Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

Moosmoore und Moostorf-Sümpfe.
eigentümliche Organisation der Sphagnaceen, der Torf-
moose, welche hier mit einigen treulich ihnen folgenden
Bryaceen das Feld beherrschen, sich diese Wasserfülle
selbst, indem diese Moose wie schwammartig saugende
Körper flüssiges Wasser in sich zu halten vermögen und
dasselbe während der kurz vorübergehenden niederschlags-
losen Zeiten im Sommer zur Speisung der Ernährungs-
zellen verwenden. Sie haben die Fähigkeit, in stehendes
Wasser hinein tiefgründige Moosinseln zur Ausfüllung
vorzusenden, andererseits Wiesenmoore bei ständiger Be-
rieselung in Moosmoore zu verwandeln, überhaupt da, wo
sich in langer Ausdauer grössere Mengen abgestorbener
Moosreste ansammeln können, Moor mit Torfunterlage
zu erzeugen, in welches einzelne Stauden, besonders aber
Riedgräser (Scirpus, Eriophorum, Carex) und Ericaceen
aufgenommen werden. Auch Gebüsche können dazutreten,
wie Knieholz und Sumpfbirken.

Die Moorbildung geht überall da vor sich, wo unter der Wir-
kung von ständig im Ueberschuss vorhandenem, aber nicht zu zu-
sammenhängender Flüssigkeit gesammeltem Wasser die gewöhn-
liche Humusbildung und Vermoderung der jährlich absterbenden
Vegetationstriebe durch eine Torfbildung ersetzt wird. Je nach
den Beständen, welche auf solchem versumpften Boden wachsen
und mit ihren Resten torfbildend auftreten, gibt es daher Wald-
moore, Strauchmoore, Wiesen- (Gras-) Moore und Moosmoore. Die
letztgenannten sind die häufigsten, da der Wald nur selten eine
dauernde Vertorfung erträgt und in solchen Fällen vielmehr durch
eingenistete Sphagneten allmählich in ein Moosmoor umgewandelt
wird. Die Schilfmoore leiten, da sie sich aus stehendem Wasser
erheben, zu den alsbald zu besprechenden Formationen des Süss-
wassers über, dauern aber, wie oben gezeigt, nicht aus, sondern
machen Wiesenmooren Platz.

Die Moosmoore sind weit über die Erde verbreitet,
scheinen aber in grossen Flächen nur im Nordischen und
Antarktischen Florenreich vorzukommen. Sie finden sich
nach Warmings Beobachtungen in Grönland noch 600
bis 1000 m hoch unter 70° N., bilden aber auf dieser
arktischen Insel, wie es scheint, nur sehr selten Torf;
Nathorst hat unter 76° N. bei Kap York die Torfbildung
selbst noch als vorhanden bestätigt. Bei Egedesminde
sah Warming die Entstehung von "Torfinseln" durch

Moosmoore und Moostorf-Sümpfe.
eigentümliche Organisation der Sphagnaceen, der Torf-
moose, welche hier mit einigen treulich ihnen folgenden
Bryaceen das Feld beherrschen, sich diese Wasserfülle
selbst, indem diese Moose wie schwammartig saugende
Körper flüssiges Wasser in sich zu halten vermögen und
dasselbe während der kurz vorübergehenden niederschlags-
losen Zeiten im Sommer zur Speisung der Ernährungs-
zellen verwenden. Sie haben die Fähigkeit, in stehendes
Wasser hinein tiefgründige Moosinseln zur Ausfüllung
vorzusenden, andererseits Wiesenmoore bei ständiger Be-
rieselung in Moosmoore zu verwandeln, überhaupt da, wo
sich in langer Ausdauer grössere Mengen abgestorbener
Moosreste ansammeln können, Moor mit Torfunterlage
zu erzeugen, in welches einzelne Stauden, besonders aber
Riedgräser (Scirpus, Eriophorum, Carex) und Ericaceen
aufgenommen werden. Auch Gebüsche können dazutreten,
wie Knieholz und Sumpfbirken.

