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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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Grisebachs Strauchformen.
so ist doch im letzteren Falle die Bildungsweise der
Vegetationsorgane einförmiger als bei den Bäumen."

Da im vorhergehenden vielfach Bezug auf die Vegetations-
formen der Sträucher im physiognomischen Sinne genommen wird,
so mögen die Grisebach'schen Bezeichnungen derselben insoweit
hier folgen, als sie zu selbständigen Beständen zusammentretend
vorkommen. Die Rhamnusform hat weiche biegsame Blätter mit
sommergrüner Belaubung; ihnen schliesst sich die Weidenform
mit schmalerem Laube an. Die Krummholzform umfasst die
strauchigen Nadelhölzer mit immergrüner, starr-nadelartiger Be-
laubung. Die Myrtenform zeigt glänzend-immergrüne und starre,
kleine Beblätterung, die Oleanderform ebensolche aber mit
grösseren Blättern (über Zollgrösse.) Die Tamariskenform zeigt
anliegende Blätter von sehr geringer Grösse mit schuppenartigem
Eindruck (vergl. Cypressen). Die Oschurform hat starre, blaugrün-
glanzlose, gegen Dürre besonders stark geschützte Blätter; ähnlich
auch die Proteaceenform.

Es folgen nun noch einige Strauchformen, welche durch
Unterdrückung der Blätter eine andere Art des Trockenschutzes
zeigen, als er bei den mit starrem, dicklederig-immergrünem
Laube ausgerüsteten Sträuchern ausgeprägt ist; es sind dies die
Formen der Casuarinen, dann die nach dem heimischen Besen-
strauch und seinen mediterranen Verwandten benannte Spartium-
form
, endlich die Vegetationsform der Dornsträucher, d. h. solcher
Gebüsche und Gesträuche, deren Zweige zu kräftigen Dornen aus-
wachsen, welche immergrün erhalten bleiben, während die kleinen
Blättchen rasch abfallen (Colletia cruciata!). Hinzuzufügen ist
noch die Form dickfleischiger Succulenten in Strauchform.

Ueberblickt man die hier genannten Vegetations-
formen Grisebachs vom Standpunkte einer biologischen
Organbildung in greifbarer Anpassung an die umgeben-
den klimatischen Verhältnisse, so müssen natürlich die
Unterschiede zwischen kleineren oder grösseren Blättern,
sowie die im morphologischen System liegenden aufge-
geben werden, und ausser den zwischen Gebüschen und
Gesträuchen angedeuteten Differenzen sind dann nur die
klimatischen Charaktere des sommergrünen, regengrünen,
saftig-immergrünen oder trockenschutz-immergrünen
Strauchwerkes, sowie endlich die des winterhart-immer-
grünen Laubes nordischer Coniferengebüsche, Ericaceen-
sträucher und -Halbsträucher haltbar, zu denen die
Klasse der "blattlosen Gesträuche" eine weitere vorzüg-
liche Anschmiegung an das subtropische Wüsten- und
Steppenklima repräsentiert. Es ist dabei hervorzuheben,

Grisebachs Strauchformen.
so ist doch im letzteren Falle die Bildungsweise der
Vegetationsorgane einförmiger als bei den Bäumen.“

Da im vorhergehenden vielfach Bezug auf die Vegetations-
formen der Sträucher im physiognomischen Sinne genommen wird,
so mögen die Grisebach’schen Bezeichnungen derselben insoweit
hier folgen, als sie zu selbständigen Beständen zusammentretend
vorkommen. Die Rhamnusform hat weiche biegsame Blätter mit
sommergrüner Belaubung; ihnen schliesst sich die Weidenform
mit schmalerem Laube an. Die Krummholzform umfasst die
strauchigen Nadelhölzer mit immergrüner, starr-nadelartiger Be-
laubung. Die Myrtenform zeigt glänzend-immergrüne und starre,
kleine Beblätterung, die Oleanderform ebensolche aber mit
grösseren Blättern (über Zollgrösse.) Die Tamariskenform zeigt
anliegende Blätter von sehr geringer Grösse mit schuppenartigem
Eindruck (vergl. Cypressen). Die Oschurform hat starre, blaugrün-
glanzlose, gegen Dürre besonders stark geschützte Blätter; ähnlich
auch die Proteaceenform.

