gänzung daständen, und wenn nicht gerade ein kürzeres Handbuch der Pflanzengeographie als Bedürfnis erschienen wäre.
Gegen Arbeiten der hier vorliegenden Art erhebt sich nicht selten der Vorwurf der Kompilation ohne eigene ausreichende Erfahrung; denn selbst diejenigen Forscher, welche in drei Kontinenten Studien und Beob- achtungen sammeln konnten, haben nur Bruchstücke einer Kenntnis der gesamten Vegetation der Erde heim- gebracht, und was ihr Wissen an Ausdehnung gewonnen hat, geht ihm an Vertiefung ab. Es ist daher richtig, dass Spezialabhandlungen und Reiseberichte in einer zu- sammenfassenden Pflanzengeographie mit grösserem Ge- wichte dastehen, als Monographien in den anderen Ge- bieten der organischen Welt, welche meistens in ihren wichtigsten Punkten selbständig nachgeprüft werden können.
Wer aber sich in den Geist dieses Handbuches hinein- zudenken die Mühe nehmen will, der wird, wie ich hoffe, die Selbständigkeit des Ganzen erkennen. Hoch und frei stehen die wissenschaftlichen Ziele der Pflanzengeo- graphie da als Ergründung der Kausalität in der Ver- breitungsgeschichte der Pflanzenwelt und als Ergründung der Wechselbeziehungen zwischen Landesnatur und Vege- tationsteppich, innig angeschlossen an umfangreiche Ma- terien der botanischen Systematik, Physiologie und be- sonders Biologie, und der anderweiten Disziplinen der physischen Erdkunde, zu deren Gliede sich die Pflanzen- geographie selbständig ausgestaltet.
In dieser freien Entwickelung richtet sie ihr eigenes Lehrgebäude auf, und die zahllosen Gegenstände, welche der vergleichenden Pflanzengeographie aus allen Teilen der Erde zufliessen, erhalten hier erst den richtigen Platz angewiesen, ihre Bedeutung für das Allgemeine erst hier klargestellt.
Bei der Menge von Einzelheiten, welche zur Aus- füllung des Rahmens notwendig sind, können sich je nach dem Zustande der Forschungen in diesem oder jenem Florengebiete Ungenauigkeiten und Fehler in die Dar- stellung einschleichen; die Geschichte der Kritik von
Vorwort.
gänzung daständen, und wenn nicht gerade ein kürzeres Handbuch der Pflanzengeographie als Bedürfnis erschienen wäre.
Gegen Arbeiten der hier vorliegenden Art erhebt sich nicht selten der Vorwurf der Kompilation ohne eigene ausreichende Erfahrung; denn selbst diejenigen Forscher, welche in drei Kontinenten Studien und Beob- achtungen sammeln konnten, haben nur Bruchstücke einer Kenntnis der gesamten Vegetation der Erde heim- gebracht, und was ihr Wissen an Ausdehnung gewonnen hat, geht ihm an Vertiefung ab. Es ist daher richtig, dass Spezialabhandlungen und Reiseberichte in einer zu- sammenfassenden Pflanzengeographie mit grösserem Ge- wichte dastehen, als Monographien in den anderen Ge- bieten der organischen Welt, welche meistens in ihren wichtigsten Punkten selbständig nachgeprüft werden können.
Wer aber sich in den Geist dieses Handbuches hinein- zudenken die Mühe nehmen will, der wird, wie ich hoffe, die Selbständigkeit des Ganzen erkennen. Hoch und frei stehen die wissenschaftlichen Ziele der Pflanzengeo- graphie da als Ergründung der Kausalität in der Ver- breitungsgeschichte der Pflanzenwelt und als Ergründung der Wechselbeziehungen zwischen Landesnatur und Vege- tationsteppich, innig angeschlossen an umfangreiche Ma- terien der botanischen Systematik, Physiologie und be- sonders Biologie, und der anderweiten Disziplinen der physischen Erdkunde, zu deren Gliede sich die Pflanzen- geographie selbständig ausgestaltet.
In dieser freien Entwickelung richtet sie ihr eigenes Lehrgebäude auf, und die zahllosen Gegenstände, welche der vergleichenden Pflanzengeographie aus allen Teilen der Erde zufliessen, erhalten hier erst den richtigen Platz angewiesen, ihre Bedeutung für das Allgemeine erst hier klargestellt.
Bei der Menge von Einzelheiten, welche zur Aus- füllung des Rahmens notwendig sind, können sich je nach dem Zustande der Forschungen in diesem oder jenem Florengebiete Ungenauigkeiten und Fehler in die Dar- stellung einschleichen; die Geschichte der Kritik von
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[VIII/0014]
Vorwort.
gänzung daständen, und wenn nicht gerade ein kürzeres
Handbuch der Pflanzengeographie als Bedürfnis erschienen
wäre.
Gegen Arbeiten der hier vorliegenden Art erhebt
sich nicht selten der Vorwurf der Kompilation ohne
eigene ausreichende Erfahrung; denn selbst diejenigen
Forscher, welche in drei Kontinenten Studien und Beob-
achtungen sammeln konnten, haben nur Bruchstücke
einer Kenntnis der gesamten Vegetation der Erde heim-
gebracht, und was ihr Wissen an Ausdehnung gewonnen
hat, geht ihm an Vertiefung ab. Es ist daher richtig,
dass Spezialabhandlungen und Reiseberichte in einer zu-
sammenfassenden Pflanzengeographie mit grösserem Ge-
wichte dastehen, als Monographien in den anderen Ge-
bieten der organischen Welt, welche meistens in ihren
wichtigsten Punkten selbständig nachgeprüft werden können.
Wer aber sich in den Geist dieses Handbuches hinein-
zudenken die Mühe nehmen will, der wird, wie ich hoffe,
die Selbständigkeit des Ganzen erkennen. Hoch und
frei stehen die wissenschaftlichen Ziele der Pflanzengeo-
graphie da als Ergründung der Kausalität in der Ver-
breitungsgeschichte der Pflanzenwelt und als Ergründung
der Wechselbeziehungen zwischen Landesnatur und Vege-
tationsteppich, innig angeschlossen an umfangreiche Ma-
terien der botanischen Systematik, Physiologie und be-
sonders Biologie, und der anderweiten Disziplinen der
physischen Erdkunde, zu deren Gliede sich die Pflanzen-
geographie selbständig ausgestaltet.
In dieser freien Entwickelung richtet sie ihr eigenes
Lehrgebäude auf, und die zahllosen Gegenstände, welche
der vergleichenden Pflanzengeographie aus allen Teilen
der Erde zufliessen, erhalten hier erst den richtigen Platz
angewiesen, ihre Bedeutung für das Allgemeine erst hier
klargestellt.
Bei der Menge von Einzelheiten, welche zur Aus-
füllung des Rahmens notwendig sind, können sich je
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. VIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/14>, abgerufen am 21.11.2024.
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