Die Moorbildung geht überall da vor sich, wo unter der Wir-
kung von ständig im Ueberschuss vorhandenem, aber nicht zu zu-
sammenhängender Flüssigkeit gesammeltem Wasser die gewöhn-
liche Humusbildung und Vermoderung der jährlich absterbenden
Vegetationstriebe durch eine Torfbildung ersetzt wird. Je nach
den Beständen, welche auf solchem versumpften Boden wachsen
und mit ihren Resten torfbildend auftreten, gibt es daher Wald-
moore, Strauchmoore, Wiesen- (Gras-) Moore und Moosmoore. Die
letztgenannten sind die häufigsten, da der Wald nur selten eine
dauernde Vertorfung erträgt und in solchen Fällen vielmehr durch
eingenistete Sphagneten allmählich in ein Moosmoor umgewandelt
wird. Die Schilfmoore leiten, da sie sich aus stehendem Wasser
erheben, zu den alsbald zu besprechenden Formationen des Süss-
wassers über, dauern aber, wie oben gezeigt, nicht aus, sondern
machen Wiesenmooren Platz.

Die Moosmoore sind weit über die Erde verbreitet,
scheinen aber in grossen Flächen nur im Nordischen und
Antarktischen Florenreich vorzukommen. Sie finden sich
nach Warmings Beobachtungen in Grönland noch 600
bis 1000 m hoch unter 70° N., bilden aber auf dieser
arktischen Insel, wie es scheint, nur sehr selten Torf;
Nathorst hat unter 76° N. bei Kap York die Torfbildung
selbst noch als vorhanden bestätigt. Bei Egedesminde
sah Warming die Entstehung von „Torfinseln“ durch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0342" n="312"/><fw place="top" type="header">Moosmoore und Moostorf-Sümpfe.</fw><lb/>
eigentümliche Organisation der Sphagnaceen, der Torf-<lb/>
moose, welche hier mit einigen treulich ihnen folgenden<lb/>
Bryaceen das Feld beherrschen, sich diese Wasserfülle<lb/>
selbst, indem diese Moose wie schwammartig saugende<lb/>
Körper flüssiges Wasser in sich zu halten vermögen und<lb/>
dasselbe während der kurz vorübergehenden niederschlags-<lb/>
losen Zeiten im Sommer zur Speisung der Ernährungs-<lb/>
zellen verwenden. Sie haben die Fähigkeit, in stehendes<lb/>
Wasser hinein tiefgründige Moosinseln zur Ausfüllung<lb/>
vorzusenden, andererseits Wiesenmoore bei ständiger Be-<lb/>
rieselung in Moosmoore zu verwandeln, überhaupt da, wo<lb/>
sich in langer Ausdauer grössere Mengen abgestorbener<lb/>
Moosreste ansammeln können, <hi rendition="#g">Moor</hi> mit Torfunterlage<lb/>
zu erzeugen, in welches einzelne Stauden, besonders aber<lb/>
Riedgräser (<hi rendition="#i">Scirpus, Eriophorum, Carex</hi>) und Ericaceen<lb/>
aufgenommen werden. Auch Gebüsche können dazutreten,<lb/>
wie Knieholz und Sumpfbirken.</p><lb/>
          <p>Die Moorbildung geht überall da vor sich, wo unter der Wir-<lb/>
kung von ständig im Ueberschuss vorhandenem, aber nicht zu zu-<lb/>
sammenhängender Flüssigkeit gesammeltem Wasser die gewöhn-<lb/>
liche Humusbildung und Vermoderung der jährlich absterbenden<lb/>
Vegetationstriebe durch eine Torfbildung ersetzt wird. Je nach<lb/>
den Beständen, welche auf solchem versumpften Boden wachsen<lb/>
und mit ihren Resten torfbildend auftreten, gibt es daher Wald-<lb/>
moore, Strauchmoore, Wiesen- (Gras-) Moore und Moosmoore. Die<lb/>
letztgenannten sind die häufigsten, da der Wald nur selten eine<lb/>
dauernde Vertorfung erträgt und in solchen Fällen vielmehr durch<lb/>
eingenistete Sphagneten allmählich in ein Moosmoor umgewandelt<lb/>
