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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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Salzsteppen, Stranddünen.
gang vom lichten Buschwalde zu der charakteristischen Salzvege-
tation, bestehend in hohen oder niederen Sträuchern mit kleinen
Blättern in Gestalt anliegender, fleischig graugrüner Schuppen,
welche je näher an den Stellen stärkster Salzung desto mehr an
Höhe und Dichtigkeit abnehmen, bis zuletzt der nackte Boden mit
weisser Salzkruste die Oberhand über einige dorthin verirrte
spärliche, niederliegende Kräuter behält. Auf grosse Strecken
herrscht dann, wieder weiter ab von dem hier das Salz mitführen-
den Flusse, die Salsolaceen-"Jume"-Wüste, zusammengesetzt aus
Atriplex pamparum, Spirostachys vaginata und patagonica, Suaeda
divaricata, zwischen welchen einzelne harte Gesträuche, Lycium-
arten, Grahamia bracteata (eine Portulacee) nur als Ausschmückung
dienen. Der Boden zwischen den Sträuchern ist mit einer ziemlich
dicken, pulverigen, weissen Salzkruste bedeckt. Die Atriplex
pamparum ist so alkalireich, dass ihre Asche zur Seifenfabrikation
gebraucht wird. -- Wo dann sandiges Gelände mit Dünenbildung
anhebt, treten die Salsolaceen zurück, werden durch Gesträuche
ersetzt, von denen eine Composite (Baccharis glutinosa) bemerkens-
wert ist, über mannshoch, einen dichten und stattlichen, viel-
stengeligen Busch bildend, der meist auf einer kleinen, durch das
Wegspülen des Erdreichs zwischen den Büschen entstandenen Er-
höhung steht. Hier mischen sich dann häufig orangerot blühende
Opuntien und armleuchterartige Cereus in das Gebüsch.

Den sich aus dem Bodencharakter ergebenden Ab-
teilungen der Steppen- und Wüstenformationen sind in
Neumayers "Anleitung" (2. Aufl., Bd. II, S. 177) noch
die Krautsteppen und Strauchsteppen hinzugefügt.
Sie ergeben sich als natürliche Uebergänge zu den ge-
schlossenen Formationen derselben Vegetationsart, sofern
der allgemeine Steppencharakter noch gewahrt bleibt.
Der Grassteppen, die sich dann anschliessen, ist schon
vorhin gedacht worden.

Als einer methodisch lehrreichen Untersuchung, welche
an dem Beispiel der spanischen Steppengebiete die Be-
handlungsweise dieser Formation überhaupt klar legt,
seien die Resultate von Willkomm (Strand- und Steppen-
gebiete der iberischen Halbinsel, 1852) erwähnt. Hier
wird auch gezeigt, dass nicht etwa der gemeinsame Cha-
rakter des Salzes im Boden von Strand- und Salzsteppe
eine durchgängige Gemeinsamkeit der Formation aus-
mache; denn von 376 Arten der iberischen Halophyten
kommen 212 nur in den Strandgegenden, 111 nur in
den Steppen vor, 53 allein gehören beiden gemeinsam

Salzsteppen, Stranddünen.
gang vom lichten Buschwalde zu der charakteristischen Salzvege-
tation, bestehend in hohen oder niederen Sträuchern mit kleinen
Blättern in Gestalt anliegender, fleischig graugrüner Schuppen,
welche je näher an den Stellen stärkster Salzung desto mehr an
Höhe und Dichtigkeit abnehmen, bis zuletzt der nackte Boden mit
weisser Salzkruste die Oberhand über einige dorthin verirrte
spärliche, niederliegende Kräuter behält. Auf grosse Strecken
herrscht dann, wieder weiter ab von dem hier das Salz mitführen-
den Flusse, die Salsolaceen-„Jume“-Wüste, zusammengesetzt aus
Atriplex pamparum, Spirostachys vaginata und patagonica, Suaeda
divaricata, zwischen welchen einzelne harte Gesträuche, Lycium-
arten, Grahamia bracteata (eine Portulacee) nur als Ausschmückung
dienen. Der Boden zwischen den Sträuchern ist mit einer ziemlich
dicken, pulverigen, weissen Salzkruste bedeckt. Die Atriplex
pamparum ist so alkalireich, dass ihre Asche zur Seifenfabrikation
gebraucht wird. — Wo dann sandiges Gelände mit Dünenbildung
anhebt, treten die Salsolaceen zurück, werden durch Gesträuche
ersetzt, von denen eine Composite (Baccharis glutinosa) bemerkens-
wert ist, über mannshoch, einen dichten und stattlichen, viel-
stengeligen Busch bildend, der meist auf einer kleinen, durch das
Wegspülen des Erdreichs zwischen den Büschen entstandenen Er-
höhung steht. Hier mischen sich dann häufig orangerot blühende
Opuntien und armleuchterartige Cereus in das Gebüsch.

