Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

Fortschritt der Florenkunde
am seltensten, bleiben aber sicherlich nicht lange ver-
einzelt.

Die Anordnung der herrschenden Pflanzenarten zu
Formationen hat auch schon über die ganze Erde hin, in
allen Florenreichen, von botanischer Seite stellenweise
Bearbeitung gefunden, wenngleich hier noch viel zu thun
übrig geblieben ist. Grisebach selbst als Schöpfer der
ausgesprochenen Anwendung von "Vegetationsformationen"
für die spezielle geographische Florenkunde, dann Kerner,
viele andere diesen folgend, in jüngerer Zeit Beck, haben
in Deutschland und Oesterreich, Christ in der Schweiz
diesem Gesichtspunkte ausführlich Rechnung getragen;
lange vor Grisebachs Veröffentlichungen hatte Martius in
den weiten Gefilden Brasiliens auf seiner Durchquerung
von Rio zum oberen Amazonas wohl als erster das Ma-
terial zu einer gründlich durchdachten Unterscheidung
tropischer Vegetationsformationen in aller Ausführlichkeit
gesammelt und war darin weit über Humboldts grund-
legende, schöpferische Ideen in botanischer Sachlichkeit
und in kartographischer Abtrennung bestimmter Vege-
tationsregionen hinausgegangen.

Um die Mitte des Jahrhunderts schuf Willkomm für
Spanien, Zollinger für Java, Hooker im Verein mit
Thomson aus dem Himalaya und aus dem fernen Süden,
Maximowicz aus dem Amurlande ein formationsmäßig
genau und vielseitig angeordnetes Vegetationsbild. Eine
Erdumsegelung brachte in den Vegetationsansichten der
Küstengebiete des Stillen Ozeans von Kittlitz Formations-
bilder hervor, welche den Geographen ihre Fruchtbarkeit
zur Charakterisierung der Landschaften, den Botanikern
das Interesse biologischer Anpassungsformen zeigen konn-
ten. Das Pflanzenleben des hohen Nordens, schon lange
mit Interesse von den Polarfahrern verfolgt, wurde in
seinen Beständen durch Middendorff im Taimyrland, durch
Richardson im arktischen Amerika zuerst enthüllt, denen
sich dann in jüngerer Zeit die herrlichen Arbeiten von
Kjellman bei der Vega-Expedition, durch Nathorst für
Spitzbergen, durch Warming für Grönland, durch Holm
in der Dijmphnaexpedition fruchtbar anschlossen. Die

Fortschritt der Florenkunde
am seltensten, bleiben aber sicherlich nicht lange ver-
einzelt.

Die Anordnung der herrschenden Pflanzenarten zu
Formationen hat auch schon über die ganze Erde hin, in
allen Florenreichen, von botanischer Seite stellenweise
Bearbeitung gefunden, wenngleich hier noch viel zu thun
übrig geblieben ist. Grisebach selbst als Schöpfer der
ausgesprochenen Anwendung von „Vegetationsformationen“
für die spezielle geographische Florenkunde, dann Kerner,
viele andere diesen folgend, in jüngerer Zeit Beck, haben
in Deutschland und Oesterreich, Christ in der Schweiz
diesem Gesichtspunkte ausführlich Rechnung getragen;
lange vor Grisebachs Veröffentlichungen hatte Martius in
den weiten Gefilden Brasiliens auf seiner Durchquerung
von Rio zum oberen Amazonas wohl als erster das Ma-
terial zu einer gründlich durchdachten Unterscheidung
tropischer Vegetationsformationen in aller Ausführlichkeit
gesammelt und war darin weit über Humboldts grund-
legende, schöpferische Ideen in botanischer Sachlichkeit
und in kartographischer Abtrennung bestimmter Vege-
tationsregionen hinausgegangen.

