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Druskowitz, Helene von: Moderne Versuche eines Religionsersatzes. Heidelberg, 1886.

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von der maßgebenden Minderzahl erfaßt werden, damit auch
in breitere Schichten eine neue Bewegung komme? Jn
enthusiastifcher, leidenschaftlicher Weise offenbar, die
für's Erste selbst einige Ueberschwenglichkeit nicht ausschließen
würde. Dührings Werk selbst vermag nicht enthusiasmirend
zu wirken.

Da strömt von William Mackintire Salter's Buche
"Die Religion der Moral" eine ganz andere Macht aus.
Daß dieses Werk hinsichtlich seines Gedankengehaltes der
Jdee eines Religionsersatzes im Grunde viel weniger ent-
spricht als Dührings Versuch, sagt schon der Titel desselben.
Doch hat Salter den Gedanken, welcher ihn hauptsächlich
beschäftigt, in zündender Form zum Ausdruck gebracht. Salter
weiß, daß die neue Lehre nicht auf dem Wege des bloßen
Raisonnements Macht über die Gemüther wird gewinnen
können, sondern daß es dazu des begeisterten Gefühls und
der begeisternden Sprache bedarf.



IX.

Die "Religion der Moral" scheint in Amerika Fortschritte
zu machen. Es existirt in New-York eine Gesellschaft sür
ethische Cultur unter der Leitung Felix Adler's, des Ver-
fassers eines Gedichtes "The City of the Light", in welchem
er in der Art der Shelley'schen Zukunftsvisionen ein Bild
einer zukünftigen gesellschaftlichen Ordnung entwirft, in der
vollkommene Gerechtigkeit herrscht. W. M. Salter ist Be-
gründer einer besondern Gemeinde in Chicago.

Salter ist kein überlegener, aber wohl ein edler, reiner,
kühner und enthusiastischer Geist. Jhm ist die Moral ein
Princip, ein höheres Gesetz, der einzige Gegenstand, der
heilige Scheu und Ehrfurcht erregen könne, das einzige Gesetz,

von der maßgebenden Minderzahl erfaßt werden, damit auch
in breitere Schichten eine neue Bewegung komme? Jn
enthuſiaſtifcher, leidenſchaftlicher Weiſe offenbar, die
für’s Erſte ſelbſt einige Ueberſchwenglichkeit nicht ausſchließen
würde. Dührings Werk ſelbſt vermag nicht enthuſiasmirend
zu wirken.

Da ſtrömt von William Mackintire Salter’s Buche
„Die Religion der Moral“ eine ganz andere Macht aus.
Daß dieſes Werk hinſichtlich ſeines Gedankengehaltes der
Jdee eines Religionserſatzes im Grunde viel weniger ent-
ſpricht als Dührings Verſuch, ſagt ſchon der Titel deſſelben.
Doch hat Salter den Gedanken, welcher ihn hauptſächlich
beſchäftigt, in zündender Form zum Ausdruck gebracht. Salter
weiß, daß die neue Lehre nicht auf dem Wege des bloßen
Raiſonnements Macht über die Gemüther wird gewinnen
können, ſondern daß es dazu des begeiſterten Gefühls und
der begeiſternden Sprache bedarf.



IX.

Die „Religion der Moral“ ſcheint in Amerika Fortſchritte
zu machen. Es exiſtirt in New-York eine Geſellſchaft ſür
ethiſche Cultur unter der Leitung Felix Adler’s, des Ver-
faſſers eines Gedichtes „The City of the Light“, in welchem
er in der Art der Shelley’ſchen Zukunftsviſionen ein Bild
einer zukünftigen geſellſchaftlichen Ordnung entwirft, in der
vollkommene Gerechtigkeit herrſcht. W. M. Salter iſt Be-
gründer einer beſondern Gemeinde in Chicago.

Salter iſt kein überlegener, aber wohl ein edler, reiner,
kühner und enthuſiaſtiſcher Geiſt. Jhm iſt die Moral ein
Princip, ein höheres Geſetz, der einzige Gegenſtand, der
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[80/0089] von der maßgebenden Minderzahl erfaßt werden, damit auch in breitere Schichten eine neue Bewegung komme? Jn enthuſiaſtifcher, leidenſchaftlicher Weiſe offenbar, die für’s Erſte ſelbſt einige Ueberſchwenglichkeit nicht ausſchließen würde. Dührings Werk ſelbſt vermag nicht enthuſiasmirend zu wirken. Da ſtrömt von William Mackintire Salter’s Buche „Die Religion der Moral“ eine ganz andere Macht aus. Daß dieſes Werk hinſichtlich ſeines Gedankengehaltes der Jdee eines Religionserſatzes im Grunde viel weniger ent- ſpricht als Dührings Verſuch, ſagt ſchon der Titel deſſelben. Doch hat Salter den Gedanken, welcher ihn hauptſächlich beſchäftigt, in zündender Form zum Ausdruck gebracht. Salter weiß, daß die neue Lehre nicht auf dem Wege des bloßen Raiſonnements Macht über die Gemüther wird gewinnen können, ſondern daß es dazu des begeiſterten Gefühls und der begeiſternden Sprache bedarf. IX. Die „Religion der Moral“ ſcheint in Amerika Fortſchritte zu machen. Es exiſtirt in New-York eine Geſellſchaft ſür ethiſche Cultur unter der Leitung Felix Adler’s, des Ver- faſſers eines Gedichtes „The City of the Light“, in welchem er in der Art der Shelley’ſchen Zukunftsviſionen ein Bild einer zukünftigen geſellſchaftlichen Ordnung entwirft, in der vollkommene Gerechtigkeit herrſcht. W. M. Salter iſt Be- gründer einer beſondern Gemeinde in Chicago. Salter iſt kein überlegener, aber wohl ein edler, reiner, kühner und enthuſiaſtiſcher Geiſt. Jhm iſt die Moral ein Princip, ein höheres Geſetz, der einzige Gegenſtand, der heilige Scheu und Ehrfurcht erregen könne, das einzige Geſetz,

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Zitationshilfe: Druskowitz, Helene von: Moderne Versuche eines Religionsersatzes. Heidelberg, 1886, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/druskowitz_religionsersatz_1886/89>, abgerufen am 28.11.2024.