tropische Inseln mannigfach auszeichnenden Compositen- bäume (Hesperomannia von den Sandwichinseln, die ein- zige von den pacifischen Inseln bekannte Gattung der Tribus Mutisiaceae!) stehen durchaus nicht vereinzelt da, obwohl sie nicht an vielen Stellen der Erde ihr Analogon finden. Die strauchigen Caryophylleen Schiedea und Alsinidendron von den Sandwichinseln gehören ebenfalls zu sehr merkwürdigen Bildungen, lassen sich aber den- noch unter die kontinentalen Verwandtschaften einreihen. Ebenso die mächtigste Eigentümlichkeit der Seychellen, die Palme Lodoicea Sechellarum, deren Blütenkolben- und Fruchtbildung sonst unerreicht dasteht, aber trotz mancher Besonderheiten doch unschwer an die afrikanisch-indische Festlandsgattung Borassus sich anschliessen lässt.
Die grössten Besonderheiten müssen natürlich solchen Inseln zugeschrieben werden, in deren Flora eine grössere Zahl von Gattungen sich verwandtschaftlich nicht direkt an ein bestimmtes Festlandsgebiet anschliessen lässt; da steht die ursprüngliche, jetzt leider verdrängte Flora von St. Helena unzweifelhaft obenan, und in der Vielseitigkeit ihrer Beziehungen folgen alsdann die Sandwichinseln, dann Neuseeland. Die Galapagosinseln, berühmt durch ihre gesondert-endemische Entwickelung, haben doch ganz amerikanischen Florencharakter, wie sich das aus ihrer geographischen Lage erwarten lässt.
Die abweichenden Sippen von höherem systematischen Range sind solche, welche in sehr alter Zeit auf die be- treffenden Inseln gelangt sind, als ihre Verwandten viel- leicht auch in den Kontinentalgebieten häufig waren, und sie sind dann also "lebende Petrefakten". Oder aber es sind solche Sippen, welche sich auf der Insel selbst in langen Zeiträumen so fremdartig weiter entwickelt haben. Zwischen beiden Möglichkeiten kann man meistens gar nicht oder nur in sehr zweifelhafter Weise entscheiden, und am häufigsten mag wohl beides Hand in Hand ge- gangen sein.
Auch das lässt sich nicht zweifelsfrei entscheiden und ist doch für die Beurteilung des insularen Floren- charakters von Wichtigkeit, ob die nicht endemischen
Verwandtschaft der Inselfloren.
tropische Inseln mannigfach auszeichnenden Compositen- bäume (Hesperomannia von den Sandwichinseln, die ein- zige von den pacifischen Inseln bekannte Gattung der Tribus Mutisiaceae!) stehen durchaus nicht vereinzelt da, obwohl sie nicht an vielen Stellen der Erde ihr Analogon finden. Die strauchigen Caryophylleen Schiedea und Alsinidendron von den Sandwichinseln gehören ebenfalls zu sehr merkwürdigen Bildungen, lassen sich aber den- noch unter die kontinentalen Verwandtschaften einreihen. Ebenso die mächtigste Eigentümlichkeit der Seychellen, die Palme Lodoicea Sechellarum, deren Blütenkolben- und Fruchtbildung sonst unerreicht dasteht, aber trotz mancher Besonderheiten doch unschwer an die afrikanisch-indische Festlandsgattung Borassus sich anschliessen lässt.
Die grössten Besonderheiten müssen natürlich solchen Inseln zugeschrieben werden, in deren Flora eine grössere Zahl von Gattungen sich verwandtschaftlich nicht direkt an ein bestimmtes Festlandsgebiet anschliessen lässt; da steht die ursprüngliche, jetzt leider verdrängte Flora von St. Helena unzweifelhaft obenan, und in der Vielseitigkeit ihrer Beziehungen folgen alsdann die Sandwichinseln, dann Neuseeland. Die Galapagosinseln, berühmt durch ihre gesondert-endemische Entwickelung, haben doch ganz amerikanischen Florencharakter, wie sich das aus ihrer geographischen Lage erwarten lässt.
Die abweichenden Sippen von höherem systematischen Range sind solche, welche in sehr alter Zeit auf die be- treffenden Inseln gelangt sind, als ihre Verwandten viel- leicht auch in den Kontinentalgebieten häufig waren, und sie sind dann also „lebende Petrefakten“. Oder aber es sind solche Sippen, welche sich auf der Insel selbst in langen Zeiträumen so fremdartig weiter entwickelt haben. Zwischen beiden Möglichkeiten kann man meistens gar nicht oder nur in sehr zweifelhafter Weise entscheiden, und am häufigsten mag wohl beides Hand in Hand ge- gangen sein.
Auch das lässt sich nicht zweifelsfrei entscheiden und ist doch für die Beurteilung des insularen Floren- charakters von Wichtigkeit, ob die nicht endemischen
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Verwandtschaft der Inselfloren.
tropische Inseln mannigfach auszeichnenden Compositen-
bäume (Hesperomannia von den Sandwichinseln, die ein-
zige von den pacifischen Inseln bekannte Gattung der
Tribus Mutisiaceae!) stehen durchaus nicht vereinzelt da,
obwohl sie nicht an vielen Stellen der Erde ihr Analogon
finden. Die strauchigen Caryophylleen Schiedea und
Alsinidendron von den Sandwichinseln gehören ebenfalls
zu sehr merkwürdigen Bildungen, lassen sich aber den-
noch unter die kontinentalen Verwandtschaften einreihen.
Ebenso die mächtigste Eigentümlichkeit der Seychellen,
die Palme Lodoicea Sechellarum, deren Blütenkolben- und
Fruchtbildung sonst unerreicht dasteht, aber trotz mancher
Besonderheiten doch unschwer an die afrikanisch-indische
Festlandsgattung Borassus sich anschliessen lässt.
Die grössten Besonderheiten müssen natürlich solchen
Inseln zugeschrieben werden, in deren Flora eine grössere
Zahl von Gattungen sich verwandtschaftlich nicht direkt
an ein bestimmtes Festlandsgebiet anschliessen lässt; da
steht die ursprüngliche, jetzt leider verdrängte Flora von
St. Helena unzweifelhaft obenan, und in der Vielseitigkeit
ihrer Beziehungen folgen alsdann die Sandwichinseln,
dann Neuseeland. Die Galapagosinseln, berühmt durch
ihre gesondert-endemische Entwickelung, haben doch
ganz amerikanischen Florencharakter, wie sich das aus
ihrer geographischen Lage erwarten lässt.
Die abweichenden Sippen von höherem systematischen
Range sind solche, welche in sehr alter Zeit auf die be-
treffenden Inseln gelangt sind, als ihre Verwandten viel-
leicht auch in den Kontinentalgebieten häufig waren, und
sie sind dann also „lebende Petrefakten“. Oder aber es
sind solche Sippen, welche sich auf der Insel selbst in
langen Zeiträumen so fremdartig weiter entwickelt haben.
Zwischen beiden Möglichkeiten kann man meistens gar
nicht oder nur in sehr zweifelhafter Weise entscheiden,
und am häufigsten mag wohl beides Hand in Hand ge-
gangen sein.
Auch das lässt sich nicht zweifelsfrei entscheiden
und ist doch für die Beurteilung des insularen Floren-
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/156>, abgerufen am 24.11.2024.
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