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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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Sonderung der Areale.
Beginn der Quartärzeit die abgesonderte Florenentwicke-
lung geherrscht, sehr stark und deutlich z. B. an den
Südspitzen der drei grossen Kontinentalmassen Afrika,
Asien (Australien) und Amerika. Wie die Sonderungen
sich vollzogen haben, ist leicht einzusehen; zunächst
spaltet die klimatische Scheide der Tropenzone alle Länder
und Inseln in boreale, tropische und australe Gebiete;
die borealen und australen können einander vielfältig
entsprechen, da gleichartige Klimate sich in ihnen finden,
aber getrennt durch die Tropen hat hüben und drüben
eine fremdartige Entwickelung Platz greifen müssen.
Dann haben die kontinentalen Grenzen durch Zwischen-
schaltung weiter Meeresräume vom Süden beginnend und
nach Norden abgeschwächt verlaufend den Unterschied
und die Sonderentwickelung von Amerika gegenüber der
Alten Welt, und in dieser eine schwächere Sonderent-
wickelung von Afrika gegenüber Asien mit Australien
und Polynesien, bewirkt. Weitere Sonderungen ergeben
sich dann aus dem über die Wüstengebiete und Gebirgs-
länder Gesagten und vollenden die Zerschneidung des
Florenteppichs der Erde in Bilder von besonderem Muster.
Endlich kommen die Inseln mit ihren wiederum beson-
deren Florenbildern in ausgesprochenem oder undeutlichem
Anschluss an andere Kontinentalformen dazu. Die Meeres-
räume selbst haben ihre aus höchst verschiedenartigen
Tangen und wenigen Seegräsern gebildete, auf die Küsten
angewiesene und nicht wesentlich tiefer als 100 Faden
herabsteigende ozeanische Flora, allen Landfloren durch-
aus fremdartig, ganz allein für sich behalten; sie gliedern
sich sehr viel schwächer, als die unzusammenhängenden
Festländer und zerstreuten Eilande, nach warmen und
kalten Meeresküsten mit Berücksichtigung der Verbindung
oder Trennung durch geeignete Meeresströme bez. durch
weite vegetationslose und gewissermaßen "wüste" Meeres-
flächen.

Hauptentwickelungsländer und ihre Scheidelinien.
Es ergibt sich daraus ein Zerfall der Gesamtflora der
Erde in eine Reihe natürlicher Einzelfloren, welche an

Sonderung der Areale.
Beginn der Quartärzeit die abgesonderte Florenentwicke-
lung geherrscht, sehr stark und deutlich z. B. an den
Südspitzen der drei grossen Kontinentalmassen Afrika,
Asien (Australien) und Amerika. Wie die Sonderungen
sich vollzogen haben, ist leicht einzusehen; zunächst
spaltet die klimatische Scheide der Tropenzone alle Länder
und Inseln in boreale, tropische und australe Gebiete;
die borealen und australen können einander vielfältig
entsprechen, da gleichartige Klimate sich in ihnen finden,
aber getrennt durch die Tropen hat hüben und drüben
eine fremdartige Entwickelung Platz greifen müssen.
Dann haben die kontinentalen Grenzen durch Zwischen-
schaltung weiter Meeresräume vom Süden beginnend und
nach Norden abgeschwächt verlaufend den Unterschied
und die Sonderentwickelung von Amerika gegenüber der
Alten Welt, und in dieser eine schwächere Sonderent-
wickelung von Afrika gegenüber Asien mit Australien
und Polynesien, bewirkt. Weitere Sonderungen ergeben
sich dann aus dem über die Wüstengebiete und Gebirgs-
länder Gesagten und vollenden die Zerschneidung des
Florenteppichs der Erde in Bilder von besonderem Muster.
Endlich kommen die Inseln mit ihren wiederum beson-
deren Florenbildern in ausgesprochenem oder undeutlichem
Anschluss an andere Kontinentalformen dazu. Die Meeres-
räume selbst haben ihre aus höchst verschiedenartigen
Tangen und wenigen Seegräsern gebildete, auf die Küsten
angewiesene und nicht wesentlich tiefer als 100 Faden
herabsteigende ozeanische Flora, allen Landfloren durch-
aus fremdartig, ganz allein für sich behalten; sie gliedern
sich sehr viel schwächer, als die unzusammenhängenden
Festländer und zerstreuten Eilande, nach warmen und
kalten Meeresküsten mit Berücksichtigung der Verbindung
oder Trennung durch geeignete Meeresströme bez. durch
weite vegetationslose und gewissermaßen „wüste“ Meeres-
flächen.

Hauptentwickelungsländer und ihre Scheidelinien.
Es ergibt sich daraus ein Zerfall der Gesamtflora der
Erde in eine Reihe natürlicher Einzelfloren, welche an

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[148/0170] Sonderung der Areale. Beginn der Quartärzeit die abgesonderte Florenentwicke- lung geherrscht, sehr stark und deutlich z. B. an den Südspitzen der drei grossen Kontinentalmassen Afrika, Asien (Australien) und Amerika. Wie die Sonderungen sich vollzogen haben, ist leicht einzusehen; zunächst spaltet die klimatische Scheide der Tropenzone alle Länder und Inseln in boreale, tropische und australe Gebiete; die borealen und australen können einander vielfältig entsprechen, da gleichartige Klimate sich in ihnen finden, aber getrennt durch die Tropen hat hüben und drüben eine fremdartige Entwickelung Platz greifen müssen. Dann haben die kontinentalen Grenzen durch Zwischen- schaltung weiter Meeresräume vom Süden beginnend und nach Norden abgeschwächt verlaufend den Unterschied und die Sonderentwickelung von Amerika gegenüber der Alten Welt, und in dieser eine schwächere Sonderent- wickelung von Afrika gegenüber Asien mit Australien und Polynesien, bewirkt. Weitere Sonderungen ergeben sich dann aus dem über die Wüstengebiete und Gebirgs- länder Gesagten und vollenden die Zerschneidung des Florenteppichs der Erde in Bilder von besonderem Muster. Endlich kommen die Inseln mit ihren wiederum beson- deren Florenbildern in ausgesprochenem oder undeutlichem Anschluss an andere Kontinentalformen dazu. Die Meeres- räume selbst haben ihre aus höchst verschiedenartigen Tangen und wenigen Seegräsern gebildete, auf die Küsten angewiesene und nicht wesentlich tiefer als 100 Faden herabsteigende ozeanische Flora, allen Landfloren durch- aus fremdartig, ganz allein für sich behalten; sie gliedern sich sehr viel schwächer, als die unzusammenhängenden Festländer und zerstreuten Eilande, nach warmen und kalten Meeresküsten mit Berücksichtigung der Verbindung oder Trennung durch geeignete Meeresströme bez. durch weite vegetationslose und gewissermaßen „wüste“ Meeres- flächen. Hauptentwickelungsländer und ihre Scheidelinien. Es ergibt sich daraus ein Zerfall der Gesamtflora der Erde in eine Reihe natürlicher Einzelfloren, welche an

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/170>, abgerufen am 25.11.2024.