busart bisher nur auf Aconitum sammelnd beobachtet ist. Hier- mit steht die Geographie beider Gattungen im vollsten Einklang, indem das Areal von Aconitum in das von Bombus hineinfällt. In Amerika ist das Areal von Bombus beträchtlich über den Aequator südwärts ausgedehnt, während Aconitum sich in den gemeinsamen Grenzen vieler borealer Gattungen hält.
Was hier von solchen Wechselwirkungen gesagt oder auch nur angedeutet ist, das muss für beide organische Reiche im Anschluss an die Deszendenztheorie und Trans- mutationslehre in seiner Entwickelung nach Dauer von Erdperioden ermessen werden. So kann, oder vielmehr so muss es kommen, dass die geographische Trennung immer weiter wirkend einander fremdartige Organisa- tionen erzeugt, indem irgend eine neu aufgetretene Be- ziehung ansteckend wirkt und nachhaltige Umformungen hervorruft: "every change becomes the centre of an ever- widening circle of effects" (Wallace, Geogr. distrib. Anim. I. 44).
Endemische Formen. Ist irgend eine Pflanzensippe mit abgeschlossenem Formenkreise zu einer bestimmten Erdperiode weit verbreitet in zusammenhängendem Areal gewesen, haben sich aus ihr im Sinne der Deszendenz- theorie an verschiedenen Stellen dieses Areals verschie- dene, einander verwandte Formen herausgebildet, während zugleich das Schicksal der weiteren Erdentwickelung es mit sich gebracht hat, dass in das zusammenhängende Areal oder in die dort herrschenden Verbreitungsmöglich- keiten grosse Lücken gerissen wurden, so sind die neu entstandenen Formen mit Beziehung auf das kleine, zu- nächst von ihnen eingenommene Areal in demselben "endemisch". Die verschiedenen, neu entstandenen Ableitungsformen weisen in ihren verschiedenen Ursprungs- orten auf einen gemeinsamen Anfang ihrer Bildung hin, sind "korrespondierende" oder "vicariierende" Formen, "Repräsentativformen". Andere endemische Formen, gewöhnlich ohne repräsentative Schwesterformen, ent- stehen dadurch, dass die Lebensbedingungen einer ur- sprünglich sehr weit verbreiteten Art in der weiteren Erdentwickelung nur in einem beschränkten Areal sich
Endemismus.
busart bisher nur auf Aconitum sammelnd beobachtet ist. Hier- mit steht die Geographie beider Gattungen im vollsten Einklang, indem das Areal von Aconitum in das von Bombus hineinfällt. In Amerika ist das Areal von Bombus beträchtlich über den Aequator südwärts ausgedehnt, während Aconitum sich in den gemeinsamen Grenzen vieler borealer Gattungen hält.
Was hier von solchen Wechselwirkungen gesagt oder auch nur angedeutet ist, das muss für beide organische Reiche im Anschluss an die Deszendenztheorie und Trans- mutationslehre in seiner Entwickelung nach Dauer von Erdperioden ermessen werden. So kann, oder vielmehr so muss es kommen, dass die geographische Trennung immer weiter wirkend einander fremdartige Organisa- tionen erzeugt, indem irgend eine neu aufgetretene Be- ziehung ansteckend wirkt und nachhaltige Umformungen hervorruft: „every change becomes the centre of an ever- widening circle of effects“ (Wallace, Geogr. distrib. Anim. I. 44).
Endemische Formen. Ist irgend eine Pflanzensippe mit abgeschlossenem Formenkreise zu einer bestimmten Erdperiode weit verbreitet in zusammenhängendem Areal gewesen, haben sich aus ihr im Sinne der Deszendenz- theorie an verschiedenen Stellen dieses Areals verschie- dene, einander verwandte Formen herausgebildet, während zugleich das Schicksal der weiteren Erdentwickelung es mit sich gebracht hat, dass in das zusammenhängende Areal oder in die dort herrschenden Verbreitungsmöglich- keiten grosse Lücken gerissen wurden, so sind die neu entstandenen Formen mit Beziehung auf das kleine, zu- nächst von ihnen eingenommene Areal in demselben „endemisch“. Die verschiedenen, neu entstandenen Ableitungsformen weisen in ihren verschiedenen Ursprungs- orten auf einen gemeinsamen Anfang ihrer Bildung hin, sind „korrespondierende“ oder „vicariierende“ Formen, „Repräsentativformen“. Andere endemische Formen, gewöhnlich ohne repräsentative Schwesterformen, ent- stehen dadurch, dass die Lebensbedingungen einer ur- sprünglich sehr weit verbreiteten Art in der weiteren Erdentwickelung nur in einem beschränkten Areal sich
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Endemismus.
busart bisher nur auf Aconitum sammelnd beobachtet ist. Hier-
mit steht die Geographie beider Gattungen im vollsten Einklang,
indem das Areal von Aconitum in das von Bombus hineinfällt.
In Amerika ist das Areal von Bombus beträchtlich über den
Aequator südwärts ausgedehnt, während Aconitum sich in den
gemeinsamen Grenzen vieler borealer Gattungen hält.
Was hier von solchen Wechselwirkungen gesagt oder
auch nur angedeutet ist, das muss für beide organische
Reiche im Anschluss an die Deszendenztheorie und Trans-
mutationslehre in seiner Entwickelung nach Dauer von
Erdperioden ermessen werden. So kann, oder vielmehr
so muss es kommen, dass die geographische Trennung
immer weiter wirkend einander fremdartige Organisa-
tionen erzeugt, indem irgend eine neu aufgetretene Be-
ziehung ansteckend wirkt und nachhaltige Umformungen
hervorruft: „every change becomes the centre of an ever-
widening circle of effects“ (Wallace, Geogr. distrib. Anim.
I. 44).
Endemische Formen. Ist irgend eine Pflanzensippe
mit abgeschlossenem Formenkreise zu einer bestimmten
Erdperiode weit verbreitet in zusammenhängendem Areal
gewesen, haben sich aus ihr im Sinne der Deszendenz-
theorie an verschiedenen Stellen dieses Areals verschie-
dene, einander verwandte Formen herausgebildet, während
zugleich das Schicksal der weiteren Erdentwickelung es
mit sich gebracht hat, dass in das zusammenhängende
Areal oder in die dort herrschenden Verbreitungsmöglich-
keiten grosse Lücken gerissen wurden, so sind die neu
entstandenen Formen mit Beziehung auf das kleine, zu-
nächst von ihnen eingenommene Areal in demselben
„endemisch“. Die verschiedenen, neu entstandenen
Ableitungsformen weisen in ihren verschiedenen Ursprungs-
orten auf einen gemeinsamen Anfang ihrer Bildung hin,
sind „korrespondierende“ oder „vicariierende“ Formen,
„Repräsentativformen“. Andere endemische Formen,
gewöhnlich ohne repräsentative Schwesterformen, ent-
stehen dadurch, dass die Lebensbedingungen einer ur-
sprünglich sehr weit verbreiteten Art in der weiteren
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/146>, abgerufen am 23.11.2024.
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