So ist der allgemeine Landescharakter der einer "frischen, welligen und blumenreichen Steppe", welche von der kaspischen Salzsteppe sehr verschieden sich nach der Durchstreuung mit Baumoasen (Pinus silvestris! siehe deren hypothetische Vegetations- linie in der Vergangenheit bei Köppen, Karte IV!) in Vorsteppe, Uebergangs- und eigentliche Grassteppe gliedert, in welch letzterer die Formationen am reinsten ausgesprochen sind. "Sie sind erkennbar an dem dichten und wolligen Rasen, welcher vorzugs- weise von der silberglänzenden Stipa pennata und capillata ge- bildet wird und der, vom Winde angehaucht, gleich einem reichen Kornfelde auf und nieder wogt. Hier bilden nur krüppelige Erlen, Birken, Linden und strauchartige Eichen in den Schluchten der Berge ein kümmerliches Gestrüpp, während man an wenigen Stellen, in den Niederungen an den Ufern der Flüsse, diese Bäume zu kleinen Hainen vereint vorfindet. Dagegen zieren kleine Sträucher: Caragana frutescens, Cytisus biflorus, Amygdalus nana, Prunus Chamaecerasus, Spiraea crenata u. a. die Anhöhen. Alle Coniferen und Ericaceen fehlen" (Sergyews nördl. Samara, nach Claus). -- Der phänologische Charakter dieser Flora ist oft ge- schildert: ein starker Wechsel vorherrschender Arten in der all- gemeinen Gräserflur ist bezeichnend; in den ersten Frühlingstagen (Ende April) erscheinen die Tulpen und Fritillarien, Iris mit Adonis und Pulsatilla, tiefes Grün spriesst auf; Mitte Mai sind Cruciferen (Alyssum) und Labiaten (Salvia, Dracocephalum) an deren Stelle getreten, Anfang Juni Leguminosen, Sileneen, neue Labiaten und Boragineen; das Grün blasst ab, zu Beginn des Juli beginnt die Hauptblüte der Umbelliferen (Libanotis montana, Peucedanum alsaticum) und Filipendula; Mitte Juli die der Compositen (Cen- taurea, Serratula) als Vorboten des nahenden Herbstes, der den Grundton der Steppe in ein falbes Gelb verwandelt.
Die Formationen der Krim nach Rehmann (a. a. O.) siehe in G. J., Bd. VII, S. 197.
2. Die kaukasische Wald- und Hochgebirgs- region scheint sich weniger scharf, als es bei mittel- europäischen Gebirgen der Fall war, in ausgesprochene Laub- und Nadelwaldformationen zu gliedern, auf welche dann erst die alpinen Formationen folgen. Dagegen ist der über den Steppen beginnende Wald in seinen unter- sten Beständen vorwiegend aus wärmeren Arten gebildet, über denen erst oberwärts die gemischten, und endlich die reinen Nadelwaldbestände vom borealen Charakter folgen. Die Wiesengräser sind grösstenteils mitteleuro- päische Arten.
Höhengrenzen am Südhang in Mingrelien: Lorbeer und Cistus salvifolius bis 200 m; Rhus Cotinus im Rionthal bis 625 m, Wein-
3. Pontische Steppen und Kaukasus.
So ist der allgemeine Landescharakter der einer „frischen, welligen und blumenreichen Steppe“, welche von der kaspischen Salzsteppe sehr verschieden sich nach der Durchstreuung mit Baumoasen (Pinus silvestris! siehe deren hypothetische Vegetations- linie in der Vergangenheit bei Köppen, Karte IV!) in Vorsteppe, Uebergangs- und eigentliche Grassteppe gliedert, in welch letzterer die Formationen am reinsten ausgesprochen sind. „Sie sind erkennbar an dem dichten und wolligen Rasen, welcher vorzugs- weise von der silberglänzenden Stipa pennata und capillata ge- bildet wird und der, vom Winde angehaucht, gleich einem reichen Kornfelde auf und nieder wogt. Hier bilden nur krüppelige Erlen, Birken, Linden und strauchartige Eichen in den Schluchten der Berge ein kümmerliches Gestrüpp, während man an wenigen Stellen, in den Niederungen an den Ufern der Flüsse, diese Bäume zu kleinen Hainen vereint vorfindet. Dagegen zieren kleine Sträucher: Caragana frutescens, Cytisus biflorus, Amygdalus nana, Prunus Chamaecerasus, Spiraea crenata u. a. die Anhöhen. Alle Coniferen und Ericaceen fehlen“ (Sergyews nördl. Samara, nach Claus). — Der phänologische Charakter dieser Flora ist oft ge- schildert: ein starker Wechsel vorherrschender Arten in der all- gemeinen Gräserflur ist bezeichnend; in den ersten Frühlingstagen (Ende April) erscheinen die Tulpen und Fritillarien, Iris mit Adonis und Pulsatilla, tiefes Grün spriesst auf; Mitte Mai sind Cruciferen (Alyssum) und Labiaten (Salvia, Dracocephalum) an deren Stelle getreten, Anfang Juni Leguminosen, Sileneen, neue Labiaten und Boragineen; das Grün blasst ab, zu Beginn des Juli beginnt die Hauptblüte der Umbelliferen (Libanotis montana, Peucedanum alsaticum) und Filipendula; Mitte Juli die der Compositen (Cen- taurea, Serratula) als Vorboten des nahenden Herbstes, der den Grundton der Steppe in ein falbes Gelb verwandelt.
