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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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der Vegetationslinien.
arten, deren Grenzgebiet gegen Nordwest durch die immer
strenger werdenden extremen Fröste abgeschlossen wird.
So wie diese extreme Kältegrade (nach 25jährigem Mittel
in Montpellier --9°, Marseille --6°, Perpignan --4°,
Nizza --1°) ordnen sich die Mediterran-Arten nach ihrer
Empfindlichkeit, indem in ausnahmsweise harten Wintern
eine Anzahl von ihnen bis auf die Wurzel erfriert, aber
im kommenden Frühjahre wieder neu ausschlägt. Wo
nun also das Abfrieren bis zum besser geschützten Wurzel-
stock so oftmals stattfindet, dass die milderen Zwischen-
zeiten nicht zur völligen Wiederaufrichtung des blühenden
Bestandes genügen, muss die Vegetationslinie, hier eine
Frostgrenze, ziehen. Einzelne klimatische Ueberschrei-
tungen werden von der Flora, trotz empfindlicher momen-
taner Schädigung, ausgehalten; ein einziger Schneesturm
dieses Jahres (1890) hat in Montpellier die Schönheit
fast aller alten Pinus halepensis-Bestände vernichtet; aber
neue Generationen werden ungeschwächt heranwachsen.

Es ist oben darauf hingewiesen (S. 25), dass die
nördliche Baumgrenze in Sibirien und Kanada ganz
anderen Ursachen folgt, dass die stärksten Fröste dort
nicht die endgültige Wirkung ausmachen. Jeder einzelne
Fall ist daher für sich zu untersuchen. Im allgemeinen
jedoch gilt die Regel von A. de Candolle (Geogr. botan.
S. 394), dass in mittleren und polaren Breiten die Tem-
peratur die hauptsächliche Rolle spielt, dass aber weder
die jährlichen Temperaturmittel, noch die der Jahreszeiten,
noch diejenigen einzelner Jahresperioden hier die Grund-
lage für die Vegetationslinien bieten, sondern, wenn es
nicht irgend welche Extreme anzeigen, am ehesten die
über einem gewissen Temperaturminimum liegenden Wärme-
summen während der Vegetationszeit. In antarktischen
Klimaten dürfte sich vielleicht auch dieses ändern und
vielmehr das Erreichen für kurze Zeit eines bestimmten
Temperaturmaximums im Sommer von grösserer Bedeu-
tung sein. In den Tropen und Subtropen dagegen ist
die Trockenheit oder Feuchtigkeit des Erdreichs und der
Atmosphäre von hauptsächlichster Bedeutung für die
Begrenzung der Arten, und -- wie oben gezeigt wurde --

der Vegetationslinien.
arten, deren Grenzgebiet gegen Nordwest durch die immer
strenger werdenden extremen Fröste abgeschlossen wird.
So wie diese extreme Kältegrade (nach 25jährigem Mittel
in Montpellier —9°, Marseille —6°, Perpignan —4°,
Nizza —1°) ordnen sich die Mediterran-Arten nach ihrer
Empfindlichkeit, indem in ausnahmsweise harten Wintern
eine Anzahl von ihnen bis auf die Wurzel erfriert, aber
im kommenden Frühjahre wieder neu ausschlägt. Wo
nun also das Abfrieren bis zum besser geschützten Wurzel-
stock so oftmals stattfindet, dass die milderen Zwischen-
zeiten nicht zur völligen Wiederaufrichtung des blühenden
Bestandes genügen, muss die Vegetationslinie, hier eine
Frostgrenze, ziehen. Einzelne klimatische Ueberschrei-
tungen werden von der Flora, trotz empfindlicher momen-
taner Schädigung, ausgehalten; ein einziger Schneesturm
dieses Jahres (1890) hat in Montpellier die Schönheit
fast aller alten Pinus halepensis-Bestände vernichtet; aber
neue Generationen werden ungeschwächt heranwachsen.

