Dühring, Eugen: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten. 2. Aufl. Leipzig, 1885.auf das wirkliche Bedürfniss gemacht sind, bleibt noch immer die Wer sich im Sinne der obigen Angaben für die Astronomie auf das wirkliche Bedürfniss gemacht sind, bleibt noch immer die Wer sich im Sinne der obigen Angaben für die Astronomie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0100" n="91"/> auf das wirkliche Bedürfniss gemacht sind, bleibt noch immer die<lb/> gewöhnliche Form, in der die Wissenschaft sich seit Euklides<lb/> anbietet. Demgegenüber muss ein wahrhaft rationelles System<lb/> der Darlegung platzgreifen. Man sollte von der praktischen<lb/> Mathematik, also dem jedesmal für die Anwendungen Erforder-<lb/> lichen, ausgehen. Man sollte nicht Mehr und nicht Weniger zu-<lb/> sammenstellen, als man wesentlich braucht, und die Lehr-<lb/> bücher würden auf einige Procente ihres Umfangs zusammen-<lb/> schmelzen. Sie würden an Durchsichtigkeit ihres Inhalts ge-<lb/> winnen und anstatt, wie jetzt, oft als abschreckende Hindernisse<lb/> zu wirken, wahrhaft anziehende, ja im höhern Sinne des Worts<lb/> interessante Lernmittel werden. In der heutigen Gesammtmathe-<lb/> matik, einschliesslich der erwähnten Hineinpinselungen verstanden,<lb/> ist kaum ein Theil auf tausend Theile als wirklich werthvoll, sei<lb/> es nun praktisch oder speculativ werthvoll, herauszufinden.</p><lb/> <p>Wer sich im Sinne der obigen Angaben für die Astronomie<lb/> mit den mathematischen Orientirungsmitteln ausgerüstet hat, wird<lb/> in der übrigen Naturwissenschaft kaum in den Fall kommen,<lb/> umständlicher Ergänzungen seines mathematischen Wissens zu<lb/> bedürfen. Schon in dem, was man gewöhnlich Physik nennt, er-<lb/> mässigt sich bei gesunder Behandlungsweise das mathematische<lb/> Bedürfniss und vollends tritt es in der Chemie zurück, einer<lb/> hochmodernen und in einzelnen Theilen noch sehr jungen Wissen-<lb/> schaft, die in der Reihe der Naturdisciplinen zur Astronomie<lb/> gleichsam das andere Extrem bildet. Die Chemie ist heute für<lb/> die tiefere Erkenntniss der Dinge wichtiger, als was zwischen ihr<lb/> und dem astronomischen Ausgangspunkt in der Mitte liegt, näm-<lb/> lich wichtiger als die Physik im engern Sinne des Worts, die<lb/> gar sehr überladen und ohne Auswahl auftritt. Was für hohe<lb/> und eigentliche Bildungsinteressen von der Physik brauchbar ist,<lb/> schliesst sich grösstentheils entweder an die Astronomie an oder<lb/> dient andererseits den tiefern chemischen Lehren zur unmittel-<lb/> baren Ausstattung. In jener Richtung ist der Inhalt des Welt-<lb/> raumes mit seinen Strahlungen der physikalische Hauptgegen-<lb/> stand. In der andern Richtung sind der Zusammenhang der<lb/> Aggregatzustände, die Abhängigkeit der Processe von den Tem-<lb/> peraturen, die elektrochemischen Vorgänge und die Symptomatik<lb/> in der Lichtzerstreuung, d. h. die Spectralphysik, entscheidende<lb/> Punkte. Was dann als Mittelstück selbständiger Physik noch<lb/> übrigbleibt, wie z. B. fast die ganze Akustik, ist im Allgemeinen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [91/0100]
auf das wirkliche Bedürfniss gemacht sind, bleibt noch immer die
gewöhnliche Form, in der die Wissenschaft sich seit Euklides
anbietet. Demgegenüber muss ein wahrhaft rationelles System
der Darlegung platzgreifen. Man sollte von der praktischen
Mathematik, also dem jedesmal für die Anwendungen Erforder-
lichen, ausgehen. Man sollte nicht Mehr und nicht Weniger zu-
sammenstellen, als man wesentlich braucht, und die Lehr-
bücher würden auf einige Procente ihres Umfangs zusammen-
schmelzen. Sie würden an Durchsichtigkeit ihres Inhalts ge-
winnen und anstatt, wie jetzt, oft als abschreckende Hindernisse
zu wirken, wahrhaft anziehende, ja im höhern Sinne des Worts
interessante Lernmittel werden. In der heutigen Gesammtmathe-
matik, einschliesslich der erwähnten Hineinpinselungen verstanden,
ist kaum ein Theil auf tausend Theile als wirklich werthvoll, sei
es nun praktisch oder speculativ werthvoll, herauszufinden.
Wer sich im Sinne der obigen Angaben für die Astronomie
mit den mathematischen Orientirungsmitteln ausgerüstet hat, wird
in der übrigen Naturwissenschaft kaum in den Fall kommen,
umständlicher Ergänzungen seines mathematischen Wissens zu
bedürfen. Schon in dem, was man gewöhnlich Physik nennt, er-
mässigt sich bei gesunder Behandlungsweise das mathematische
Bedürfniss und vollends tritt es in der Chemie zurück, einer
hochmodernen und in einzelnen Theilen noch sehr jungen Wissen-
schaft, die in der Reihe der Naturdisciplinen zur Astronomie
gleichsam das andere Extrem bildet. Die Chemie ist heute für
die tiefere Erkenntniss der Dinge wichtiger, als was zwischen ihr
und dem astronomischen Ausgangspunkt in der Mitte liegt, näm-
lich wichtiger als die Physik im engern Sinne des Worts, die
gar sehr überladen und ohne Auswahl auftritt. Was für hohe
und eigentliche Bildungsinteressen von der Physik brauchbar ist,
schliesst sich grösstentheils entweder an die Astronomie an oder
dient andererseits den tiefern chemischen Lehren zur unmittel-
baren Ausstattung. In jener Richtung ist der Inhalt des Welt-
raumes mit seinen Strahlungen der physikalische Hauptgegen-
stand. In der andern Richtung sind der Zusammenhang der
Aggregatzustände, die Abhängigkeit der Processe von den Tem-
peraturen, die elektrochemischen Vorgänge und die Symptomatik
in der Lichtzerstreuung, d. h. die Spectralphysik, entscheidende
Punkte. Was dann als Mittelstück selbständiger Physik noch
übrigbleibt, wie z. B. fast die ganze Akustik, ist im Allgemeinen
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(2013-06-13T16:46:57Z)
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