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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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sten Heftigkeit auf die Macedonier, so daß diese sich mit bedeuten-
dem Verluste fliehend auf die Hypaspisten zurückzogen. In diesem
Augenblick rückte Alexander, der die Thebaner ohne Ordnung die
Fliehenden verfolgen sah, mit geschlossener Phalanx schnell auf sie
ein; sie wurden zurückgeworfen, und ihr Rückzug war so übereilt,
daß die Macedonier mit ihnen in das Thor eindrangen, wäh-
rend an anderen Stellen die Mauern, die wegen der vielen
Außenposten ohne Vertheidiger waren, erstiegen und besetzt wur-
den. Jetzt war die Stadt so gut wie verloren; die Besatzung
der Kadmea warf sich mit einem Theile der Hereingedrungenen in
die Unterstadt auf das Amphieum, Andere stiegen über die Mauern
und rückten im Sturmschritt auf den Markt; umsonst kämpften die
Thebaner mit der größten Tapferkeit, von allen Seiten drangen die
Macedonier ein, überall war Alexander und befeuerte die Seinigen
durch Wort und Beispiel; die Thebanische Reiterei, in die Stra-
ßen zersprengt, jagte durch die noch freien Thore ins offene Feld
hinaus; von dem Fußvolk rettete sich jeder, so gut er konnte, ent-
weder ins Feld oder in die Häuser oder in die Tempel, die mit
wehklagenden Weibern und Kindern angefüllt waren. Voll Erbit-
terung richteten jetzt nicht sowohl die Macedonier, als die Phocier,
Platäer und die übrigen Böotier ein gräßliches Blutbad an, selbst
Weiber und Kinder wurden nicht geschont, ihr Blut besudelte
die Altäre der Götter 95a). Erst das Dunkel der Nacht machte

95a) Wir haben uns streng an Arrian oder vielmehr an dem
Berichte des Lagiden Ptolemäus gehalten, der selbst Zeuge dieses
Sturmes gegen Theben, und ein ausgezeichneter General war. Die
Schilderung Diodors, aus den rhetorischen Büchern Klitarchs ent-
lehnt, ist ohne allen militärischen Werth, und was mit Arrian über-
einzukommen scheint, beweiset nur noch mehr ihre Unbrauchbarkeit.
Alexanders Plan war wohl, durch Einnahme der Außenwerke die
Thebaner zur Kapitulation zu zwingen; daß gleich beim ersten An-
griff die Stadt fiel, war ein Werk der Umstände. Klitarch macht
daraus einen förmlichen Operationsplan mit drei Treffen, von denen
eins die Werke stürmen, ein zweites die Thebaner beschäftigen, ein
drittes die Nachhut bilden sollte; man erkennt darin den Angriff des
Perdikkas, das Nachrücken des leichten Fußvolkes, den Sturm der
Phalanx wieder. Polyän's Darstellung, daß der König einen Schein-
angriff gemacht und die Thebaner ins freie Feld gelockt habe, wäh-

ſten Heftigkeit auf die Macedonier, ſo daß dieſe ſich mit bedeuten-
dem Verluſte fliehend auf die Hypaspiſten zurückzogen. In dieſem
Augenblick rückte Alexander, der die Thebaner ohne Ordnung die
Fliehenden verfolgen ſah, mit geſchloſſener Phalanx ſchnell auf ſie
ein; ſie wurden zurückgeworfen, und ihr Rückzug war ſo übereilt,
daß die Macedonier mit ihnen in das Thor eindrangen, wäh-
rend an anderen Stellen die Mauern, die wegen der vielen
Außenpoſten ohne Vertheidiger waren, erſtiegen und beſetzt wur-
den. Jetzt war die Stadt ſo gut wie verloren; die Beſatzung
der Kadmea warf ſich mit einem Theile der Hereingedrungenen in
die Unterſtadt auf das Amphieum, Andere ſtiegen über die Mauern
und rückten im Sturmſchritt auf den Markt; umſonſt kämpften die
Thebaner mit der größten Tapferkeit, von allen Seiten drangen die
Macedonier ein, überall war Alexander und befeuerte die Seinigen
durch Wort und Beiſpiel; die Thebaniſche Reiterei, in die Stra-
ßen zerſprengt, jagte durch die noch freien Thore ins offene Feld
hinaus; von dem Fußvolk rettete ſich jeder, ſo gut er konnte, ent-
weder ins Feld oder in die Häuſer oder in die Tempel, die mit
wehklagenden Weibern und Kindern angefüllt waren. Voll Erbit-
terung richteten jetzt nicht ſowohl die Macedonier, als die Phocier,
Platäer und die übrigen Böotier ein gräßliches Blutbad an, ſelbſt
Weiber und Kinder wurden nicht geſchont, ihr Blut beſudelte
die Altäre der Götter 95a). Erſt das Dunkel der Nacht machte

