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Druskowitz, Helene von: Moderne Versuche eines Religionsersatzes. Heidelberg, 1886.

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kann und keineswegs unterschiedslos mit Allem und Jedem.
Das Gemeinschaftsgefühl bedarf jedoch noch einer anderen
näheren Bestimmung. Wir dürfen uns, obwohl aus dem
Grunde aller Dinge aufgestiegen, nicht für identisch mit
demselben halten. "Wie jede wahre Mitempfindung für die
Freude und den Schmerz Anderer mit dem eigenen Jnteresse
und Schicksal nichts zu schaffen haben und nicht dadurch ent-
stehen darf, daß man sich an die Stelle des Andern denkt,
anstatt gleichsam den Andern, für sich uninteressirt, selbst zu
denken, -- wie also hier die natürliche Ursache des Mitge-
fühls dadurch wirkt, daß hiermit der Mensch vom Eigen-
interesse loskommt, so ist auch für den Kerncharacter oder
das Gute im universellen Sinn sympathisches Verständniß
und Gefühl nur dadurch möglich, daß dessen Eigenschaften,
nicht aber unsere Angelegenheiten, uns erregen. Das Gute
und Harmonische im Sein, sowie die wahren Auffassungen
davon müssen uns ganz wie etwas außer unserem Jch Ge-
legenes erregen; sonst verfallen wir in Selbsttäuschung."
Wir hängen mit dem Kerncharacter der Dinge ideell
durch das Gemeinschaftsgefühl, ferner aber auch materiell
zusammen, erstens nach Seiten jener Wurzeln hin, die in
die Urvergangenheit reichen und zweitens vermöge der Lebens-
reize, "die uns durch die Naturkräfte und vom übrigen
Menschendasein her zukommen."

Die Weltanschauung, die wir hier in kurzen Zügen
und indem wir den Philosophen oft selbst sprechen ließen,
skizzirten, ist nicht nur geeignet, dem strebenden Menschen
heilsame Jmpulse zu geben, sondern zugleich dem Sterben-
den
Trost zu bieten, indem sie ihn vertrauensvoll an den
Grund der Dinge und das Fortbestehen des Guten denken
lehrt.

Jn der Richtung der Lebenssührung stellt Dühring den
besseren modernen Nationen die Aufgabe, ihre edleren Stammes-

kann und keineswegs unterſchiedslos mit Allem und Jedem.
Das Gemeinſchaftsgefühl bedarf jedoch noch einer anderen
näheren Beſtimmung. Wir dürfen uns, obwohl aus dem
Grunde aller Dinge aufgeſtiegen, nicht für identiſch mit
demſelben halten. „Wie jede wahre Mitempfindung für die
Freude und den Schmerz Anderer mit dem eigenen Jntereſſe
und Schickſal nichts zu ſchaffen haben und nicht dadurch ent-
ſtehen darf, daß man ſich an die Stelle des Andern denkt,
anſtatt gleichſam den Andern, für ſich unintereſſirt, ſelbſt zu
denken, — wie alſo hier die natürliche Urſache des Mitge-
fühls dadurch wirkt, daß hiermit der Menſch vom Eigen-
intereſſe loskommt, ſo iſt auch für den Kerncharacter oder
das Gute im univerſellen Sinn ſympathiſches Verſtändniß
und Gefühl nur dadurch möglich, daß deſſen Eigenſchaften,
nicht aber unſere Angelegenheiten, uns erregen. Das Gute
und Harmoniſche im Sein, ſowie die wahren Auffaſſungen
davon müſſen uns ganz wie etwas außer unſerem Jch Ge-
legenes erregen; ſonſt verfallen wir in Selbſttäuſchung.“
Wir hängen mit dem Kerncharacter der Dinge ideell
durch das Gemeinſchaftsgefühl, ferner aber auch materiell
zuſammen, erſtens nach Seiten jener Wurzeln hin, die in
die Urvergangenheit reichen und zweitens vermöge der Lebens-
reize, „die uns durch die Naturkräfte und vom übrigen
Menſchendaſein her zukommen.“

Die Weltanſchauung, die wir hier in kurzen Zügen
und indem wir den Philoſophen oft ſelbſt ſprechen ließen,
ſkizzirten, iſt nicht nur geeignet, dem ſtrebenden Menſchen
heilſame Jmpulſe zu geben, ſondern zugleich dem Sterben-
den
Troſt zu bieten, indem ſie ihn vertrauensvoll an den
Grund der Dinge und das Fortbeſtehen des Guten denken
lehrt.

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[73/0082] kann und keineswegs unterſchiedslos mit Allem und Jedem. Das Gemeinſchaftsgefühl bedarf jedoch noch einer anderen näheren Beſtimmung. Wir dürfen uns, obwohl aus dem Grunde aller Dinge aufgeſtiegen, nicht für identiſch mit demſelben halten. „Wie jede wahre Mitempfindung für die Freude und den Schmerz Anderer mit dem eigenen Jntereſſe und Schickſal nichts zu ſchaffen haben und nicht dadurch ent- ſtehen darf, daß man ſich an die Stelle des Andern denkt, anſtatt gleichſam den Andern, für ſich unintereſſirt, ſelbſt zu denken, — wie alſo hier die natürliche Urſache des Mitge- fühls dadurch wirkt, daß hiermit der Menſch vom Eigen- intereſſe loskommt, ſo iſt auch für den Kerncharacter oder das Gute im univerſellen Sinn ſympathiſches Verſtändniß und Gefühl nur dadurch möglich, daß deſſen Eigenſchaften, nicht aber unſere Angelegenheiten, uns erregen. Das Gute und Harmoniſche im Sein, ſowie die wahren Auffaſſungen davon müſſen uns ganz wie etwas außer unſerem Jch Ge- legenes erregen; ſonſt verfallen wir in Selbſttäuſchung.“ Wir hängen mit dem Kerncharacter der Dinge ideell durch das Gemeinſchaftsgefühl, ferner aber auch materiell zuſammen, erſtens nach Seiten jener Wurzeln hin, die in die Urvergangenheit reichen und zweitens vermöge der Lebens- reize, „die uns durch die Naturkräfte und vom übrigen Menſchendaſein her zukommen.“ Die Weltanſchauung, die wir hier in kurzen Zügen und indem wir den Philoſophen oft ſelbſt ſprechen ließen, ſkizzirten, iſt nicht nur geeignet, dem ſtrebenden Menſchen heilſame Jmpulſe zu geben, ſondern zugleich dem Sterben- den Troſt zu bieten, indem ſie ihn vertrauensvoll an den Grund der Dinge und das Fortbeſtehen des Guten denken lehrt. Jn der Richtung der Lebensſührung ſtellt Dühring den beſſeren modernen Nationen die Aufgabe, ihre edleren Stammes-

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Zitationshilfe: Druskowitz, Helene von: Moderne Versuche eines Religionsersatzes. Heidelberg, 1886, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/druskowitz_religionsersatz_1886/82>, abgerufen am 22.11.2024.