wird. Die Schilfmoore leiten, da sie sich aus stehendem Wasser<lb/>
erheben, zu den alsbald zu besprechenden Formationen des Süss-<lb/>
wassers über, dauern aber, wie oben gezeigt, nicht aus, sondern<lb/>
machen Wiesenmooren Platz.</p><lb/>
          <p>Die Moosmoore sind weit über die Erde verbreitet,<lb/>
scheinen aber in grossen Flächen nur im Nordischen und<lb/>
Antarktischen Florenreich vorzukommen. Sie finden sich<lb/>
nach Warmings Beobachtungen in Grönland noch 600<lb/>
bis 1000 m hoch unter 70° N., bilden aber auf dieser<lb/>
arktischen Insel, wie es scheint, nur sehr selten Torf;<lb/>
Nathorst hat unter 76° N. bei Kap York die Torfbildung<lb/>
selbst noch als vorhanden bestätigt. Bei Egedesminde<lb/>
sah Warming die Entstehung von &#x201E;Torfinseln&#x201C; durch<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[312/0342] Moosmoore und Moostorf-Sümpfe. eigentümliche Organisation der Sphagnaceen, der Torf- moose, welche hier mit einigen treulich ihnen folgenden Bryaceen das Feld beherrschen, sich diese Wasserfülle selbst, indem diese Moose wie schwammartig saugende Körper flüssiges Wasser in sich zu halten vermögen und dasselbe während der kurz vorübergehenden niederschlags- losen Zeiten im Sommer zur Speisung der Ernährungs- zellen verwenden. Sie haben die Fähigkeit, in stehendes Wasser hinein tiefgründige Moosinseln zur Ausfüllung vorzusenden, andererseits Wiesenmoore bei ständiger Be- rieselung in Moosmoore zu verwandeln, überhaupt da, wo sich in langer Ausdauer grössere Mengen abgestorbener Moosreste ansammeln können, Moor mit Torfunterlage zu erzeugen, in welches einzelne Stauden, besonders aber Riedgräser (Scirpus, Eriophorum, Carex) und Ericaceen aufgenommen werden. Auch Gebüsche können dazutreten, wie Knieholz und Sumpfbirken. Die Moorbildung geht überall da vor sich, wo unter der Wir- kung von ständig im Ueberschuss vorhandenem, aber nicht zu zu- sammenhängender Flüssigkeit gesammeltem Wasser die gewöhn- liche Humusbildung und Vermoderung der jährlich absterbenden Vegetationstriebe durch eine Torfbildung ersetzt wird. Je nach den Beständen, welche auf solchem versumpften Boden wachsen und mit ihren Resten torfbildend auftreten, gibt es daher Wald- moore, Strauchmoore, Wiesen- (Gras-) Moore und Moosmoore. Die letztgenannten sind die häufigsten, da der Wald nur selten eine dauernde Vertorfung erträgt und in solchen Fällen vielmehr durch eingenistete Sphagneten allmählich in ein Moosmoor umgewandelt wird. Die Schilfmoore leiten, da sie sich aus stehendem Wasser erheben, zu den alsbald zu besprechenden Formationen des Süss- wassers über, dauern aber, wie oben gezeigt, nicht aus, sondern machen Wiesenmooren Platz. Die Moosmoore sind weit über die Erde verbreitet, scheinen aber in grossen Flächen nur im Nordischen und Antarktischen Florenreich vorzukommen. Sie finden sich nach Warmings Beobachtungen in Grönland noch 600 bis 1000 m hoch unter 70° N., bilden aber auf dieser arktischen Insel, wie es scheint, nur sehr selten Torf; Nathorst hat unter 76° N. bei Kap York die Torfbildung selbst noch als vorhanden bestätigt. Bei Egedesminde sah Warming die Entstehung von „Torfinseln“ durch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/342
Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/342>, abgerufen am 22.11.2024.