Um die Mitte des Jahrhunderts schuf Willkomm für
Spanien, Zollinger für Java, Hooker im Verein mit
Thomson aus dem Himalaya und aus dem fernen Süden,
Maximowicz aus dem Amurlande ein formationsmäßig
genau und vielseitig angeordnetes Vegetationsbild. Eine
Erdumsegelung brachte in den Vegetationsansichten der
Küstengebiete des Stillen Ozeans von Kittlitz Formations-
bilder hervor, welche den Geographen ihre Fruchtbarkeit
zur Charakterisierung der Landschaften, den Botanikern
das Interesse biologischer Anpassungsformen zeigen konn-
ten. Das Pflanzenleben des hohen Nordens, schon lange
mit Interesse von den Polarfahrern verfolgt, wurde in
seinen Beständen durch Middendorff im Taimyrland, durch
Richardson im arktischen Amerika zuerst enthüllt, denen
sich dann in jüngerer Zeit die herrlichen Arbeiten von
Kjellman bei der Vega-Expedition, durch Nathorst für
Spitzbergen, durch Warming für Grönland, durch Holm
in der Dijmphnaexpedition fruchtbar anschlossen. Die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0366" n="336"/><fw place="top" type="header">Fortschritt der Florenkunde</fw><lb/>
am seltensten, bleiben aber sicherlich nicht lange ver-<lb/>
einzelt.</p><lb/>
          <p>Die Anordnung der herrschenden Pflanzenarten zu<lb/>
Formationen hat auch schon über die ganze Erde hin, in<lb/>
allen Florenreichen, von botanischer Seite stellenweise<lb/>
Bearbeitung gefunden, wenngleich hier noch viel zu thun<lb/>
übrig geblieben ist. Grisebach selbst als Schöpfer der<lb/>
ausgesprochenen Anwendung von &#x201E;Vegetationsformationen&#x201C;<lb/>
für die spezielle geographische Florenkunde, dann Kerner,<lb/>
viele andere diesen folgend, in jüngerer Zeit Beck, haben<lb/>
in Deutschland und Oesterreich, Christ in der Schweiz<lb/>
diesem Gesichtspunkte ausführlich Rechnung getragen;<lb/>
lange vor Grisebachs Veröffentlichungen hatte Martius in<lb/>
den weiten Gefilden Brasiliens auf seiner Durchquerung<lb/>
von Rio zum oberen Amazonas wohl als erster das Ma-<lb/>
terial zu einer gründlich durchdachten Unterscheidung<lb/>
tropischer Vegetationsformationen in aller Ausführlichkeit<lb/>
gesammelt und war darin weit über Humboldts grund-<lb/>
legende, schöpferische Ideen in botanischer Sachlichkeit<lb/>
und in kartographischer Abtrennung bestimmter Vege-<lb/>
tationsregionen hinausgegangen.</p><lb/>
          <p>Um die Mitte des Jahrhunderts schuf Willkomm für<lb/>
Spanien, Zollinger für Java, Hooker im Verein mit<lb/>
Thomson aus dem Himalaya und aus dem fernen Süden,<lb/>
Maximowicz aus dem Amurlande ein formationsmäßig<lb/>
genau und vielseitig angeordnetes Vegetationsbild. Eine<lb/>
Erdumsegelung brachte in den Vegetationsansichten der<lb/>
Küstengebiete des Stillen Ozeans von Kittlitz Formations-<lb/>
bilder hervor, welche den Geographen ihre Fruchtbarkeit<lb/>
zur Charakterisierung der Landschaften, den Botanikern<lb/>
das Interesse biologischer Anpassungsformen zeigen konn-<lb/>
ten. Das Pflanzenleben des hohen Nordens, schon lange<lb/>
mit Interesse von den Polarfahrern verfolgt, wurde in<lb/>
seinen Beständen durch Middendorff im Taimyrland, durch<lb/>
Richardson im arktischen Amerika zuerst enthüllt, denen<lb/>
sich dann in jüngerer Zeit die herrlichen Arbeiten von<lb/>
Kjellman bei der Vega-Expedition, durch Nathorst für<lb/>
Spitzbergen, durch Warming für Grönland, durch Holm<lb/>
in der Dijmphnaexpedition fruchtbar anschlossen. Die<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[336/0366] Fortschritt der Florenkunde am seltensten, bleiben aber sicherlich nicht lange ver- einzelt. Die Anordnung der herrschenden Pflanzenarten zu Formationen hat auch schon über die ganze Erde hin, in allen Florenreichen, von botanischer Seite stellenweise Bearbeitung gefunden, wenngleich hier noch viel zu thun übrig geblieben ist. Grisebach selbst als Schöpfer der ausgesprochenen Anwendung von „Vegetationsformationen“ für die spezielle geographische Florenkunde, dann Kerner, viele andere diesen folgend, in jüngerer Zeit Beck, haben in Deutschland und Oesterreich, Christ in der Schweiz diesem Gesichtspunkte ausführlich Rechnung getragen; lange vor Grisebachs Veröffentlichungen hatte Martius in den weiten Gefilden Brasiliens auf seiner Durchquerung von Rio zum oberen Amazonas wohl als erster das Ma- terial zu einer gründlich durchdachten Unterscheidung tropischer Vegetationsformationen in aller Ausführlichkeit gesammelt und war darin weit über Humboldts grund- legende, schöpferische Ideen in botanischer Sachlichkeit und in kartographischer Abtrennung bestimmter Vege- tationsregionen hinausgegangen. Um die Mitte des Jahrhunderts schuf Willkomm für Spanien, Zollinger für Java, Hooker im Verein mit Thomson aus dem Himalaya und aus dem fernen Süden, Maximowicz aus dem Amurlande ein formationsmäßig genau und vielseitig angeordnetes Vegetationsbild. Eine Erdumsegelung brachte in den Vegetationsansichten der Küstengebiete des Stillen Ozeans von Kittlitz Formations- bilder hervor, welche den Geographen ihre Fruchtbarkeit zur Charakterisierung der Landschaften, den Botanikern das Interesse biologischer Anpassungsformen zeigen konn- ten. Das Pflanzenleben des hohen Nordens, schon lange mit Interesse von den Polarfahrern verfolgt, wurde in seinen Beständen durch Middendorff im Taimyrland, durch Richardson im arktischen Amerika zuerst enthüllt, denen sich dann in jüngerer Zeit die herrlichen Arbeiten von Kjellman bei der Vega-Expedition, durch Nathorst für Spitzbergen, durch Warming für Grönland, durch Holm in der Dijmphnaexpedition fruchtbar anschlossen. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/366
Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/366>, abgerufen am 24.11.2024.