Du Bois-Reymond, Emil Heinrich: Über die Grenzen des Naturerkennens. Leipzig, 1872.steckten Grenzen anerkennt, und je demüthiger er in Er sieht in tausend Fällen materielle Bedingungen steckten Grenzen anerkennt, und je demüthiger er in Er sieht in tausend Fällen materielle Bedingungen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0037" n="29"/> steckten Grenzen anerkennt, und je demüthiger er in<lb/> seine Unwissenheit sich schickt, um so tiefer fühlt er das<lb/> Recht, mit voller Freiheit, unbeirrt durch Mythen, Dog¬<lb/> men und alterstolze Philosopheme, auf dem Wege der<lb/> Induction seine eigene Meinung über die Beziehungen<lb/> zwischen Geist und Materie sich zu bilden.</p><lb/> <p>Er sieht in tausend Fällen materielle Bedingungen<lb/> das Geistesleben beeinflussen. Seinem unbefangenen<lb/> Blicke zeigt sich kein Grund zu bezweifeln, dass wirk¬<lb/> lich die Sinneseindrücke der sogenannten Seele sich mit¬<lb/> theilen. Er sieht den menschlichen Geist gleichsam mit<lb/> dem Gehirne wachsen, und, nach der empiristischen<lb/> Ansicht, die wesentlichen Formen seines Denkens sogar<lb/> erst durch äussere Wahrnehmungen sich aneignen. Er<lb/> sieht ihn im Schlaf und Traum, in der Ohnmacht, im<lb/> Rausch und der Narkose, im Fieberwahn und der Inani¬<lb/> tion, in der Manie, der Epilepsie, dem Blödsinn und der<lb/> Mikrocephalie, in unzähligen krankhaften Zuständen ab¬<lb/> hängig von der dauernden oder vorübergehenden Be¬<lb/> schaffenheit des Organes. Kein theologisches Vorurtheil<lb/> hindert ihn wie <hi rendition="#k">Descartes</hi>, in den Thierseelen der Men¬<lb/> schenseele verwandte, stufenweise minder vollkommene<lb/> Glieder derselben Entwickelungsreihe zu erkennen. Viel¬<lb/> mehr sieht er im Wirbelthierreiche die Hirntheile, welche<lb/> auch physiologische Versuche und pathologische Erfah¬<lb/> rungen als Träger höherer Geistesthätigkeiten bekunden,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [29/0037]
steckten Grenzen anerkennt, und je demüthiger er in
seine Unwissenheit sich schickt, um so tiefer fühlt er das
Recht, mit voller Freiheit, unbeirrt durch Mythen, Dog¬
men und alterstolze Philosopheme, auf dem Wege der
Induction seine eigene Meinung über die Beziehungen
zwischen Geist und Materie sich zu bilden.
Er sieht in tausend Fällen materielle Bedingungen
das Geistesleben beeinflussen. Seinem unbefangenen
Blicke zeigt sich kein Grund zu bezweifeln, dass wirk¬
lich die Sinneseindrücke der sogenannten Seele sich mit¬
theilen. Er sieht den menschlichen Geist gleichsam mit
dem Gehirne wachsen, und, nach der empiristischen
Ansicht, die wesentlichen Formen seines Denkens sogar
erst durch äussere Wahrnehmungen sich aneignen. Er
sieht ihn im Schlaf und Traum, in der Ohnmacht, im
Rausch und der Narkose, im Fieberwahn und der Inani¬
tion, in der Manie, der Epilepsie, dem Blödsinn und der
Mikrocephalie, in unzähligen krankhaften Zuständen ab¬
hängig von der dauernden oder vorübergehenden Be¬
schaffenheit des Organes. Kein theologisches Vorurtheil
hindert ihn wie Descartes, in den Thierseelen der Men¬
schenseele verwandte, stufenweise minder vollkommene
Glieder derselben Entwickelungsreihe zu erkennen. Viel¬
mehr sieht er im Wirbelthierreiche die Hirntheile, welche
auch physiologische Versuche und pathologische Erfah¬
rungen als Träger höherer Geistesthätigkeiten bekunden,
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