.

[dene]n sich auch solche befanden, die das Victoria-Lyceum besucht
[hat]ten, waren bei ihrer Vereinigung zum Privatcursus von dem
[Ge]danken geleitet gewesen, sich eine Belehrung zu schaffen,
[die] ihnen mehr genügte als das, was in jenem Lyceum geboten
[wu]rde.

Die Kunde von den genannten Vorträgen gelangte bald in
[die] Kreise des Lyceums und veranlasste dort den Wunsch, eben-
[fal]ls solche Curse eingeführt zu sehen. Die Unternehmerin und
[Vo]rsteherin des Lyceums, Miss Archer, bemühte sich bei mir in
[die]sem Sinne, um mich zur Uebernahme zu vermögen, und setzte,
[da] ich ohne Umschweife abgelehnt hatte, auf indirectem Wege
[ihr]e Bemühungen fort.

Es war mir von vornherein als unthunlich erschienen, einen
[Bo]den zu betreten, auf dem mir die Bürgschaften wissenschaft-
[lich]er Freiheit allzu sehr zu fehlen schienen und wo überdies
[doc]h in dem Curatorium, dessen sich Miss Archer als berathen-
[der] Instanz bediente, gegnerische und mir abgeneigte Persönlich-
[kei]ten stark vertreten waren. Miss Archer wendete sich nach
[me]iner Ablehnung an Frau Dohm und wurde von derselben
[da]rauf aufmerksam gemacht, dass meine wissenschaftlichen Ueber-
[zeu]gungen frei, ja äusserst frei wären und mein persönlich strenger
[Ch]arakter sich in keine damit in Widerspruch stehende Be-
[sch]ränkung fügen würde. Hierauf gab Miss Archer die ent-
[sch]iedenste Versicherung, dass es an Freiheit nicht fehlen solle,
[un]d bestätigte schliesslich auch in einem Brief an Frau Dohm
[die] fragliche, allerdings nur moralische Bürgschaft. Da dieser
[Br]ief, obwohl direct an Frau Dohm, doch indirect an mich ge-
[ric]htet war und sozusagen zu meinen Engagementspapieren ge-
[hö]rt, so gebe ich ein paar Stellen daraus in wörtlicher Ueber-
[set]zung. Miss Archer schrieb: „Ich bitte, Dr. Dühring darüber
[zu] verständigen, dass nirgend in ganz Berlin solche Freiheit besteht,
[wie] im Victoria-Lyceum. – Vox populi vox dei*) – ist unser
[Mo]tto. Der Dr. Dühring ist erwählt worden von den „dei“ –
[und] hat nun nur den „populi“ zu gefallen (to please), durch sie
[wi]rd er stehen oder fallen (by them he will stand or fall).“
[Ue]berdies bemerkte sie, dass es, was die speciellen Bedenken
[be]züglich ihrer Ansichten betreffe, ihr nicht im Traume einfalle,
[irg]end einen „Gewissenszwang“ zu üben.

*) Volkes Stimme Gottes Stimme.
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[66/0075] denen sich auch solche befanden, die das Victoria-Lyceum besucht hatten, waren bei ihrer Vereinigung zum Privatcursus von dem Gedanken geleitet gewesen, sich eine Belehrung zu schaffen, die ihnen mehr genügte als das, was in jenem Lyceum geboten wurde. Die Kunde von den genannten Vorträgen gelangte bald in die Kreise des Lyceums und veranlasste dort den Wunsch, eben- falls solche Curse eingeführt zu sehen. Die Unternehmerin und Vorsteherin des Lyceums, Miss Archer, bemühte sich bei mir in diesem Sinne, um mich zur Uebernahme zu vermögen, und setzte, da ich ohne Umschweife abgelehnt hatte, auf indirectem Wege ihre Bemühungen fort. Es war mir von vornherein als unthunlich erschienen, einen Boden zu betreten, auf dem mir die Bürgschaften wissenschaft- licher Freiheit allzu sehr zu fehlen schienen und wo überdies doch in dem Curatorium, dessen sich Miss Archer als berathen- der Instanz bediente, gegnerische und mir abgeneigte Persönlich- keiten stark vertreten waren. Miss Archer wendete sich nach meiner Ablehnung an Frau Dohm und wurde von derselben darauf aufmerksam gemacht, dass meine wissenschaftlichen Ueber- zeugungen frei, ja äusserst frei wären und mein persönlich strenger Charakter sich in keine damit in Widerspruch stehende Be- schränkung fügen würde. Hierauf gab Miss Archer die ent- schiedenste Versicherung, dass es an Freiheit nicht fehlen solle, und bestätigte schliesslich auch in einem Brief an Frau Dohm die fragliche, allerdings nur moralische Bürgschaft. Da dieser Brief, obwohl direct an Frau Dohm, doch indirect an mich ge- richtet war und sozusagen zu meinen Engagementspapieren ge- hört, so gebe ich ein paar Stellen daraus in wörtlicher Ueber- setzung. Miss Archer schrieb: „Ich bitte, Dr. Dühring darüber zu verständigen, dass nirgend in ganz Berlin solche Freiheit besteht, wie im Victoria-Lyceum. – Vox populi vox dei *) – ist unser Motto. Der Dr. Dühring ist erwählt worden von den „dei“ – und hat nun nur den „populi“ zu gefallen (to please), durch sie wird er stehen oder fallen (by them he will stand or fall).“ Ueberdies bemerkte sie, dass es, was die speciellen Bedenken bezüglich ihrer Ansichten betreffe, ihr nicht im Traume einfalle, irgend einen „Gewissenszwang“ zu üben. *) Volkes Stimme Gottes Stimme.

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Zitationshilfe: Dühring, Eugen: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten. 2. Aufl. Leipzig, 1885, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/duehring_berufsbildung_1885/75>, abgerufen am 23.11.2024.