Es ist oben darauf hingewiesen (S. 25), dass die
nördliche Baumgrenze in Sibirien und Kanada ganz
anderen Ursachen folgt, dass die stärksten Fröste dort
nicht die endgültige Wirkung ausmachen. Jeder einzelne
Fall ist daher für sich zu untersuchen. Im allgemeinen
jedoch gilt die Regel von A. de Candolle (Géogr. botan.
S. 394), dass in mittleren und polaren Breiten die Tem-
peratur die hauptsächliche Rolle spielt, dass aber weder
die jährlichen Temperaturmittel, noch die der Jahreszeiten,
noch diejenigen einzelner Jahresperioden hier die Grund-
lage für die Vegetationslinien bieten, sondern, wenn es
nicht irgend welche Extreme anzeigen, am ehesten die
über einem gewissen Temperaturminimum liegenden Wärme-
summen während der Vegetationszeit. In antarktischen
Klimaten dürfte sich vielleicht auch dieses ändern und
vielmehr das Erreichen für kurze Zeit eines bestimmten
Temperaturmaximums im Sommer von grösserer Bedeu-
tung sein. In den Tropen und Subtropen dagegen ist
die Trockenheit oder Feuchtigkeit des Erdreichs und der
Atmosphäre von hauptsächlichster Bedeutung für die
Begrenzung der Arten, und — wie oben gezeigt wurde —

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[105/0127] der Vegetationslinien. arten, deren Grenzgebiet gegen Nordwest durch die immer strenger werdenden extremen Fröste abgeschlossen wird. So wie diese extreme Kältegrade (nach 25jährigem Mittel in Montpellier —9°, Marseille —6°, Perpignan —4°, Nizza —1°) ordnen sich die Mediterran-Arten nach ihrer Empfindlichkeit, indem in ausnahmsweise harten Wintern eine Anzahl von ihnen bis auf die Wurzel erfriert, aber im kommenden Frühjahre wieder neu ausschlägt. Wo nun also das Abfrieren bis zum besser geschützten Wurzel- stock so oftmals stattfindet, dass die milderen Zwischen- zeiten nicht zur völligen Wiederaufrichtung des blühenden Bestandes genügen, muss die Vegetationslinie, hier eine Frostgrenze, ziehen. Einzelne klimatische Ueberschrei- tungen werden von der Flora, trotz empfindlicher momen- taner Schädigung, ausgehalten; ein einziger Schneesturm dieses Jahres (1890) hat in Montpellier die Schönheit fast aller alten Pinus halepensis-Bestände vernichtet; aber neue Generationen werden ungeschwächt heranwachsen. Es ist oben darauf hingewiesen (S. 25), dass die nördliche Baumgrenze in Sibirien und Kanada ganz anderen Ursachen folgt, dass die stärksten Fröste dort nicht die endgültige Wirkung ausmachen. Jeder einzelne Fall ist daher für sich zu untersuchen. Im allgemeinen jedoch gilt die Regel von A. de Candolle (Géogr. botan. S. 394), dass in mittleren und polaren Breiten die Tem- peratur die hauptsächliche Rolle spielt, dass aber weder die jährlichen Temperaturmittel, noch die der Jahreszeiten, noch diejenigen einzelner Jahresperioden hier die Grund- lage für die Vegetationslinien bieten, sondern, wenn es nicht irgend welche Extreme anzeigen, am ehesten die über einem gewissen Temperaturminimum liegenden Wärme- summen während der Vegetationszeit. In antarktischen Klimaten dürfte sich vielleicht auch dieses ändern und vielmehr das Erreichen für kurze Zeit eines bestimmten Temperaturmaximums im Sommer von grösserer Bedeu- tung sein. In den Tropen und Subtropen dagegen ist die Trockenheit oder Feuchtigkeit des Erdreichs und der Atmosphäre von hauptsächlichster Bedeutung für die Begrenzung der Arten, und — wie oben gezeigt wurde —

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/127>, abgerufen am 24.11.2024.