oder Salzgehalt sprechen zu müssen glaubt, während andere Pflanzen sich gleichgültiger gegen ihre Menge im Erd- reich verhalten und endlich andere geradezu von ihnen abgestossen werden. Auf die letzteren ist aber die schäd- liche Wirkung von Kalk und Kochsalz sehr viel grösser, als auf die sogenannten "kalk- und salzsteten" Pflanzen die direkt (chemisch) fördernde Wirkung; denn diese ge- deihen in besonderer Pflege oder oft auch in der Natur sehr gut ohne Kalk bezw. Salz, haben dabei aber nun einen um so stärkeren Kampf um den Platz mit der grossen Menge "kieselsteter" Pflanzen auszufechten, denen sie meistens nicht gewachsen sind, wenigstens nicht unter den obwaltenden Verhältnissen desselben Florenbezirks.
Wenn auch dies alles als richtig gelten muss, so ist es deswegen doch nicht nötig, die Untersuchungen Thur- manns als überflüssig zu verwerfen. Warum soll gerade immer in erster Linie der Charakter des Substrats chemisch, dann erst physikalisch in Betracht kommen? Warum nicht hier und da (vielleicht seltener) auch umgekehrt, warum endlich nicht beiderlei Eigenschaften oft mit gleichem Gewichte? Denn es lassen sich nun doch die Eigen- schaften in der Natur nicht trennen, und wie der Kalk- boden chemisch ausgezeichnet ist durch Calcium, so ist er es auch stets zugleich durch besondere Eigenschaften in Hinsicht auf Wasserzufuhr und Wärmeabgaben an Wurzeln. Auf beiderlei Eigenschaften müssen die kalk- steten und kalkholden Pflanzen eingerichtet und in dieser ihrer einseitigen Anpassung ohne Kalk schwächlich sein. In Hinsicht der physikalischen Eigenschaften selbst treten dann noch bei jeder Gesteinsart darin Modifikationen auf, dass der Boden ein harter, nur von Rissen und Sprüngen durchzogener Fels, oder ein sandiges Gerölle, feiner Sand oder endlich ein aus den feinsten Partikelchen besonderer Gesteine zusammengeschlemmter Lehm ist; um die gröbsten Unterschiede auszudrücken, bezeichnet man die Pflanzen danach als Fels-, Sand- oder Thon-(Lehm-)Bewohner.
Thurmann schuf die Bezeichnungen dysgeogen und eu- geogen für die harten und weicheren Gesteine und die aus ihnen herstammenden Bodenarten, deren physikalischem Verhalten er
Vereinigte Einwirkung der
oder Salzgehalt sprechen zu müssen glaubt, während andere Pflanzen sich gleichgültiger gegen ihre Menge im Erd- reich verhalten und endlich andere geradezu von ihnen abgestossen werden. Auf die letzteren ist aber die schäd- liche Wirkung von Kalk und Kochsalz sehr viel grösser, als auf die sogenannten „kalk- und salzsteten“ Pflanzen die direkt (chemisch) fördernde Wirkung; denn diese ge- deihen in besonderer Pflege oder oft auch in der Natur sehr gut ohne Kalk bezw. Salz, haben dabei aber nun einen um so stärkeren Kampf um den Platz mit der grossen Menge „kieselsteter“ Pflanzen auszufechten, denen sie meistens nicht gewachsen sind, wenigstens nicht unter den obwaltenden Verhältnissen desselben Florenbezirks.
