systematischer Sippen nach bestimmten Ländern. Die vorhin ausführlich betrachteten, der gegenwärtigen Beobachtung und dem Experiment zugänglichen Wir- kungen äusserer Agentien auf die Ausbreitung oder Be- schränkung der jetzigen Arten verlieren dadurch nicht im geringsten an Wert; sie erscheinen aber nur als ein einziges, uns am genauesten bekanntes Glied in einer langen Kette ununterbrochen gleichsinnig (aber mit schwankender Energie) wirkender Einflüsse, welches ebenso auf die künftigen Jahrhunderte und Jahrtausende eine nachhaltige Wirkung ausüben wird, wie die in den Vorzeiten dagewesenen Glieder ihre damalige Wirkung noch um so schärfer ausgeprägt hinterlassen haben, je näher sie der Gegenwart stehen. Aus dem Grunde sind die durch geologische Forschung bekannt gewordenen Um- änderungen, welche die Erdoberfläche während oder nach der Tertiärperiode erlitt, im Zusammenhang mit den phytopaläontologischen -- leider nur zu oft fragmentari- schen -- Bestimmungen aus jenen Perioden für uns die wichtigsten zur Erklärung derjenigen Verteilungsverhält- nisse, welche nicht als unmittelbare Wirkungen der Gegenwart dastehen.
Das Klima, welches als wirksames Mittel die gegen- wärtigen Vegetationszonen auf der Erdoberfläche von- einander scheidet, muss auf die im Laufe der Erdent- wickelung vorgekommenen Veränderungen in den grossen Klimazonen von bestimmendem Einfluss gewesen sein. Auch die letzteren sind also geworden, haben sich all- mählich auf den Zustand ihrer heutigen Abgrenzung herausgebildet. Wenn wir nun über veränderte Licht- perioden im Lauf der geologischen Perioden nichts Sicheres wissen und wohl annehmen dürfen, dass die frühere Licht- verteilung der jetzigen immer sehr ähnlich, wenn nicht gleich gewesen sein wird, so ist doch aus geophysischen Forschungen eine bedeutende Veränderung der Durch- schnittstemperaturen unter hohen und mittleren Breiten von den primären und sekundären Perioden durch das Tertiär hindurch bis zur Gegenwart hervorgegangen, und eine ganz andere Verteilung der Niederschläge in alten
und ihrer Areale.
systematischer Sippen nach bestimmten Ländern. Die vorhin ausführlich betrachteten, der gegenwärtigen Beobachtung und dem Experiment zugänglichen Wir- kungen äusserer Agentien auf die Ausbreitung oder Be- schränkung der jetzigen Arten verlieren dadurch nicht im geringsten an Wert; sie erscheinen aber nur als ein einziges, uns am genauesten bekanntes Glied in einer langen Kette ununterbrochen gleichsinnig (aber mit schwankender Energie) wirkender Einflüsse, welches ebenso auf die künftigen Jahrhunderte und Jahrtausende eine nachhaltige Wirkung ausüben wird, wie die in den Vorzeiten dagewesenen Glieder ihre damalige Wirkung noch um so schärfer ausgeprägt hinterlassen haben, je näher sie der Gegenwart stehen. Aus dem Grunde sind die durch geologische Forschung bekannt gewordenen Um- änderungen, welche die Erdoberfläche während oder nach der Tertiärperiode erlitt, im Zusammenhang mit den phytopaläontologischen — leider nur zu oft fragmentari- schen — Bestimmungen aus jenen Perioden für uns die wichtigsten zur Erklärung derjenigen Verteilungsverhält- nisse, welche nicht als unmittelbare Wirkungen der Gegenwart dastehen.
Das Klima, welches als wirksames Mittel die gegen- wärtigen Vegetationszonen auf der Erdoberfläche von- einander scheidet, muss auf die im Laufe der Erdent- wickelung vorgekommenen Veränderungen in den grossen Klimazonen von bestimmendem Einfluss gewesen sein. Auch die letzteren sind also geworden, haben sich all- mählich auf den Zustand ihrer heutigen Abgrenzung herausgebildet. Wenn wir nun über veränderte Licht- perioden im Lauf der geologischen Perioden nichts Sicheres wissen und wohl annehmen dürfen, dass die frühere Licht- verteilung der jetzigen immer sehr ähnlich, wenn nicht gleich gewesen sein wird, so ist doch aus geophysischen Forschungen eine bedeutende Veränderung der Durch- schnittstemperaturen unter hohen und mittleren Breiten von den primären und sekundären Perioden durch das Tertiär hindurch bis zur Gegenwart hervorgegangen, und eine ganz andere Verteilung der Niederschläge in alten
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und ihrer Areale.
systematischer Sippen nach bestimmten Ländern. Die
vorhin ausführlich betrachteten, der gegenwärtigen
Beobachtung und dem Experiment zugänglichen Wir-
kungen äusserer Agentien auf die Ausbreitung oder Be-
schränkung der jetzigen Arten verlieren dadurch nicht
im geringsten an Wert; sie erscheinen aber nur als ein
einziges, uns am genauesten bekanntes Glied in einer
langen Kette ununterbrochen gleichsinnig (aber mit
schwankender Energie) wirkender Einflüsse, welches
ebenso auf die künftigen Jahrhunderte und Jahrtausende
eine nachhaltige Wirkung ausüben wird, wie die in den
Vorzeiten dagewesenen Glieder ihre damalige Wirkung
noch um so schärfer ausgeprägt hinterlassen haben, je
näher sie der Gegenwart stehen. Aus dem Grunde sind
die durch geologische Forschung bekannt gewordenen Um-
änderungen, welche die Erdoberfläche während oder nach
der Tertiärperiode erlitt, im Zusammenhang mit den
phytopaläontologischen — leider nur zu oft fragmentari-
schen — Bestimmungen aus jenen Perioden für uns die
wichtigsten zur Erklärung derjenigen Verteilungsverhält-
nisse, welche nicht als unmittelbare Wirkungen der
Gegenwart dastehen.
Das Klima, welches als wirksames Mittel die gegen-
wärtigen Vegetationszonen auf der Erdoberfläche von-
einander scheidet, muss auf die im Laufe der Erdent-
wickelung vorgekommenen Veränderungen in den grossen
Klimazonen von bestimmendem Einfluss gewesen sein.
Auch die letzteren sind also geworden, haben sich all-
mählich auf den Zustand ihrer heutigen Abgrenzung
herausgebildet. Wenn wir nun über veränderte Licht-
perioden im Lauf der geologischen Perioden nichts Sicheres
wissen und wohl annehmen dürfen, dass die frühere Licht-
verteilung der jetzigen immer sehr ähnlich, wenn nicht
gleich gewesen sein wird, so ist doch aus geophysischen
Forschungen eine bedeutende Veränderung der Durch-
schnittstemperaturen unter hohen und mittleren Breiten
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Tertiär hindurch bis zur Gegenwart hervorgegangen, und
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/131>, abgerufen am 07.07.2024.
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