95a) Wir haben uns ſtreng an Arrian oder vielmehr an dem
Berichte des Lagiden Ptolemäus gehalten, der ſelbſt Zeuge dieſes
Sturmes gegen Theben, und ein ausgezeichneter General war. Die
Schilderung Diodors, aus den rhetoriſchen Büchern Klitarchs ent-
lehnt, iſt ohne allen militäriſchen Werth, und was mit Arrian über-
einzukommen ſcheint, beweiſet nur noch mehr ihre Unbrauchbarkeit.
Alexanders Plan war wohl, durch Einnahme der Außenwerke die
Thebaner zur Kapitulation zu zwingen; daß gleich beim erſten An-
griff die Stadt fiel, war ein Werk der Umſtände. Klitarch macht
daraus einen förmlichen Operationsplan mit drei Treffen, von denen
eins die Werke ſtürmen, ein zweites die Thebaner beſchäftigen, ein
drittes die Nachhut bilden ſollte; man erkennt darin den Angriff des
Perdikkas, das Nachrücken des leichten Fußvolkes, den Sturm der
Phalanx wieder. Polyän’s Darſtellung, daß der König einen Schein-
angriff gemacht und die Thebaner ins freie Feld gelockt habe, wäh-
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[85/0099] ſten Heftigkeit auf die Macedonier, ſo daß dieſe ſich mit bedeuten- dem Verluſte fliehend auf die Hypaspiſten zurückzogen. In dieſem Augenblick rückte Alexander, der die Thebaner ohne Ordnung die Fliehenden verfolgen ſah, mit geſchloſſener Phalanx ſchnell auf ſie ein; ſie wurden zurückgeworfen, und ihr Rückzug war ſo übereilt, daß die Macedonier mit ihnen in das Thor eindrangen, wäh- rend an anderen Stellen die Mauern, die wegen der vielen Außenpoſten ohne Vertheidiger waren, erſtiegen und beſetzt wur- den. Jetzt war die Stadt ſo gut wie verloren; die Beſatzung der Kadmea warf ſich mit einem Theile der Hereingedrungenen in die Unterſtadt auf das Amphieum, Andere ſtiegen über die Mauern und rückten im Sturmſchritt auf den Markt; umſonſt kämpften die Thebaner mit der größten Tapferkeit, von allen Seiten drangen die Macedonier ein, überall war Alexander und befeuerte die Seinigen durch Wort und Beiſpiel; die Thebaniſche Reiterei, in die Stra- ßen zerſprengt, jagte durch die noch freien Thore ins offene Feld hinaus; von dem Fußvolk rettete ſich jeder, ſo gut er konnte, ent- weder ins Feld oder in die Häuſer oder in die Tempel, die mit wehklagenden Weibern und Kindern angefüllt waren. Voll Erbit- terung richteten jetzt nicht ſowohl die Macedonier, als die Phocier, Platäer und die übrigen Böotier ein gräßliches Blutbad an, ſelbſt Weiber und Kinder wurden nicht geſchont, ihr Blut beſudelte die Altäre der Götter 95a). Erſt das Dunkel der Nacht machte 95a) Wir haben uns ſtreng an Arrian oder vielmehr an dem Berichte des Lagiden Ptolemäus gehalten, der ſelbſt Zeuge dieſes Sturmes gegen Theben, und ein ausgezeichneter General war. Die Schilderung Diodors, aus den rhetoriſchen Büchern Klitarchs ent- lehnt, iſt ohne allen militäriſchen Werth, und was mit Arrian über- einzukommen ſcheint, beweiſet nur noch mehr ihre Unbrauchbarkeit. Alexanders Plan war wohl, durch Einnahme der Außenwerke die Thebaner zur Kapitulation zu zwingen; daß gleich beim erſten An- griff die Stadt fiel, war ein Werk der Umſtände. Klitarch macht daraus einen förmlichen Operationsplan mit drei Treffen, von denen eins die Werke ſtürmen, ein zweites die Thebaner beſchäftigen, ein drittes die Nachhut bilden ſollte; man erkennt darin den Angriff des Perdikkas, das Nachrücken des leichten Fußvolkes, den Sturm der Phalanx wieder. Polyän’s Darſtellung, daß der König einen Schein- angriff gemacht und die Thebaner ins freie Feld gelockt habe, wäh-

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/99>, abgerufen am 23.11.2024.