Wenn auch dies alles als richtig gelten muss, so ist es deswegen doch nicht nötig, die Untersuchungen Thur- manns als überflüssig zu verwerfen. Warum soll gerade immer in erster Linie der Charakter des Substrats chemisch, dann erst physikalisch in Betracht kommen? Warum nicht hier und da (vielleicht seltener) auch umgekehrt, warum endlich nicht beiderlei Eigenschaften oft mit gleichem Gewichte? Denn es lassen sich nun doch die Eigen- schaften in der Natur nicht trennen, und wie der Kalk- boden chemisch ausgezeichnet ist durch Calcium, so ist er es auch stets zugleich durch besondere Eigenschaften in Hinsicht auf Wasserzufuhr und Wärmeabgaben an Wurzeln. Auf beiderlei Eigenschaften müssen die kalk- steten und kalkholden Pflanzen eingerichtet und in dieser ihrer einseitigen Anpassung ohne Kalk schwächlich sein. In Hinsicht der physikalischen Eigenschaften selbst treten dann noch bei jeder Gesteinsart darin Modifikationen auf, dass der Boden ein harter, nur von Rissen und Sprüngen durchzogener Fels, oder ein sandiges Gerölle, feiner Sand oder endlich ein aus den feinsten Partikelchen besonderer Gesteine zusammengeschlemmter Lehm ist; um die gröbsten Unterschiede auszudrücken, bezeichnet man die Pflanzen danach als Fels-, Sand- oder Thon-(Lehm-)Bewohner.
Thurmann schuf die Bezeichnungen dysgeogen und eu- geogen für die harten und weicheren Gesteine und die aus ihnen herstammenden Bodenarten, deren physikalischem Verhalten er
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Vereinigte Einwirkung der
oder Salzgehalt sprechen zu müssen glaubt, während andere
Pflanzen sich gleichgültiger gegen ihre Menge im Erd-
reich verhalten und endlich andere geradezu von ihnen
abgestossen werden. Auf die letzteren ist aber die schäd-
liche Wirkung von Kalk und Kochsalz sehr viel grösser,
als auf die sogenannten „kalk- und salzsteten“ Pflanzen
die direkt (chemisch) fördernde Wirkung; denn diese ge-
deihen in besonderer Pflege oder oft auch in der Natur
sehr gut ohne Kalk bezw. Salz, haben dabei aber nun
einen um so stärkeren Kampf um den Platz mit der
grossen Menge „kieselsteter“ Pflanzen auszufechten, denen
sie meistens nicht gewachsen sind, wenigstens nicht unter
den obwaltenden Verhältnissen desselben Florenbezirks.
Wenn auch dies alles als richtig gelten muss, so ist
es deswegen doch nicht nötig, die Untersuchungen Thur-
manns als überflüssig zu verwerfen. Warum soll gerade
immer in erster Linie der Charakter des Substrats chemisch,
dann erst physikalisch in Betracht kommen? Warum
nicht hier und da (vielleicht seltener) auch umgekehrt,
warum endlich nicht beiderlei Eigenschaften oft mit gleichem
Gewichte? Denn es lassen sich nun doch die Eigen-
schaften in der Natur nicht trennen, und wie der Kalk-
boden chemisch ausgezeichnet ist durch Calcium, so ist
er es auch stets zugleich durch besondere Eigenschaften
in Hinsicht auf Wasserzufuhr und Wärmeabgaben an
Wurzeln. Auf beiderlei Eigenschaften müssen die kalk-
steten und kalkholden Pflanzen eingerichtet und in dieser
ihrer einseitigen Anpassung ohne Kalk schwächlich sein.
In Hinsicht der physikalischen Eigenschaften selbst treten
dann noch bei jeder Gesteinsart darin Modifikationen auf,
dass der Boden ein harter, nur von Rissen und Sprüngen
durchzogener Fels, oder ein sandiges Gerölle, feiner Sand
oder endlich ein aus den feinsten Partikelchen besonderer
Gesteine zusammengeschlemmter Lehm ist; um die gröbsten
Unterschiede auszudrücken, bezeichnet man die Pflanzen
danach als Fels-, Sand- oder Thon-(Lehm-)Bewohner.
Thurmann schuf die Bezeichnungen dysgeogen und eu-
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/78>, abgerufen am 16.02.2025.
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