Den sich aus dem Bodencharakter ergebenden Ab-
teilungen der Steppen- und Wüstenformationen sind in
Neumayers „Anleitung“ (2. Aufl., Bd. II, S. 177) noch
die Krautsteppen und Strauchsteppen hinzugefügt.
Sie ergeben sich als natürliche Uebergänge zu den ge-
schlossenen Formationen derselben Vegetationsart, sofern
der allgemeine Steppencharakter noch gewahrt bleibt.
Der Grassteppen, die sich dann anschliessen, ist schon
vorhin gedacht worden.

Als einer methodisch lehrreichen Untersuchung, welche
an dem Beispiel der spanischen Steppengebiete die Be-
handlungsweise dieser Formation überhaupt klar legt,
seien die Resultate von Willkomm (Strand- und Steppen-
gebiete der iberischen Halbinsel, 1852) erwähnt. Hier
wird auch gezeigt, dass nicht etwa der gemeinsame Cha-
rakter des Salzes im Boden von Strand- und Salzsteppe
eine durchgängige Gemeinsamkeit der Formation aus-
mache; denn von 376 Arten der iberischen Halophyten
kommen 212 nur in den Strandgegenden, 111 nur in
den Steppen vor, 53 allein gehören beiden gemeinsam

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[325/0355] Salzsteppen, Stranddünen. gang vom lichten Buschwalde zu der charakteristischen Salzvege- tation, bestehend in hohen oder niederen Sträuchern mit kleinen Blättern in Gestalt anliegender, fleischig graugrüner Schuppen, welche je näher an den Stellen stärkster Salzung desto mehr an Höhe und Dichtigkeit abnehmen, bis zuletzt der nackte Boden mit weisser Salzkruste die Oberhand über einige dorthin verirrte spärliche, niederliegende Kräuter behält. Auf grosse Strecken herrscht dann, wieder weiter ab von dem hier das Salz mitführen- den Flusse, die Salsolaceen-„Jume“-Wüste, zusammengesetzt aus Atriplex pamparum, Spirostachys vaginata und patagonica, Suaeda divaricata, zwischen welchen einzelne harte Gesträuche, Lycium- arten, Grahamia bracteata (eine Portulacee) nur als Ausschmückung dienen. Der Boden zwischen den Sträuchern ist mit einer ziemlich dicken, pulverigen, weissen Salzkruste bedeckt. Die Atriplex pamparum ist so alkalireich, dass ihre Asche zur Seifenfabrikation gebraucht wird. — Wo dann sandiges Gelände mit Dünenbildung anhebt, treten die Salsolaceen zurück, werden durch Gesträuche ersetzt, von denen eine Composite (Baccharis glutinosa) bemerkens- wert ist, über mannshoch, einen dichten und stattlichen, viel- stengeligen Busch bildend, der meist auf einer kleinen, durch das Wegspülen des Erdreichs zwischen den Büschen entstandenen Er- höhung steht. Hier mischen sich dann häufig orangerot blühende Opuntien und armleuchterartige Cereus in das Gebüsch. Den sich aus dem Bodencharakter ergebenden Ab- teilungen der Steppen- und Wüstenformationen sind in Neumayers „Anleitung“ (2. Aufl., Bd. II, S. 177) noch die Krautsteppen und Strauchsteppen hinzugefügt. Sie ergeben sich als natürliche Uebergänge zu den ge- schlossenen Formationen derselben Vegetationsart, sofern der allgemeine Steppencharakter noch gewahrt bleibt. Der Grassteppen, die sich dann anschliessen, ist schon vorhin gedacht worden. Als einer methodisch lehrreichen Untersuchung, welche an dem Beispiel der spanischen Steppengebiete die Be- handlungsweise dieser Formation überhaupt klar legt, seien die Resultate von Willkomm (Strand- und Steppen- gebiete der iberischen Halbinsel, 1852) erwähnt. Hier wird auch gezeigt, dass nicht etwa der gemeinsame Cha- rakter des Salzes im Boden von Strand- und Salzsteppe eine durchgängige Gemeinsamkeit der Formation aus- mache; denn von 376 Arten der iberischen Halophyten kommen 212 nur in den Strandgegenden, 111 nur in den Steppen vor, 53 allein gehören beiden gemeinsam

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/355>, abgerufen am 17.05.2024.