Die Formationen der Krim nach Rehmann (a. a. O.) siehe in G. J., Bd. VII, S. 197.
2. Die kaukasische Wald- und Hochgebirgs- region scheint sich weniger scharf, als es bei mittel- europäischen Gebirgen der Fall war, in ausgesprochene Laub- und Nadelwaldformationen zu gliedern, auf welche dann erst die alpinen Formationen folgen. Dagegen ist der über den Steppen beginnende Wald in seinen unter- sten Beständen vorwiegend aus wärmeren Arten gebildet, über denen erst oberwärts die gemischten, und endlich die reinen Nadelwaldbestände vom borealen Charakter folgen. Die Wiesengräser sind grösstenteils mitteleuro- päische Arten.
Höhengrenzen am Südhang in Mingrelien: Lorbeer und Cistus salvifolius bis 200 m; Rhus Cotinus im Rionthal bis 625 m, Wein-
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3. Pontische Steppen und Kaukasus.
So ist der allgemeine Landescharakter der einer „frischen,
welligen und blumenreichen Steppe“, welche von der kaspischen
Salzsteppe sehr verschieden sich nach der Durchstreuung mit
Baumoasen (Pinus silvestris! siehe deren hypothetische Vegetations-
linie in der Vergangenheit bei Köppen, Karte IV!) in Vorsteppe,
Uebergangs- und eigentliche Grassteppe gliedert, in welch
letzterer die Formationen am reinsten ausgesprochen sind. „Sie sind
erkennbar an dem dichten und wolligen Rasen, welcher vorzugs-
weise von der silberglänzenden Stipa pennata und capillata ge-
bildet wird und der, vom Winde angehaucht, gleich einem reichen
Kornfelde auf und nieder wogt. Hier bilden nur krüppelige Erlen,
Birken, Linden und strauchartige Eichen in den Schluchten der
Berge ein kümmerliches Gestrüpp, während man an wenigen
Stellen, in den Niederungen an den Ufern der Flüsse, diese Bäume
zu kleinen Hainen vereint vorfindet. Dagegen zieren kleine
Sträucher: Caragana frutescens, Cytisus biflorus, Amygdalus nana,
Prunus Chamaecerasus, Spiraea crenata u. a. die Anhöhen. Alle
Coniferen und Ericaceen fehlen“ (Sergyews nördl. Samara, nach
Claus). — Der phänologische Charakter dieser Flora ist oft ge-
schildert: ein starker Wechsel vorherrschender Arten in der all-
gemeinen Gräserflur ist bezeichnend; in den ersten Frühlingstagen
(Ende April) erscheinen die Tulpen und Fritillarien, Iris mit Adonis
und Pulsatilla, tiefes Grün spriesst auf; Mitte Mai sind Cruciferen
(Alyssum) und Labiaten (Salvia, Dracocephalum) an deren Stelle
getreten, Anfang Juni Leguminosen, Sileneen, neue Labiaten und
Boragineen; das Grün blasst ab, zu Beginn des Juli beginnt die
Hauptblüte der Umbelliferen (Libanotis montana, Peucedanum
alsaticum) und Filipendula; Mitte Juli die der Compositen (Cen-
taurea, Serratula) als Vorboten des nahenden Herbstes, der den
Grundton der Steppe in ein falbes Gelb verwandelt.
Die Formationen der Krim nach Rehmann (a. a. O.) siehe
in G. J., Bd. VII, S. 197.
2. Die kaukasische Wald- und Hochgebirgs-
region scheint sich weniger scharf, als es bei mittel-
europäischen Gebirgen der Fall war, in ausgesprochene
Laub- und Nadelwaldformationen zu gliedern, auf welche
dann erst die alpinen Formationen folgen. Dagegen ist
der über den Steppen beginnende Wald in seinen unter-
sten Beständen vorwiegend aus wärmeren Arten gebildet,
über denen erst oberwärts die gemischten, und endlich
die reinen Nadelwaldbestände vom borealen Charakter
folgen. Die Wiesengräser sind grösstenteils mitteleuro-
päische Arten.
Höhengrenzen am Südhang in Mingrelien: Lorbeer und Cistus
salvifolius bis 200 m; Rhus Cotinus im Rionthal bis 625 m, Wein-
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/416>, abgerufen am 22.11.2024.
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