Es folgen nun noch einige Strauchformen, welche durch
Unterdrückung der Blätter eine andere Art des Trockenschutzes
zeigen, als er bei den mit starrem, dicklederig-immergrünem
Laube ausgerüsteten Sträuchern ausgeprägt ist; es sind dies die
Formen der Casuarinen, dann die nach dem heimischen Besen-
strauch und seinen mediterranen Verwandten benannte Spartium-
form
, endlich die Vegetationsform der Dornsträucher, d. h. solcher
Gebüsche und Gesträuche, deren Zweige zu kräftigen Dornen aus-
wachsen, welche immergrün erhalten bleiben, während die kleinen
Blättchen rasch abfallen (Colletia cruciata!). Hinzuzufügen ist
noch die Form dickfleischiger Succulenten in Strauchform.

Ueberblickt man die hier genannten Vegetations-
formen Grisebachs vom Standpunkte einer biologischen
Organbildung in greifbarer Anpassung an die umgeben-
den klimatischen Verhältnisse, so müssen natürlich die
Unterschiede zwischen kleineren oder grösseren Blättern,
sowie die im morphologischen System liegenden aufge-
geben werden, und ausser den zwischen Gebüschen und
Gesträuchen angedeuteten Differenzen sind dann nur die
klimatischen Charaktere des sommergrünen, regengrünen,
saftig-immergrünen oder trockenschutz-immergrünen
Strauchwerkes, sowie endlich die des winterhart-immer-
grünen Laubes nordischer Coniferengebüsche, Ericaceen-
sträucher und -Halbsträucher haltbar, zu denen die
Klasse der „blattlosen Gesträuche“ eine weitere vorzüg-
liche Anschmiegung an das subtropische Wüsten- und
Steppenklima repräsentiert. Es ist dabei hervorzuheben,

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[278/0308] Grisebachs Strauchformen. so ist doch im letzteren Falle die Bildungsweise der Vegetationsorgane einförmiger als bei den Bäumen.“ Da im vorhergehenden vielfach Bezug auf die Vegetations- formen der Sträucher im physiognomischen Sinne genommen wird, so mögen die Grisebach’schen Bezeichnungen derselben insoweit hier folgen, als sie zu selbständigen Beständen zusammentretend vorkommen. Die Rhamnusform hat weiche biegsame Blätter mit sommergrüner Belaubung; ihnen schliesst sich die Weidenform mit schmalerem Laube an. Die Krummholzform umfasst die strauchigen Nadelhölzer mit immergrüner, starr-nadelartiger Be- laubung. Die Myrtenform zeigt glänzend-immergrüne und starre, kleine Beblätterung, die Oleanderform ebensolche aber mit grösseren Blättern (über Zollgrösse.) Die Tamariskenform zeigt anliegende Blätter von sehr geringer Grösse mit schuppenartigem Eindruck (vergl. Cypressen). Die Oschurform hat starre, blaugrün- glanzlose, gegen Dürre besonders stark geschützte Blätter; ähnlich auch die Proteaceenform. Es folgen nun noch einige Strauchformen, welche durch Unterdrückung der Blätter eine andere Art des Trockenschutzes zeigen, als er bei den mit starrem, dicklederig-immergrünem Laube ausgerüsteten Sträuchern ausgeprägt ist; es sind dies die Formen der Casuarinen, dann die nach dem heimischen Besen- strauch und seinen mediterranen Verwandten benannte Spartium- form, endlich die Vegetationsform der Dornsträucher, d. h. solcher Gebüsche und Gesträuche, deren Zweige zu kräftigen Dornen aus- wachsen, welche immergrün erhalten bleiben, während die kleinen Blättchen rasch abfallen (Colletia cruciata!). Hinzuzufügen ist noch die Form dickfleischiger Succulenten in Strauchform. Ueberblickt man die hier genannten Vegetations- formen Grisebachs vom Standpunkte einer biologischen Organbildung in greifbarer Anpassung an die umgeben- den klimatischen Verhältnisse, so müssen natürlich die Unterschiede zwischen kleineren oder grösseren Blättern, sowie die im morphologischen System liegenden aufge- geben werden, und ausser den zwischen Gebüschen und Gesträuchen angedeuteten Differenzen sind dann nur die klimatischen Charaktere des sommergrünen, regengrünen, saftig-immergrünen oder trockenschutz-immergrünen Strauchwerkes, sowie endlich die des winterhart-immer- grünen Laubes nordischer Coniferengebüsche, Ericaceen- sträucher und -Halbsträucher haltbar, zu denen die Klasse der „blattlosen Gesträuche“ eine weitere vorzüg- liche Anschmiegung an das subtropische Wüsten- und Steppenklima repräsentiert. Es ist dabei hervorzuheben,

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/308>, abgerufen am 25.11.2024.